Mehr als 100 Teilnehmer bei einer einzigen Videokonferenz: Dass MdB Josef Oster und MdL Adolf Weiland schon seit Tagen für den Erhalt und Ausbau des Standorts trommeln, zahlt sich offenbar aus. Beide betonen aber auch, dass es bei ihrem Vorstoß nicht um „ihre“ CDU, sondern um einen wichtigen Standortfaktor für das nördliche Rheinland-Pfalz geht. Die Botschaft ist offenbar angekommen, in der Veranstaltung im virtuellen Raum zogen wirklich alle an einem Strang – vom Verwaltungschef bis zur Universitätsleitung.
Aktuell sieht die Situation so aus: Den Trennungsbeschluss des rheinland-pfälzischen Ministerrates vom Februar 2019 stellt niemand infrage, zurzeit wird daran gearbeitet, die erforderlichen gesetzlichen Grundlagen zu schaffen. Anfang Oktober soll es so weit sein. An den beiden Standorten feilt man zudem seit einigen Monaten am neuen Profil. Wie die Finanzierung der neuen Universität Koblenz auf lange Sicht aussehen wird, ist völlig unklar. Zwar fließen im Rahmen des Zukunftsvertrags Studium und Lehre von 2021 bis 2023 zusätzliche Bundesmittel in Höhe von 70 Millionen Euro an die drei Standorte der Doppeluniversität in Koblenz, Landau und Mainz, doch weiß niemand, wie die Grundfinanzierung für den Metternicher Campus in der Ära der Selbstständigkeit aussehen wird. Konkrete Zahlen kann und will niemand nennen – auch nicht die Uni-Präsidentin. Kein Wunder: Prof. May-Britt Kallenrode muss in ihrer derzeitigen Position strikt darauf achten, dass auch der Standort Landau nicht zu kurz kommt.
Nach mehrfachem Nachhaken anderer Teilnehmer nannte May-Britt Kallenrode vorsichtig einen Grundbetrag von 45 bis 50 Millionen Euro. Genau ausgerechnet hat den tatsächlichen Bedarf niemand. Allerdings darf schon jetzt bezweifelt werden, ob dieser Betrag für das von Josef Oster geforderte „Leuchtturmprojekt für die gesamte Region“ ausreichen wird. Auch die Tatsache, dass der Campus Koblenz bereits jetzt jährlich zusätzlich mehr als 6 Millionen Euro Drittmittel über externe Forschungsaufträge einwirbt, dürfte für eine belastbare finanzielle Langzeitplanung nicht ausreichen.
Zur finanziellen Misere gesellen sich noch eine Reihe organisatorischer Schwierigkeiten. Das Hauptproblem: Während der Campus Landau einfach unter das Dach der Technischen Universität Kaiserslautern schlüpfen kann, müssen für die künftige Uni Koblenz weitgehend neue Verwaltungsstrukturen geschaffen werden, da das bislang zuständige Präsidialamt in Mainz perspektivisch aufgelöst wird.
MdL Anna Köbberling (SPD) forderte deshalb, sich frühzeitig darum zu kümmern, möglichst viele Stellen nach Koblenz zu holen. Ihr Landtagskollege Adolf Weiland erinnerte daran, dass für Koblenz eine eigenständige Finanzverwaltung aufgebaut werden muss. Für ihn ist dieser Punkt zwangsläufig mit mehreren Baumaßnahmen in Koblenz verbunden, denn es geht nicht nur um ein neues Verwaltungsgebäude. Denn schon sind auf dem Campus Metternich Räume für Lehre und Forschung knapp, zudem sind für das für die Zukunftssicherung der Uni nötige weitere Wachstum neue Studentenwohnheime erforderlich.
Trotz der vielen noch ungeklärten Fragen gab es auch gute Nachrichten. Die Wissenschaftler am Metternicher Campus sind nämlich mit ihren Planungen für das künftige Profil der „neuen“ Uni schon ziemlich weit. Vizepräsident Prof. Stefan Wehner präsentierte einen Mix, den man mit den Begriffen Internationalisierung, fächerübergreifenden Arbeiten und Praxisbezug zusammenfassen könnte.
Damit nutzt der Campus den scheinbaren Nachteil, dass er eben keine Volluniversität mit Sonderforschungsbereichen ist. Aus der Not eine Tugend zu machen, hat gewissermaßen eine Tradition, zumal es schon jetzt Kooperationen mit den bedeutenden Unternehmen in der Region gibt, was im In- und Ausland reges Interesse weckt. Dabei ist der Fachbereich Informatik nur einer von mehreren „Leuchttürmen“, zumal geplant ist, die Kooperation mit zwei international renommierten Fachbehörden deutlich auszubauen – der Bundesanstalt für Gewässerkunde und dem Bundesarchiv. Letztgenannte Einrichtung eröffnet völlig neue Perspektiven für Geistes- und Kulturwissenschaftler, weil die multimediale Aufbereitung von Geschichte mit Breitenwirkung ein neues Alleinstellungsmerkmal für Koblenz sein könnte. Bei all dem sollte man nicht vergessen, dass der Campus Koblenz auch in Zukunft ein Hauptzentrum für die Lehrerausbildung in Rheinland-Pfalz bleiben wird.