Vor zwei Wochen hatte die zuständige Aufsichtsbehörde der Erweiterung in Montabaur unter Auflagen zugestimmt. Die Entscheidung der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord dürfte bei sehr vielen Einzelhändlern und Politikern in Koblenz, Neuwied, Andernach, Mayen, Limburg und vielen anderen Städten der Region schlecht angekommen sein. In den vergangenen Jahren hatten sie sich immer wieder gegen eine Erweiterung ausgesprochen. Sie treibt die große Sorge um, dass dadurch (weitere) Kaufkraft nach Montabaur abgezogen wird, weitere Geschäftsinhaber in den Innenstädten aufgeben müssen und diese veröden.
Der Einzelhandel in den Innenstädten in Rheinland-Pfalz steht unter Druck - Onlinekonkurrenz zieht Kaufkraft ab, und aktuelle Teuerungsraten sorgen auch nicht gerade dafür, dass die Menschen mehr Geld in die Läden tragen.Das Factory Outlet Center Montabaur darf wachsen: Stärkung des Standorts versus Verödung der Nachbarstädte?
Die SGD sieht allerdings keine ausreichenden Argumente, die eine Ablehnung der Pläne rechtfertigen würden, und auch keine „rechtlich relevanten negativen Auswirkungen auf die umliegenden Kommunen“, wie SGD-Präsident Wolfgang Treis (Grüne) mitteilte. Auch der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling (SPD) befürwortet die FOC-Erweiterung: „Dies ist nicht nur wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit des Outlets, sondern auch für die langfristige Entwicklung und die Attraktivität der gesamten Region.“
In Koblenz sieht man das gänzlich anders. Die Verwaltung denkt darüber nach, eine Normenkontrolle gegen den aufzustellenden Bebauungsplan der Stadt Montabaur für den Bereich des FOC anzustrengen. Der Koblenzer Baudezernent Andreas Lukas (Grüne) teilt mit: „Dieses Verfahren bietet nach meiner Auffassung von den bestehenden Optionen noch die besten Erfolgsaussichten, weil die Antragsbefugnis gegeben ist und das Oberverwaltungsgericht den Bebauungsplan einer umfassenden Rechtskontrolle unterzieht.“ Bebauungspläne sind die Rechtsgrundlage für Bauaufsichtsbehörden, um Baugenehmigungen zu erteilen.
Dass das Factory Outlet Center (FOC) in Montabaur seine Verkaufsfläche mehr als verdoppeln darf, kommt nicht überall gut an. So will sich die CDU-Fraktion im Koblenzer Stadtrat nicht mit der SGD-Entscheidung abfinden.FOC-Erweiterung in Montabaur: CDU Koblenz kritisiert die Entscheidung
Die Stadt Montabaur muss bei der Aufstellung des Bebauungsplans bestimmte Ziele des Landesentwicklungsprogramms (LEP) IV beachten. Nach Ziel 60 des LEP darf die Versorgungsfunktion benachbarter zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden, wogegen das Vorhaben aus Sicht nicht nur der Stadt Koblenz verstoße, sagt Lukas. Koblenz würde ein „wesentlicher Kaufkraftabfluss drohen, wobei die Geschäftswelt bereits durch das jetzige FOC und das Gewerbegebiet Mülheim-Kärlich vorgeschädigt ist“.
Der Koblenzer Oberbürgermeister David Langner (SPD) meint: „Die Bemühungen auf verschiedenen Ebenen, gerade auch bei den Geschäftsleuten im Einzelhandel und der Gastronomie, die Innenstädte attraktiv zu halten, dürfen nicht durch solche Entscheidungen zu Erweiterungen auf der Grünen Wiese zunichtegemacht werden.“
Montabaur. Nach der Zustimmung der SGD Nord zur Erweiterung des Outlet Montabaur (Fashion Outlet Center/FOC) befürchtet die Naturschutzinitiative eine weitere Verschlechterung für das Landschaftsbild und die Biotopvernetzung im Umfeld der Kreisstadt.Schadet größeres Outlet Montabaur der Umwelt? Naturschutzinitiative lehnt Erweiterung ab
Zur Vorbereitung eines Normenkontrollverfahrens muss ein Gutachten erstellt werden, das die Nichteinhaltung des besagten Ziels 60 belegt. Dafür müsse ein „versiertes Fachbüro beauftragt werden“. Das juristische Verfahren vor dem Oberlandesgericht indes könne durch die Juristen des städtischen Rechtsamts durchgeführt werden. Es müssten keine externen Juristen beauftragt werden.
Langner und Lukas kündigen an, dass die städtischen Gremien über die weiteren Schritte direkt nach der Sommerpause befinden sollen und die Haushaltsmittel für die Gutachtenerstellung bewilligen könnten. Über das Erheben der Normenkontrolle soll der Rat nach Vorlage des Gutachtens und Inkrafttreten des Bebauungsplans entscheiden.