Angebot auf Lützeler Friedhof
Trauernden an Allerheiligen Gehör schenken
Kamen mit Friedhofsbesuchern ins Gespräch (von links): Diakon Sebastian Mählmann sowie die Gemeindereferentinnen Giula Hardieß (rechts) und Britta Mies.
Wolfgang Lucke

Auch in diesem Jahr nutzen viele Menschen den Feiertag Allerheiligen für einen Friedhofsbesuch und um damit ihren verstorbenen Angehörigen zu gedenken. Auf dem Lützeler Friedhof erwartete sie ein besonderer Dienst.

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Viele Menschen nutzten auch in diesem Jahr den Allerheiligenfeiertag zu einem Friedhofsbesuch, um ihrer verstorbenen Angehörigen oder Mitmenschen zu gedenken. Auf dem Lützeler Friedhof erwartete sie ein besonderer Dienst. Seelsorgerinnen und Seelsorger der Pfarrei St. Petrus und St. Martinus boten zum zweiten Mal eine sogenannte „Memoria-Präsenz“ an.

Die Gemeindereferentinnen Giula Hardieß und Britta Mies sowie der Diakon Sebastian Mählmann standen am Haupteingang des Friedhofs. Kaffee und Kuchen verbreiteten eine entspannte Atmosphäre. „Guten Tag, wenn Sie eine Begleitung zum Grab oder eine Segnung wünschen, kommen wir gerne mit.” Der freundlichen Einladung folgten viele an diesem Allerheiligentag. Das Angebot zum Gespräch oder zur Segnung des Grabes wurde sehr gerne und sehr offen angenommen. „Die Gelegenheit, Gedanken über die Verstorbenen mitzuteilen, erleichtert oft erheblich die Seele”, hat Gemeindereferent Sebastian Mählmann erfahren. „Trauernde finden oft wenig Gehör. Da kommt es bei Gelegenheiten wie dieser heute zu vielen guten Gesprächen und wir lernen ganz tolle Menschen kennen.” Er erinnere sich an eine Frau, die vor Jahrzehnten ihr Baby verloren hatte, aber nur selten ihrer Trauer Ausdruck geben konnte. „Sie stand am Grab und weinte.” Das sei eine große Erleichterung für die Frau gewesen, meint Mählmann.

„Die Leute erfreuen sich an diesem Angebot”, sagt Friedhofsbesucher Helmut Sauerborn. „Dieser Kontakt auf lockerer Ebene stellt eine echte Erleichterung dar.” Er sei dankbar über die Segnung und das kleine Gespräch am Familiengrab. Als Mitarbeiter in einem Seniorenheim sei er auch beruflich mit dem Thema Tod konfrontiert. „Es ist sehr individuell, wie die Menschen ihre letzte Lebensphase erleben.” Er habe beobachtet, dass es durchaus viele Menschen gebe, die nach einem erfüllten Leben in Frieden sterben möchten und das auch können. „Man sollte sie dann auch loslassen.”

Positive Reaktionen von Trauernden

Britta Mies kommt gerade von einer Segnung bei einer großen Sinti-Familie zurück. Sie empfindet den Nachmittag als sehr bewegend. „Wie positiv die Leute das annehmen und wie sie reagieren, spricht ja dafür, dass sie ansonsten mit ihrer Trauer eher alleine sind.” Oft werde beim Gang an das Grab eines Verstorbenen auch an weitere Verstorbene gedacht, deren Gräber man dann ebenfalls aufsucht.

Ein besonderes Angebot erwartet Friedhofsbesucher an Allerheiligen in Koblenz.
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„Es ist wirklich paradox”, so Mählmann, „alle beschäftigt das Thema Tod in irgendeiner Form, aber kaum jemand redet darüber.” Die Kirche, deren Aufgabe ja genau Gespräche dieser Art wären, könne es aber nicht leisten. Bei immer größer werdenden Pfarrgebieten sei es schwer, den persönlichen Kontakt herzustellen oder aufrechtzuerhalten. Familie Engel aus Kesselheim nimmt das Angebot zur Segnung gerne an. „Ein kleines Gespräch bringt schon viel”, sagen sie. „Da hört man auch mal eine andere Sichtweise.” Die Würdigung für den Verstorbenen schätzen sie sehr.

Gemeindereferentin Giula Hardieß berichtet: „Jede Grabsegnung ist anders.” Da müsse man ein Gefühl entwickeln, sich in die Situation hinein spüren. „Manche möchten etwas erzählen, andere lieber schweigen.” Britta Mies ergänzt: „Es geht darum, die Gefühlswelt der Menschen ernst zu nehmen. Das Gefühl ist wichtig, wahrgenommen zu werden, die Erinnerungen an einen Menschen teilen zu können.”

So unterschiedlich die Kulturen der Welt sind, so differenziert ist auch ihr Umgang mit dem Tod. Nicht immer verständlich aus unserer Sicht. Sebastian Mählmann hat ein Jahr in Venezuela verbracht, kann aber mit dem in Südamerika verbreiteten Totenkult nicht viel anfangen. Am „Dia del Morte” werden dort regelrechte Partys auf Friedhöfen gefeiert.

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