Ob Letzterer über die Landesliste in den Bundestag einzieht, war am Abend noch nicht hundertprozentig klar, aber wahrscheinlich.
Das Ergebnis von Michael Fuchs konnte Josef Oster (CDU) letztlich zwar nicht erreichen. Für den Gülser reichten die 41,3 Prozent aber locker aus, um das Direktmandat im Wahlkreis einzufahren und den scheidenden Fuchs somit als Bundestagsmitglied zu beerben. „Das ist ein erstaunlich gutes Ergebnis – deutlich über den Erwartungen“, erklärte Oster. Der Erfolg sei umso höher zu bewerten, weil er gegen einen aktuellen Bundestagsabgeordneten (Detlev Pilger) angetreten sei. Entscheidend war für Oster die „umfassende Präsenz. Wir haben viele Tür-zu-Tür-Aktionen gemacht“. In Michael Fuchs habe er dazu einen großen Unterstützer gehabt, der ihm viele wertvolle Tipps gegeben habe. Oster steht nun eine spannende Woche bevor. Bereits am Montagabend will er nach Berlin fahren, wo er bald seinen neuen Job antreten wird. Mit der Feststellung des amtlichen Endergebnisses wird sein Amt als Bürgermeister der Verbandsgemeinde Bad Ems dann ruhen.
Den Wahlabend hatte sich Detlev Pilger (SPD) anders vorgestellt. Mit 28,7 Prozent der Erststimmen blieb dem 62-jährigen Koblenzer das Direktmandat erneut verwehrt. Seinen Platz im Bundestag wird er voraussichtlich aber behalten können. „Wie es aussieht, wird es für mich reichen. Ich bin auf Platz 8, vermutlich wird es noch bis Listenplatz 9 reichen. Trotz allem ist es unbefriedigend“, sagte Detlev Pilger. Das Gesamtergebnis der Sozialdemokraten im Bund sowie im Wahlkreis – die SPD holte hier 23,8 Prozent der Zweitstimmen – bezeichnete er als „gravierend“. Das Abschneiden der AfD kommentierte Pilger so: „Persönlich halte ich es für eine Katastrophe. Ich kenne das schon aus dem Koblenzer Stadtrat, und die Atmosphäre im Bundestag wird mit Sicherheit darunter leiden.“
So groß die Freude über den Erfolg seiner Partei bei Florian Glock (FDP) auch ist, so ist er dennoch enttäuscht. Denn trotz günstiger Ausgangslage mit Platz 5 auf der Landesliste wird es für ihn voraussichtlich nicht für Berlin reichen. „Aufgrund des starken Lindner-Effekts in Nordrhein-Westfalen kommen dort mehr über die Landesliste rein“, sagte Glock. Entmutigen lassen will sich der 33-Jährige davon aber nicht. „Der Ball ist rund, ich werde dran bleiben. Ich bin ja noch jung.“ 6,5 Prozent der Erststimmen konnte er auf sich vereinen. Ein Ergebnis, mit dem er gut leben kann. „Erfahrungsgemäß holen kleine Parteien mehr Zweit- als Erststimmen“, sagte er und freute sich über das „tolle Zweitstimmenergebnis“ im Wahlkreis von 10,8 Prozent (2013: 5,4 Prozent). Denn vorrangig, so betonte Glock, habe er im Wahlkampf für die Zweitstimme geworben. „Sie war die wichtigere Stimme.“
Mit 6,2 Prozent der Erststimmen blieb Patrick Zwiernik (Bündnis 90/Die Grünen) zwar unter dem Bundesergebnis seiner Partei, enttäuscht war er aber deshalb nicht. „Dafür, dass ich das erste Mal angetreten bin, kann ich zufrieden sein“, sagte er. Realistische Chancen, in den Bundestag einzuziehen, hatte Zwiernik wegen seines hinteren Listenplatzes ohnehin nicht. Man habe vor Ort aber einen engagierten Wahlkampf geführt, sagte er, und immer wieder Themen platziert, die andere Parteien im Wahlkreis nicht groß beackert hätten – zum Beispiel den Klimaschutz und die Mobilitätswende. Den Eintritt seiner Partei in eine „Jamaika“-Koalition hält er durchaus für möglich. „Es muss unter demokratischen Parteien möglich sein, dass man miteinander spricht.“ Zwiernik will selbst politisch aktiv bleiben – mit dem Fernziel, in ein paar Jahren doch noch in den Bundestag einzuziehen.
„Durchaus zufrieden“ mit seinem Ergebnis war Thomas Damson (AfD), obwohl er mit 8,2 Prozent der Erststimmen hinter dem Bundesergebnis seiner Partei zurückblieb. Innerhalb des Wahlkreises holte Damson sehr unterschiedliche Ergebnisse – in der Stadt Weißenthurm sogar 20,6 Prozent. Auch in Bendorf lag er bei mehr als 12 Prozent, in vielen Orten der VG Rhein-Mosel kam er dagegen nicht über die 5 Prozent hinaus. Für eine genaue Analyse, wie es zu den Ergebnissen kam, ist es aus Sicht Damsons noch zu früh. Er glaubt aber, dass die Themen der AfD wie die Flüchtlingsproblematik eine Rolle gespielt haben könnten. „In Bendorf hatten wir den Auftritt eines salafistischen Hasspredigers, in Weißenthurm haben wir einen hohen Ausländeranteil“, erklärte Damson. „Und ich habe ja oft auf die innere Sicherheit abgehoben.“ Zudem gebe es in Weißenthurm viele Russlanddeutsche, die in der Regel relativ treue AfD-Wähler seien. Damson will weiter für die AfD aktiv bleiben.
Mit dem Ergebnis für seine Partei ist Ulrich Lenz (Die Linke) durchaus zufrieden. Dass aber eine Partei wie die AfD so stark vertreten ist, wurmt ihn, denn die AfD stelle nicht das Soziale, sondern nur das Nationale in den Mittelpunkt. Im Wahlkreis blieb Lenz mit 5,2 Prozent bei den Erststimmen hinter dem Bundesergebnis zurück. Die Entwicklung im Westen, wo die Linke traditionell schwächer ist als im Osten Deutschlands, sieht er aber positiv. „Wir haben an den Wahlständen noch bei keiner Wahl so viele positive Rückmeldungen bekommen“, sagte er. Vor acht Jahren sei er zum Teil noch als „Mauermörder“ bezeichnet worden. Politisch will Lenz auch weiter aktiv bleiben – im Kreistag und im Landesvorstand.
Etwas enttäuscht von ihrem Ergebnis war Marie Salm (Die Piraten) – auch wenn ein Einzug in den Bundestag für sie ohnehin nicht realistisch war. Am Ende standen für Salm im Wahlkreis lediglich 0,7 Prozent zubuche. „Ich hatte mir schon ein bisschen mehr erwartet. Aber bundesweit lagen die Piraten ja auch nicht höher“, so Salm. Im Wahlkampf habe sie sich hauptsächlich auf Koblenz konzentriert und daher dort auch ein besseres Ergebnis erzielt als im Umland. Unbegreiflich ist für sie das Ergebnis der AfD. Sie glaubt aber, dass die Partei in den kommenden vier Jahren einiges an Glanz verlieren wird.
Für die Satirepartei war es ein „absoluter Wahlerfolg“, sagte Direktkandidat Andreas Müller („Die Partei“), der den Wahlabend bei einer auf einer Wahlparty des Landesverbandes in Bad Kreuznach erlebt hat. Der 25-Jährige konnte zwar nur 1,2 Prozent der Erststimmen ergattern, fühlte sich aber dennoch als Wahlsieger. Enttäuscht zeigte er sich lediglich mit Blick auf die künftige Sitzverteilung im Bundestag. „Ich schäme mich für jeden einzelnen Koblenzer, der seine Stimme der AfD gegeben hat und dafür gesorgt hat, dass Nazis in unserem Parlament sitzen. Da hört selbst für eine Satirepartei der Spaß auf“, schimpfte Andreas Müller.
Als Spitzen- und Direktkandidat holte Stefan Scheer (Freie Wähler) 1,8 Prozent der Erststimmen. Weniger als Stephan Wefelscheid, der es 2013 auf 2,7 Prozent bei den Erststimmen schaffte, allerdings mehr als die Freien Wähler bei den aktuellen Zweitstimmen im Wahlkreis. Hier konnten sie lediglich 1,1 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Für eine Stellungnahme war Stefan Scheer am Wahlabend telefonisch nicht erreichbar.
Peter Babnik (Einzelbewerber) hat als einziger Direktkandidat im Wahlkreis 199 den Wahlkampf ganz ohne große Kampagne oder Parteiunterstützung durchgezogen. Die Resonanz auf den 49-Jährigen lag am Ende bei 0,3 Prozent der Erststimmen. Lediglich 383 Wähler unterstützten seine Kandidatur. „Ja, ist so. Was soll ich sagen?“, kommentierte Peter Babnik sein Abschneiden bei der Wahl, die er zwischenzeitlich im Rathaus der Stadt Koblenz verfolgte.
Von unseren Redakteuren Damian Morcinek und Volker Schmidt