Koblenz
Weihnachtsgeld im Krankenhaus um 70 Prozent gekürzt: Über 4000 Mitarbeiter in Koblenz und Region betroffen
Um das Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein gibt es seit Monaten Diskussionen. Der Verkauf der Mehrheitsanteile an einen Investor wegen Geldsorgen ist umstritten. Nun wird den Beschäftigten offenbar das Weihnachtsgeld gestrichen.
Sascha Ditscher

Kurz vor der Auszahlung ihres Weihnachtsgelds müssen fast 4300 Mitarbeiter des Gemeinschaftsklinikums Mittelrhein einen herben Schlag verkraften: Die Geschäftsführung streicht ihnen einen Großteil des Weihnachtsgelds. Die Rede ist von „liquiditätsrelevanten Sondereffekten”. Eine Ausnahme gibt es allerdings.

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Um das Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein gibt es seit Monaten Diskussionen. Der Verkauf der Mehrheitsanteile an einen Investor wegen Geldsorgen ist umstritten. Nun wird den Beschäftigten offenbar das Weihnachtsgeld gestrichen.
Sascha Ditscher

Schock, Ärger, Frust und Unverständnis bei den fast 4300 Mitarbeitern des Gemeinschaftsklinikums Mittelrhein (GKM) dürften groß sein. Denn: Am Dienstagnachmittag hat ihnen die Geschäftsführung mitgeteilt, dass ihr Weihnachtsgeld um 70 Prozent gekürzt wird – und das wenige Tage vor der Auszahlung.

Zum GKM gehören zwei Krankenhäuser in Koblenz (Kemperhof und Evangelisches Stift) und je eins in Mayen (St. Elisabeth), Boppard (Hospital zum Heiligen Geist) und Nastätten (Paulinenstift). Seit Jahren liegt die Geschäftsführung im GKM bereits bei der Sana Kliniken AG. Den Vertrag dazu aber hat Sana Unternehmen zum 31. März 2023 gekündigt.

Hintergrund: GKM und Sana
Sana, Deutschlands drittgrößter privater Klinikbetreiber, steht in Verhandlungen mit den Gesellschaftern des Klinikverbunds – neben der Stadt Koblenz und dem Kreis Mayen-Koblenz sind am GKM vier kirchliche Stiftungen beteiligt –, um die Mehrheitsanteile zu kaufen. Die Verhandlungen mit Sana sind weit fortgeschritten.

Die GKM-Geschäftsführung begründet ihre Entscheidung, das Weihnachtsgeld drastisch zu kürzen, damit, dass sich die finanzielle Lage des GKM nicht verbessert, sondern verschlechtert habe. In der E-Mail, die am Dienstag um 13.48 Uhr an alle GKM-Beschäftigten abgesendet wurde und die unserer Zeitung vorliegt, heißt es wörtlich:

„Durch eine Reihe von liquiditätsrelevanten Sondereffekten (z.B. Pandemie, Inflation), die sich negativ auswirken, mussten wir nun, nach Unterrichtung der Gesellschafter und Betriebsräte, eine für Sie sehr unbefriedigende Entscheidung treffen“, die die Geschäftsführung „außerordentlich bedauere“.

Durch eine Reihe von liquiditätsrelevanten Sondereffekten (z.B. Pandemie, Inflation), die sich negativ auswirken, mussten wir nun, nach Unterrichtung der Gesellschafter und Betriebsräte, eine für Sie sehr unbefriedigende Entscheidung treffen.

Aus der E-Mail der GKM-Geschäftsführung an die Mitarbeiter

Und weiter: „Zur Sicherung des Unternehmens können die im November fälligen tariflichen Jahressonderzahlungen … leider nicht vollumfänglich (nur 30 Prozent) ausgezahlt werden. Die einzige Ausnahme gibt es für Auszubildende – ihnen wird die Jahressonderzahlung fristgerecht und vollständig ausgezahlt.“

Diese Entscheidung „zur Zukunftssicherung des Unternehmens ist uns sehr schwergefallen“, teilt die Geschäftsleitung weiter mit: „Wir bitten um Ihr Verständnis und sichern Ihnen zu, sobald als möglich die Nachzahlungen vorzunehmen, sodass Sie die Ihnen zugesicherten Jahreszahlungen komplett erhalten.“

Tobias Zejewski, Verdi-Gewerkschaftssekretär Bezirk Mittelrhein, sagte dazu auf RZ-Anfrage: „Es geht um das 13. Monatsgehalt und nicht um Peanuts. Es ist auch keine freiwillige Zahlung, sondern tariflicher Anspruch der Beschäftigten.“ Die meisten Mitarbeiter hätten das Geld fest wegen Energiekrise und Inflation eingeplant.

Es geht um das 13. Monatsgehalt und nicht um Peanuts. Es ist auch keine freiwillige Zahlung, sondern tariflicher Anspruch der Beschäftigten.

Tobias Zejewski, Gewerkschaft Verdi

Vergangene Woche habe es eine Betriebsversammlung im Kemperhof gegeben, da sei die Kürzung des Weihnachtsgelds „überhaupt kein Thema“ gewesen. Zejewski sagt weiter: „Wir kritisieren den Zeitpunkt, da davon auszugehen ist, dass das GKM ein Monitoring haben müsste, um mögliche Liquiditätsprobleme vorher festzustellen.“ Und nicht rund eine Woche vor der Auszahlung. Eine Antwort von GKM und der Sana Kliniken AG auf eine RZ-Anfrage zu der Entscheidung steht noch aus.

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