1Stadt Koblenz: Aufgrund fehlender belastbarer Untersuchungen und Datengrundlagen zum Ultranet, bei dem erstmals Gleich- und Wechselstromleitungen über die gleichen Masten geführt werden sollen, hat die Stadt „aus gesundheitlichen Gründen erhebliche Bedenken“. Sie fordert daher eine Trassenführung, die nicht in der Nähe von Wohngebieten der Stadt verläuft – zum Beispiel durch eine linksrheinische Alternativtrasse oder durch eine Erdverkabelung. Noch einmal weißt die Stadt auf die betroffenen Gebiete in Wallersheim und insbesondere die dortige Grundschule hin, deren Hof mit den Leitungen überspannt würde. Die Argumentation, dass die Alternativtrasse wegen deutlich höherer Kosten im Vergleich zur Umrüstung der alten Leitungen (510 statt 120 Millionen Euro) nicht ernsthaft in Betracht komme, hält die Stadt für nicht überzeugend. Sie verweist auf die Erdverkabelung der Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragunsleitungen (so genannte HGÜ-Leitungen) Südlink und Südostlink, de ihren Endpunkt in Bayern haben. „Es stellt sich daher die Frage, warum für diese Leitungen jeweils 4 Milliarden Euro Mehrkosten für die Erdverkabelung aufgebracht werden, obwohl von den Leitungen nach Aussagen der Übertragungsnetzbetreiber und der Bundesnetzagentur keine Gefahren für die Gesundheit ausgehen“, heißt es in der Stellungnahme. Zumal es sich beim Südostlink auch nur um Gleichstromleitungen und nicht um Gleich- und Wechselstromleitungen handle. Die Stadt sieht eine Ungleichbehandlung der vom Ultranet betroffenen Einwohner, weil der für HGÜ-Leitungen vorgeschriebene Abstand von 400 Metern zu Wohnsiedlungen nicht eingehalten werden muss. Die Stadt behält sich nach Prüfung der Rechtslage das Beschreiten des Rechtsweges ausdrücklich vor.
2Landkreis Mayen-Koblenz: Der Kreis weist auf die vom Kreistag bereits 2017 beschlossene Mayen-Koblenzer-Erklärung hin, in der die Bundesnetzagentur unter anderem aufgefordert wird, die energiewirtschaftliche Notwendigkeit des Projekts Ultranet einer nochmaligen kritischen Überprüfung zu unterziehen. Außerdem wird in der Stellungnahme die Wahl einer Trassenführung, die auf der Basis belastbarer wissenschaftlicher Erkenntnisse beruht und das Risiko gesundheitlicher Auswirkungen für die Anwohner und die Bevölkerung ausschließt, gefordert. „Darüber hinaus sollte die Ausführung als Erdkabel erfolgen“, heißt es in der Stellungnahme. Insbesondere wird auf die Situation in Urbar hingewiesen. Der Kreis verweist noch einmal auf ein Schreiben aus dem März 2015, indem darum gebeten wurde, eine partielle Verlegung der mitten durch ein Urbarer Wohngebiet führenden Trasse zu prüfen. Sofern eine Erdverkabelung ausgeschlossen wird und es bei einer Freileitung bleibt, heißt es in der Stellungnahme weiter, sollte der größtmögliche Abstand, mindestens jedoch 400 Meter zur Wohnbebauung, eingehalten werden.
3Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord: Die SGD weist darauf hin, dass Netzbetreiber Amprion und die Bundesnetzagentur beim Immissionsschutz zu berücksichtigen hätten, dass es sich um ein Pilotprojekt handelt, „für das kein anerkannter Stand der Technik erreicht ist“. Zudem bestünden keine gesetzlichen Grenzwerte, „die die gegenseitige Beeinflussung der Immissionen aus den Gleich- und Wechselstromkreisen in den Blick nehmen“. Den Belangen des Immissionsschutzes sei daher „ein besonders starkes Gewicht einzuräumen“, heißt es. Kleinräumige Verschwenkungen und Erdkabellösungen sind nach Ansicht der obersten Umweltbehörde des Landes zwingend zu prüfen. Zudem befürchtet die SGD auch erhebliche Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft während des Umbaus der Bestandstrasse. Sie fordert daher, dass Schutz- und Vermeidungsmaßnahmen geprüft werden.
4Verbandsgemeinde Vallendar: Die VG kritisiert unter anderem eine unzureichende Prüfung der Alternativtrassen. Dass eine neu gebaute Trasse neue Betroffenheiten auslösen würde, sei – wie von Amprion festgestellt – zwar klar. Aus den vorgelegten Unterlagen sei aber nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage diese Feststellung beruhe. Ob es zum Beispiel nur um den Neubau einer Gleichstromleitung oder um die komplette Verlegung (also inklusive der zurzeit etwa durch Urbar führenden Wechselstromleitungen) ginge. Eine Klarstellung, auch hinsichtlich der damit verbundenen Kosten, sei daher nötig. Die VG kritisiert auch, dass der Netzbetreiber keine Angaben dazu gemacht hat, welche Mehrkosten entstehen würden, wenn nur der Teilbereich Koblenz–Urbar/Simmern verkabelt würde. Unverständnis äußert die VG auch deshalb, weil sowohl der Kreis als auch die VG die Bundesnetzagentur schon 2015 aufgefordert hatte, eine Umgehung des Wohngebiets in Urbar zu prüfen, eine solche Überprüfung aber an keiner Stelle der Unterlagen zu finden sei. Dass eine Erdverkabelung in den Unterlagen von Amprion immer mit dem Verweis auf gesetzliche Vorgaben von vorne herein nicht in Betracht gezogen wird, findet die VG nicht in Ordnung. Es sei auch nicht verboten, freiwillig zu einer solchen Maßnahme zu greifen. Ebenfalls kritisiert wird, dass die statische Aufladung als Problem nicht ausreichend betrachtet wird.
Von unserem Redakteur Volker Schmidt