Ein Rundgang durch das stillgelegte Spaß- und Freizeitbad in Mülheim-Kärlich
Trockengelegt: So sieht es im stillgelegten Tauris in Mülheim-Kärlich aus
Freizeitbad Tauris in Mülheim-Kärlich
Das Freizeitbad Tauris in Mülheim-Kärlich ist derzeit geschlossen. Das Tauris wurde 1991 eröffnet und war ein beliebtes Freizeitbad mit Badelandschaft, Sauna, Wellnessangeboten und einem Restaurant.
Sascha Ditscher

Das Spaß- und Freizeitbad Tauris ist auch jenseits der Stadtgrenzen von Mülheim-Kärlich bekannt. Seit einigen Jahren stehen die Badegäste vor verschlossener Tür, wenn sie das Bad besuchen wollen. Ein Team der Rhein-Zeitung durfte sich im Inneren umsehen – so fühlt es sich an in den leeren Becken zu stehen.

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Ein Donnerstagnachmittag im Juli, die Sonne scheint, der Himmel ist fast wolkenlos, es ist warm. Eigentlich ein perfekter Tag fürs Freibad, ein Team der Rhein-Zeitung hat aber anderes vor und geht rein, statt draußen zu bleiben. Rein in eines der bekanntesten Hallenbäder der Region, in das es seit Monaten eigentlich kein Reinkommen für Gäste gibt: das mittlerweile stillgelegte Spaß- und Freizeitbad Tauris in Mülheim-Kärlich. Mit dabei sind Stadtbürgermeister Gerd Harner (FWG), sein Zweiter Beigeordneter Bernd Bruckner (CDU) und Andreas Anheier, Leiter des Betriebshofs der Stadt.

Der Parkplatz ist leer, keine Schlange vorm Eingang, weit und breit sieht man kaum eine Menschenseele – und das in der Ferienzeit. Wo sich einst Besucher tummelten, herrscht heute Stillstand. Statt Badegästen flitzt ein kleiner Hase über die Grünflächen im Außenbereich und fragt sich vermutlich zurecht, woher denn nun auf einmal die Zweibeiner kommen. Schließlich musste er sich sein Reich schon seit Jahren nicht mehr mit Menschen teilen.

Im Inneren des geschlossenen Tauris liegt eine fast schon ohrenbetäubende Stille über den leeren Becken. Ihr Freizeitbad so zu sehen – ohne Besucher, ohne Wasser in den Becken, ohne Schlange an der Kiosktheke – macht sie traurig, das beteuern Harner, Bruckner und Anheier an diesem Nachmittag immer wieder. Das Tauris ist für Mülheim-Kärlicher eben nicht nur ein Schwimmbad. „Hier haben Generationen schwimmen gelernt. Ich selbst war schon mit meinen Kindern hier“, erklärt Harner die Verbundenheit zum Bad. Auch Bruckner kann das bestätigen.

Feuchte Luft und trockene Fliesen

„Das Tauris soll kein Lost Place werden“, sagt Harner, und lässt den Blick über die rosafarbenen und blauen Fliesen im einstigen Spaßbad schweifen. Auf der konstituierenden Sitzung des neuen Stadtrates wurde deshalb erneut ein Verfahren zur Investorensuche auf den Weg gebracht: Durch ein Interessenbekundungsverfahren – so hieß es im Antrag – soll der Markt für einen potenziellen Käufer und Betreiber des Spaßbades ausgelotet werden. Interessenten könnten sich damit zwanglos bei der Stadt melden, die ja noch Eigentümerin ist. Danach können weitere Gespräche geführt werden.

Freizeitbad Tauris in Mülheim-Kärlich
Einblick in den Sauna- und Wellnessbereich.
Sascha Ditscher

Harner war sich schon bei der Stadtratssitzung sicher: Wir finden einen Investor. Auch beim Rundgang gibt er sich sehr überzeugt. Auf die Frage, ob er schon jemanden Konkreten im Kopf hat, der das Tauris übernehmen könnte, antwortet er aber nur mit einem schelmisches Grinsen.

Zu bieten hat das Tauris zum einen eine intakte Bausubstanz, so betonen es sowohl Harner als auch Bruckner beim Rundgang: „Wenn man sich so umschaut, könnten wir morgen wieder aufmachen. Wasser in die Becken und fertig“, sagt Bruckner. Ganz so einfach ist das nicht, das weiß auch Bruckner. Vielmehr will er auf den Zustand des Spaßbades aufmerksam machen, der tatsächlich nicht vermuten lässt, wie lange das Tauris schon geschlossen hat: Kein Staub ist in den Ecken zu sehen und auch die Pflanzen im Innenraum scheinen noch zu gedeihen, auch wenn sich das eine oder andere braune Blatt ins Grün eingeschlichen hat.

Den Keller – das technische Herzstück des Tauris – zeichnet nach wie vor ein Netz aus Rohren, Kabeln und allerlei Technik aus. Die riesigen roten Heizkessel laufen noch, Lichter blinken an einer unscheinbar aussehenden Kontrollanlage. Aus großen blauen Kesseln – den Filteranlagen der verschiedenen Becken – ist ein schwarz-graues Granulat ausgetreten und hat dunkle Häufchen gebildet. Ein Mitarbeiter habe es zu gut gemeint und – in der Annahme, dass das Tauris bald von Seiten der Stadt generalsaniert werden würde – schon mal die Filteranlage trocken gelegt, berichtet Bruckner. Durch das Öffnen der Anlagen seien die Filterschichten verrutscht und müssen nun vor einer erneuten Inbetriebnahme erst saniert werden.

Freizeitbad Tauris in Mülheim-Kärlich
Die Filteranlagen im  Keller des Tauris.
Sascha Ditscher

Die Temperaturen im Hallenbad sind auch an diesem warmen Tag etwas höher als draußen, die Luft feucht und leicht stickig. Geheizt wird das Tauris immer noch. Und das soll so auch sein: Damit das Holz an den Decken nicht spröde wird, braucht es eine gewisse konstante Luftfeuchtigkeit, erklärt Anheier. Und damit die Fliesen nicht bersten und an Ort und Stelle bleiben, müssen diese regelmäßig bewässert werden. Sie bräuchten nämlich den Wasserdruck. An einigen Stellen, etwa in der Nähe des Kinderbereichs, ist trotzdem etwas abgeplatzt. Nichtsdestotrotz: Das Tauris – so viel wird bei dem Rundgang klar – wird nach wie vor gewartet, man könnte fast schon sagen gehegt und gepflegt.

Rückblick und Ausblick

Eigentlich sollte das Bad, so ein Stadtratsbeschluss aus dem September 2019, renoviert und die Technik modernisiert werden. „Wir wollen uns in der Planung genug Gedanken machen, um Überraschungen während der Bauphase zu vermeiden“, sagte Harner damals. Zwischen Ende 2021 und Anfang 2022 sollte es damit losgehen, getragen hätte das die Stadt selbst.

Dann kam die Coronapandemie und das Tauris wurde 2020 geschlossen. Durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und die gestiegenen Energie- und Baukosten, wurde die Sanierung immer teurer. Ein Haushalt, der eine vor dem angedachten Sanierungsbeginn geplante Interimsöffnung beinhaltete, wurde der Stadt nicht genehmigt. Mittlerweile rechnet man in Mülheim-Kärlich mit 25 bis 28 Millionen Euro um das Tauris wieder fit zu machen. Der Stadtrat wollte die Sanierung dennoch wagen – allerdings sollte ein privater Investor die Kosten tragen. Im August 2023 wurde ein Investorenwettbewerb ausgeschrieben.

Monate später, im April 2024, war aber klar: das Vergabeverfahren wird aufgehoben, es liegt kein wertbares Angebot vor. Damit war vor allem gemeint: Es lag kein Angebot vor, das den ausgeschriebenen Vorgaben der Stadt entsprach – aber es lag ein Angebot vor. Nun soll das Markterkundungsverfahren vielleicht doch noch einen geeigneten Investor für das Tauris an Land ziehen.

Wie geht es nun weiter mit dem Tauris, seiner Badelandschaft, den Saunen und dem Außenbereich, der momentan nicht von Badegästen, sondern von dem einen oder anderen Hasen genutzt wird? Aus Sicht der CDU-Stadtratsfraktion wird auch die jüngste Suche nach einem Investor nicht von Erfolg gekrönt werden. „Wir brauchen kein Freizeitbad, sondern ein Bad, das unseren Ansprüchen genügt“, betonte Joachim Rünz, CDU-Fraktionsvorsitzender in Mülheim-Kärlich, im Stadtrat bei der Diskussion um das Interessenbekundungsverfahren. Von dem Verfahren verspreche er sich nicht viel: „Das bringt nichts.“

Die Begründung dafür sieht er in der aktuellen wirtschaftlichen Lage, in der kein Investor Millionen in ein Freizeitbad stecken wolle. Ginge es nach der Mehrheit in der CDU-Fraktion, würden Alternativen zum Erhalt des Tauris in seiner jetzigen Form diskutiert. Etwa ein Umbau des Spaßbades in ein reguläres Hallenbad, bei dem ein Teil des Tauris erhalten bleibt und der Großteil zurückgebaut wird.

Ob nun Rünz oder Harner in der Investorenfrage recht behält, wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Solange wird der Hase noch ungestört die Liegewiesen für sich beanspruchen können.

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