Ehrenamtliche aus Weitersburg engagieren sich für alte Sorten - Gemeinde prüft, wie sie unterstützen kann
Weitersburger Initiative: Streuobstflächen sollen neu belebt werden
Bei einer Aktion am Samstag hat die Weitersburger Initiative W.I.S.O. auf dem Grundstück von Ernst Hens (2. von rechts) unter anderem zwölf Obstbäume gepflanzt. Mit dabei waren Werner Hahn (links) sowie Philipp Dickhardt mit seinen Kindern Alina und Ian.
Winfried Scholz

Bis Anfang der 1960er-Jahre war die Ortsgemeinde Weitersburg von einem Streuobstwiesengürtel umgeben. Wegen sukzessiver Bebauung mussten die Streuobstwiesen bis auf ein Fünftel der ursprünglichen Fläche weichen. Das ist eine Folge davon, dass sich Weitersburg von einem bäuerlich strukturierten Dorf zu einer attraktiven Wohngemeinde entwickelt hat. Eine Initiative will die Streuobstflächen neu beleben. Bei einer Pflanzaktion am Samstag war die RZ mit dabei.

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Vor wenigen Jahren wurde im Ort eine zunächst kleine Gruppe von Ehrenamtlichen gegründet: die Weitersburger Initiative Streuobstwiesen (W.I.S.O.) Sie hat sich zum Ziel gesetzt, in den verbliebenen Streuobstflächen einer Entwicklung entgegenzuwirken, die die Initiative so beschreibt: unten grüne Wüste, oben vergreiste Bäume und dazwischen ausufernde Brombeerhecken.

Auf dem Grundstück von Ernst Hens mit der Flurbezeichnung „Auf’m Großen Stück“ wurden nun zwölf Obstbäume gepflanzt, darunter die Apfelsorten Cox Orange, Großer Boiken, Jakob Lebel, Eifeler Rambour oder Tulpenapfel sowie Hauszwetschgen und die Birnensorten Gellerts Butterbirne, Gräfin von Paris sowie die späte Sorte Alexander Lucas, außerdem eine Mosel-Walnuss. „Ein Gülser Klon“, erklärte Hens. Wie er weiter ausführte, kam es bei der Auswahl auf die Kriterien „spät blühend“ sowie „wind- und frostbeständig“ an. Ihm gehe es vor allem um eine Rückbesinnung auf eine extensive Landwirtschaft, das heißt ein nur geringer Eingriff des wirtschaftenden Menschen in den Naturhaushalt.

„Wir sind eine Gruppe anarchistischer Aktionskünstler“, sagt W.I.S.O.-Sprecher Werner Hahn verschmitzt. Der in Koblenz lebende gebürtige Weitersburger, im aktiven Berufsleben war er Arzt, hatte die Initiative mit einer Handvoll „frisch gebackener Rentner“ im Jahr 2019 gegründet. Heute sind gut zwei Dutzend Ehrenamtliche aktiv, darunter auch junge Leute, worauf Hahn stolz hinweist.

Dabei ist die bisherige Arbeit der Initiative alles andere als anarchistisch. Zahlreiche alte Obstbäume wurden am Leben erhalten durch Pflegeschnitte, wobei es vor allem um das Entfernen von Totholz und wild wucherndem Mistelbefall ging. Profis wie die Baumpflegefirma Wirges aus Bendorf unterstützten die W.I.S.O. mit Schnittkursen. Außerdem wurden bis heute 78 neue Obstbäume gepflanzt, allesamt alte Sorten.

Wie Hahn erläutert, erfüllte der Streuobstwiesengürtel drei Zwecke: den Anbau von Obst, die Bäume spendeten Schatten bei der Feldarbeit, und auf der freien Höhenebene boten sie Schutz vor Wind und verminderten so die Bodenerosion. Der Anbau von Obst spielte früher eine wichtige Rolle in Weitersburg. Es gab zwei Obstannahmestellen. Hahns Eltern waren, wie viele im Dorf, Kleinbauern. Neben ein paar Stück Vieh besaßen sie 40 Kirschbäume. „Das war ein wichtiger Einnahmefaktor“, sagt Hahn.

Heute, wo Supermärkte ein riesiges Angebot vorhalten, habe es einen Paradigmenwechsel von der ökonomischen zur ökologischen Bedeutung gegeben: „Wir müssen zurück zu mehr Artenvielfalt, und dabei nützen die Streuobstwiesen.“ Abgestorbene Bäume seien natürliche Insektenhotels. Und: Man müsse weg von der Überdüngung: „Bei den Weideflächen reicht es, was aus dem Hintern der Kuh rauskommt.“ Die Initiative fordert vor allem, dass auch in Rheinland-Pfalz – wie bereits in neun anderen Bundesländern – Streuobstbestände gesetzlich geschützt werden.

Bei der jüngsten Sitzung des Ortsgemeinderats stellte die Initiative ihre bisherige Arbeit und ihre Ziele vor. Politischer Hintergrund war: Aus gegebenem Anlass hatte die FWG-Fraktion beantragt, eine Baumschutzsatzung für den Außenbereich zu erlassen. Dies ist jedoch aufgrund der Gesetzeslage in Rheinland-Pfalz nicht möglich. Die CDU-Fraktion hatte vorgeschlagen, die Weitersburger Initiative finanziell zu unterstützen. Doch auch dies stößt an bürokratische Grenzen, denn die Initiative ist kein eingetragener Verein.

Dankbar ist die W.I.S.O. für die Förderung durch die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord sowie durch den Landkreis Mayen-Koblenz im Rahmen der Aktion „Grüne Stadt – grünes Dorf“. Unter anderem wurden Baumschnittkurse finanziert. Ortsbürgermeister Jochen Währ lobt die ehrenamtliche Arbeit der Initiative und sagt im RZ-Gespräch: „Vonseiten der Ortsgemeinde prüfen wir, in welcher Form wir die Initiative und ihre Ziele unterstützen können.“

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