Auf der einen Seite Grüne, SPD und Linke/Die Partei, auf der anderen CDU, Freie Wähler (FW), AfD, Wählergruppe Schupp (WGS), FDP und in dem Fall auch Oberbürgermeister David Langner. Die Kulturlotsen-Debatte hatte es bereits gegeben kurz vor Ende der zweitägigen und recht entspannten Haushaltsberatungen Mitte November im Haupt- und Finanzausschuss (Hufa). Das Programm war so gut wie durch, da forderten die Grünen plötzlich die neue volle Stelle eines Kulturlotsen. Ein klares Aufgabenprofil konnten sie nicht nennen.
Oberbürgermeister David Langner entgegnete im Hufa und auch in der Sitzung des Stadtrats am Freitag, dass es in der Verwaltung bereits eine Stelle für koordinierende Tätigkeiten für alle Bereiche gebe. Sein Angebot: Dieser Mitarbeiter übernimmt zunächst auch Anfragen aus dem Kulturbereich. Klappt das nicht, kann man noch eine neue Stelle reden. Die Grünen lehnten ab, lenkten im Hufa aber etwas ein und reduzierten ihre Forderung auf eine halbe Stelle. Die Bezahlung solle jedenfalls bei rund 2000 Euro brutto liegen.
In der Sitzung des Stadtrats versuchten nun CDU, FW, WGS und FDP diese halbe Stelle mit einem Antrag zu verhindern. Trotz Unterstützung von OB Langner und AfD scheiterten sie an der knappen Ratsmehrheit von Grünen, SPD und Linken/Die Partei.
Zuvor hatte Stephan Otto, stellvertretender CDU-Fraktionssprecher, den Antrag so begründet: „Es ist nicht ansatzweise hinnehmbar, auf welche perfide Art und Weise diese Stelle auf der Zielgeraden etabliert wurde. Da wird uns vonseiten der Grünen im Vorjahr ein Vortrag über die angeblich völlig aus dem Ruder laufende Personalwirtschaft der Stadt gehalten. Und nicht einmal ein Jahr später wird dieser Ansatz von den selben in die Tonne getreten.“ Weder Stellenumfang noch die Bewertung seien „seriös dargelegt oder festgestellt worden“. Zudem habe die Verwaltung erklärt, sie könne diese „bis zur endgültigen Feststellung des Aufgabengebiets aus den vorhandenen Stellen decken“. Otto sagte weiter: „Ohne überhaupt in den Vorberatungen dieses Vorgehen ansatzweise zu erwähnen, ist diese brachiale Umsetzung nicht widerspruchslos hinzunehmen. So geht man nicht mit Steuergeldern um.“ Man könne nun gespannt sein, wer sich auf die Stelle bewirbt.
Torsten Schupp (WGS) sagte: „Da drischt Herr Kleemann von den Grünen in den Haushaltsberatungen ein Jahr vorher 45 Minuten lang auf den Oberbürgermeister und die Verwaltung ein, als seien sie extrem unfähig, und verteilt wegen des Stellenplans eine Ohrfeige nach der anderen. Aber jetzt fordern die Grünen eine zusätzliche Stelle für einen Kulturbeauftragten.“ Schupp sagte weiter: „Hier soll eine Versorgungsstelle für einen abgehalfterten Grünen geschaffen werden. Dabei haben wir eine Kulturdezernentin, die gut bezahlt wird und die Aufgaben übernehmen könnte.“
Detlef Knopp (Grüne) sagte: „Es ist richtig, dass es in den Jahren zwischen 2016 und 2021 einen Aufwuchs von 340 Stellen gab und Ulrich Kleemann das im Vorjahr deutlich kritisiert hat.“ Aber darüber abzuleiten, dass wenn man ein Plus von 340 Stellen kritisiere, man dann keine Stelle mehr schaffen dürfe, würde bedeuten, dass keine Fraktion mehr eine neue Stelle beantragen könne. Zudem habe Kleemanns Kritik sicher dazu beigetragen, dass die Verwaltung für 2022 nur 3,9 neue Stellen geschaffen habe. Knopp weiter: „Der Kulturbereich ist unterbesetzt. Der Kulturlotse soll Ansprechpartner für Kulturschaffende sein.“
OB Langner wiederholte seine Argumentation aus dem Hufa und sagte an die Grünen gewandt: „Es ist schwierig, wenn man sich zunächst sehr massiv den Vorwurf gefallen lassen musste, dass Stellen nach Lust und Laune geschaffen würden. Sie haben die Messlatte damit sehr hoch gelegt.“ Die Verwaltung habe sich auch in den Vorjahren daran gehalten, keine unnötigen Stellen zu schaffen. Zudem stehe der freiwillige Leistungsbereich – und damit die Kultur – weiter im Fokus der Aufsichtsbehörde. Diese fordert für den Bereich eine Spardisziplin ein.
Christian Altmaier (FW) sagte: „Das Plus an Stellen bei Feuerwehr und Ordnungsamt ist im Vorjahr auch mit Zustimmung der Grünen beschlossen worden.“ Er hat die Hoffnung, dass die Aufsichtsbehörde diese neue halbe Stelle „sehr kritisch hinterfragt“.
Ulrich Kleemann (Grüne) sagte: „Ich kann die Kritik an meiner Vorgehensweise im Vorjahr nicht nachvollziehen. Ich habe damals eine intensive Aufarbeitung gemacht.“ Aufgabe des Stadtrats sei es, die Verwaltung auf Fehlentwicklungen hinzuweisen. SPD und Linke/Die Partei äußerten sich in der Debatte im Rat nicht, stimmten aber mit den Grünen erfolgreich gegen den Antrag, die neue halbe Stelle ersatzlos zu streichen.