Heinrich Haupt hat viel von seinem Großvater geerbt, zum Beispiel den Namen, aber auch ein Gebäude, das dieser vor fast 100 Jahren in Kobern-Gondorf gebaut hat: Das Hotel Haupt ist seit 1926 in Betrieb und hat einige Zeiten gesehen, gute wie schlechte. Eine große Herausforderung in jüngerer Zeit war die Corona-Pandemie, von der sich die Gastroszene noch immer erholt. Seit Ende April sind die Pforten des Hotels und Restaurants nun geschlossen, die bisherigen Pächter wollen sich eine neue Existenz im kleineren Rahmen in Mayen aufbauen (unsere Zeitung berichtete). Haupt sucht derweil nach neuen Pächtern, denn für ihn ist klar: Es soll auf jeden Fall weitergehen mit dem Betrieb, das schulde er nicht nur seinen Vorfahren.

Viele Jahre auf der ganzen Welt im Einsatz
Heinrich Haupt ist viel rumgekommen in der Welt: 40 Jahre lang arbeitete der heute 70-Jährige im Auswärtigen Dienst, war in Nicaragua, Jugoslawien, den USA (New York), Kasachstan, El Salvador aktiv, arbeitete für die Uno, die OSZE, die Nato, war nach dem Tsunami 2005 in der Aufbauhilfe. Nun lebt er die meiste Zeit in Wien, doch kommt er regelmäßig, einmal im Monat für mehrere Tage, in seine Heimat nach Kobern-Gondorf und kümmert sich um seine 94-jährige Mutter. Für ihn eine wichtige Verbindung, gerade weil er so ein „Nomadenleben“ geführt hat. Ohne Wurzeln verliere man schnell den Halt, sagt er. Er fühle sich verbunden mit dem Ort und auch ein Stück weit verantwortlich.
Doch erst mal von vorn: Im Jahr 2019 fand das Hotel Haupt mit der Familie Molenaar aus den Niederlanden neue Pächter, Daniel Molenaar, damals gerade mal 20 Jahre alt, übernimmt den Betrieb. Hilfe findet er in seiner Familie, Mutter Gerda zieht mit an die Mosel, der Vater beliefert den Betrieb mit Fleisch aus der eigenen Metzgerei (unsere Zeitung berichtete).

Ein bisschen Oranje-Geschmack im Alten Rathaus
So richtig raus aus der Krise ist die Gastronomie im Alten Rathaus in Mayen nicht gekommen. Jetzt versucht Familie Molenaar, Fuß zu fassen. Die gebürtigen Niederländer setzen auf gutbürgerliche Speisen mit Einsprengseln aus der holländischen Küche.
Die Familie investiert, baut ein Konzept aus, bietet neben den Zimmern im Hotel auch das Gästehaus und die Ferienappartements an. Doch im April hat sich die Familie nun umorientiert. Im Alten Rathaus in Mayen will sie nun gutbürgerliche Küche mit einem niederländischen Einschlag anbieten.
Am Hotel Haupt in Kobern-Gondorf sieht man noch die Öffnungszeiten schemenhaft auf der Tafel stehen, vor der Eingangstür weist ein Schild potenzielle Gäste darauf hin, dass der Betrieb seit dem 22. April geschlossen ist. Für Hotelbesitzer Heinrich Haupt nun eine Gelegenheit, nach vorn zu schauen und erst mal aufzufrischen. In den kommenden Monaten möchte er sanieren, renovieren, dem Anwesen ein „Facelift“ verpassen. Zuletzt ist dies in einem jedoch wesentlich größeren Rahmen inklusive neuer Toiletten im Jahr 2007 passiert. Nun könnten die Teppiche aus den Zimmern verschwinden, neue Tische in den Gastraum im Erdgeschoss gestellt, Parkett im Saal verlegt werden. Auch das Gästehaus wird teils saniert, die Ferienwohnungen haben 2011 eine Vollsanierung erfahren. Im November würde er gern schon wieder eröffnen – mit einem neuen Pächter. Da habe er bisher vorgefühlt, sagt Haupt.

In einem Jahr ein großes Jubiläum feiern
Klar und wichtig für ihn ist, dass es mit dem Traditionshaus weitergeht, schließlich wartet 2026 das 100-jährige Jubiläum. Und er sieht sich da in der Verantwortung, zum einen gegenüber seiner Familie: „Wenn man so einen Betrieb geerbt hat, dann ist man auch verantwortlich.“ Zum anderen aber auch gegenüber dem Dorf, immerhin ist sein Hotel das letzte verbliebene von ehemals vier großen Hotels.
Haupt kann sich noch an andere Zeiten im Ort erinnern: Als seine Eltern wochentags Winzer waren und am Wochenende Hoteliere, an Tanzabende in den anderen Hotels des Ortes, an laute Nächte, in denen Touristen und Gäste den Ort und die Geschäfte und Cafés belebten. Für die lokale Kundschaft möchte er etwas anbieten, für die Leute, die das ganze Jahr über Feste feiern, Vereinstreffen abhalten oder einfach etwas Gutbürgerliches essen wollen. Und dann gibt’s da noch die (Familien-)Verbindung zum Weingut Dötsch-Haupt.

Ortsbürgermeister Martin Dötsch ist ein Cousin Haupts, die Familien sind seit Jahrzehnten verbandelt und arbeiten auch in Sachen Hotel zusammen. So belieferte Dötsch den Betrieb mit Wein, aber „das ist kein Exklusivvertrag“, stellen Dötsch und Haupt klar. Aus seiner Tätigkeit als Winzer, der Weinproben oder auch Planwagenfahrten anbietet, weiß Dötsch, dass Besucher oft fragen, wo sie gerade nachmittags noch einkehren können. Aber auch für Gäste aus dem Ort wäre eine Gaststätte für Familienfeiern und Ähnliches wünschenswert. Als neue Pächter wünsche man sich daher nicht unbedingt jemanden aus der Region, aber doch jemanden, der sich ins Dorfgeschehen einbringen möchte, auch flexibel auf Anfragen reagiert. Wenn beispielsweise ein Verein für Samstag eine Örtlichkeit sucht, wäre es schön, wenn der Pächter vielleicht auch entgegen der eigentlichen Öffnungszeiten etwas möglich macht.
Derweil will Haupt mit einem neuen Aushang schon mal auf die kommende Modernisierung und das Jubiläum hinweisen: „Ab Herbst 2025 wird das Haus – unter neuer Leitung – seine werten Gäste wieder mit gutbürgerlicher deutscher und mediterraner Küche und edlen Tropfen aus unserem Familienweingut Dötsch-Haupt verwöhnen“, heißt es dort.

Zahlen, Daten, Fakten
1879 wurde das Weingut mit Weinstube von Matthias Haupt gegründet. 1926 baute dessen Sohn Heinrich das heutige Hotel Haupt auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Von 1950 bis 2006 leitete Sohn Karl-Robert Haupt sowohl das Hotel als auch das Weingut. Seit 2007 verpachtet Heinrich Haupt, benannt nach seinem Großvater und Hotelerbauer, den Betrieb. Das Hauptgebäude umfasst 310 Quadratmeter Grundstücksfläche, es gibt zwei Gasträume mit etwa 100 Sitzplätzen und einem Außenbereich mit 35 Sitzplätzen, zudem fünf Gästezimmer. Im Gästehaus „Alte Kellerei“ gibt es zudem sieben weitere Gästezimmer und vier Ferienwohnungen. red