Die drastische Kürzung des Weihnachtsgelds hat für großen Frust, Ärger und Unverständnis unter den fast 4300 Mitarbeitern des Gemeinschaftsklinikums Mittelrhein (GKM) gesorgt. Auch in der Kommunalpolitik ist der unerwartete Schritt schlecht angekommen. Deutliche Kritik gab es bereits von MYK-Landrat Alexander Saftig (CDU) und dem Koblenzer Oberbürgermeister David Langner (SPD).
Auch der Koblenzer SPD-Chef Detlev Pilger ist überrascht und verärgert, wie er unserer Zeitung sagt. Er beschreibt, wie die Stimmungslage der Mitarbeiter ist, und hat klare Forderungen an den Konzern Sana Kliniken AG.
Der will bekanntlich die Mehrheitsanteile am GKM erwerben. Ferner ist die aktuelle GKM-Geschäftsführung von Sana bestellt. Für den ehemaligen und langjährigen Bundestagsabgeordneten Pilger gehört beides zusammen: „Für mich ist das ein System. Die Geschäftsführerin hat eine delegierte Aufgabe übernommen und ist als Vertraute des Sana-Konzerns zu sehen.“
Motivation bei Mitarbeitern sei extrem gesunken
Pilger hat sich zuletzt mit Mitarbeitern des Kemperhofs ausgetauscht, auch mit dem Betriebsrat, wie er sagt: „Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist es eine dramatische Situation. Es ist ein Vertragsbruch, und ich weiß von einer Frau, dass sie das Weihnachtsgeld fest für die Geschenke ihrer Kinder eingeplant hat. Aber jetzt fehlen 70 Prozent.“ Die Frau wolle für die Geschenke keinen Kredit aufnehmen, wisse jetzt aber nicht, was sie machen soll.
Kurz vor der Auszahlung ihres Weihnachtsgelds müssen fast 4300 Mitarbeiter des Gemeinschaftsklinikums Mittelrhein einen herben Schlag verkraften: Die Geschäftsführung streicht ihnen einen Großteil des Weihnachtsgelds.Weihnachtsgeld im Krankenhaus um 70 Prozent gekürzt: Über 4000 Mitarbeiter in Koblenz und Region betroffen
Pilger sagt weiter: „Ich habe in den Gesprächen auch erfahren, dass es einen ganz starken Anstieg bei den Krankmeldungen gibt. Viele haben Abwanderungsgedanken, die Motivation ist extrem gesunken.“ Dabei arbeite das Personal besonders seit der Pandemie schon ständig an und über seiner Belastungsgrenze: „Und dann in einer Zeit das Weihnachtsgeld zu kürzen, in der wir über die Entlastung der Mitarbeiter im Gesundheitswesen reden, ist purer Hohn. Jetzt geht es darum, dass der Rest möglichst schnell ausgezahlt wird.“
Kürzung des Weihnachtsgelds eine weitere Eskalationsstufe in den Übernahme-Verhandlungen
GKM-Geschäftsführerin Melanie John hatte die drastische Kürzung des Weihnachtsgelds wenige Tage vor der Auszahlung mit Liquiditätsproblemen begründet. Sie hatte in ihrer Mail vom Dienstag der Vorwoche an alle fast 4300 Mitarbeiter auch angekündigt, die Nachzahlung der 70 Prozent „sobald als möglich vorzunehmen“. Pilger meint indes: „Mir kann keiner erzählen, dass ein fehlender Betrag von mehr als 8 Millionen Euro so kurzfristig wie aus dem Nichts aufgefallen ist.“
Für ihn ist die Kürzung des Weihnachtsgelds indes eine weitere Eskalationsstufe in den Verhandlungen mit Sana um die Übernahme der GKM-Mehrheitsanteile. Ein Sana-Sprecher und auch die GKM-Geschäftsführerin hatten dies gegenüber der RZ kategorisch ausgeschlossen. Pilger meint: „Es geht dem Konzern jetzt darum, Druck auf die Stadt Koblenz und den Kreis Mayen-Koblenz aufzubauen, damit die Politik sich dafür ausspricht, dass die Mitarbeiter aus den Tarifverträgen aussteigen und dass die Verhandlungen bald abgeschlossen werden.“ Im Januar stünde in den Gremien die Entscheidung an, ob die Mehrheitsanteile an Sana verkauft werden oder nicht.
Die Nachricht ist bei den 4300 Beschäftigten des Gemeinschaftsklinikums Mittelrhein wie eine Bombe eingeschlagen: Die von der Sana-Geschäftsführung kurzfristig angekündigte 70-prozentige Kürzung des Weihnachtsgeldes schlägt hohe Wellen und ruft die Gewerkschaften auf den Plan.Kürzung des Weihnachtsgeldes beim GKM: Gewerkschaften laufen Sturm
Pilger selbst hat sich bislang auch für Sana ausgesprochen. Denn: „Es fehlt eine gute Alternative. Zudem hat Sana auch positive Entwicklungen aufgezeigt und bislang immer versichert, dass die Übernahme der Mehrheitsanteile am GKM nicht zulasten der Mitarbeiter geht. Und genau das fordern auch wir als Koblenzer SPD.“
In den vergangenen Tagen haben sich weitere GKM-Mitarbeiter per Mail an unsere Zeitung gewandt. Sie beschreiben, dass einige Mitarbeiter panisch, andere in Tränen ausbrechen würden. Einer fasst es so zusammen: „Insgesamt ist die Wertschätzung der Mitarbeiter im GKM auf dem Nullpunkt angelangt.“