Nun ist es offiziell: Der Stadtrat Mülheim-Kärlich hat in seiner jüngsten Sitzung am Donnerstag, 21. November, die Bahn frei gemacht für gänzlich neue Zukunftsmodelle für das stillgelegte Spaßbad Tauris. Abriss, Teilabriss, Eventhalle – vieles wäre möglich, der Preis für einen möglichen Investor unschlagbar. 1 Euro könnte die Immobilie kosten, das Gelände würde mittels eines Erbbaurechtsvertrages übertragen, mit einer Laufzeit von bis zu 50 Jahren. Eine Bedingung gibt es: Ein 25-Meter Schwimmbecken zu Lehrzwecken soll der Stadt erhalten bleiben.

Raus aus dem Fegefeuer
Das Tauris könnte schon für einen Euro zu haben sein, mit seinem jüngsten Beschluss hat der Stadtrat Mülheim-Kärlich die Bahn hierfür frei gemacht. Keine schöne Entscheidung, aber immerhin die richtige.
„Ich rate, den Vorgang geschmeidig abzuarbeiten“ - das sagte Verbandsgemeindebürgermeister Thomas Pryzybilla eigentlich in einem anderen Kontext: Der Stadtrat Mülheim-Kärlich musste auch über die Widmung mehrerer Straßenzüge für den öffentlichen Verkehr entscheiden. Eine komplizierte Angelegenheit, vor allem, da mehr oder weniger jedes Ratsmitglied in einer der betroffenen 48 Straßen lebt oder Verwandte dort hat. Befangenheit könnte also möglich sein. Pryzybillas Rat daher: lieber zurücktreten von der Abstimmung, falls man sich unsicher ist - und eben „geschmeidig abarbeiten“.
Dieser Rat könnte das Motto des Abends gewesen sein, denn ebenso geschmeidig arbeitete der Rat sich an einem viel gewichtigeren Thema ab: Für die Zukunft des Tauris werden neue Weichen gestellt.
Doch zunächst ein Blick zurück: Seit April ist klar, dass eine monatelange, EU-weite Suche nach einem Investor erfolglos zu Ende gegangen ist. Während das Schicksal des Tauris immer wieder für hitzige Diskussionen im Rat sorgt, sind sich die Fraktionen in einem Punkt einig. Sie wollen das Schulschwimmen wieder ermöglichen. Doch im Bekenntnis zum Erhalt des Bades, wie es bisher war, ist man sich nicht einig.

Noch auf der konstituierenden Sitzung des neuen Rates nach der Kommunalwahl im Juli kam das Thema erneut auf. Ein sogenanntes Interessenbekundungsverfahren sollte in die Wege geleitet werden. In diesem wollte sich die Kommune einen Marktüberblick über interessierte Bieter verschaffen. Sprich: Mit dem Verfahren sollte herausgefunden werden, ob es generell einen Investor gibt, der sich für den Kauf des Tauris interessieren könnte. Bindend wäre eine solche Bekundung nicht gewesen. Die Frist für ein Interessenbekundungsverfahren läuft 30 Tage.
Die sind lange abgelaufen und das stellt den Rat nun vor neue Erkenntnisse: Das Tauris muss neu betrachtet werden, wichtige Punkte sind dabei sein Alter und eine zukunftsorientierte Gestaltung, fasst Stadtchef Gerd Harner (FWG) vor dem Rat zusammen. Abriss, Teilabriss, anderweitige Nutzung, diese Themen kamen in Gesprächen auf, zudem, dass man viel Geld in die Hand nehmen müsste, um das Bad wieder herzurichten – unter sehr hoher Bezuschussung durch die Stadt. Es gäbe Interessenten, die das Bad für 1 Euro übernehmen würden. Das Gelände könnte in Erbbaupacht übergeben werden, eine gesicherte Möglichkeit des Schulschwimmens in einer ganzjährig zugänglichen Bahn ist die Anforderung, die die Stadt stellt.

Diese drei Punkte sind der neue Rahmen für eine erneute Ausschreibung, um einem Interessenten auch einen Freiraum für neue Gestaltungsmöglichkeiten zu geben. Harner stellt auch klar: Wenn Fläche und Gebäude veräußert werden, ist die Stadt erst mal „raus aus dem Thema, die Situation obliegt dann dem Investor“. Durch das neue Verfahren könnte man mehr Erfolg erzielen, und eine Richtung vorgeben, dass sich etwas tut, denn weiterhin „einen Lost Place wollen wir nicht und werden wir auch nicht bekommen“, betont Harner.
Unter den drei Fraktionen herrscht wieder Einigkeit, wo vorher heftig diskutiert worden war: Das Interessenbekundungsverfahren war für die FWG der richtige Weg; es sei wichtig, einen Investor zu finden, der das Schulschwimmen sicherstellt und das mit einem möglichen Investor keine Investitions- und Erhaltungskosten mehr auf die Stadt zukommen, fasst Sprecher Guido Baulig zusammen.

Auch wenn man dem originären Ansinnen nicht gerecht werden könne, so könne nun doch ein Weg aufgezeigt werden im Hinblick aus Schulschwimmen, heißt es von CDU-Sprecher Joachim Rünz.
Für die SPD zeichnet sich vage ein gemeinsamer Weg ab, de facto könnte dies eine Verabschiedung vom alten Bad sein, weil kein Interesse am alten Konzept besteht, aber man habe „eine Verantwortung für die Wirklichkeit, nicht nur Wünsche, die wir haben“, sagt Sprecher Jan Badinsky.

Eines möchte Harner daraufhin betonen: „Wir gehen in ein Ausschreibungsverfahren, das offen ist.“ Es könnte sich auch jemand bewerben, der wieder in Richtung Spaßbad gehen will. „Wir gehen nun ins Rennen mit diesen neuen Punkten und schauen, was an Angeboten kommt.“ Der Beschluss zu den neuen Rahmenbedingungen wurde einstimmig angenommen.
Stadtchef Gerd Harner am Morgen nach der Sitzung
Im Rat wirkte Stadtchef Gerd Harner gefasst, ob der Eindruck stimmt, will unsere Zeitung am nächsten Morgen erfahren: „Ich bin immer optimistisch und gefasst, dass es Lösungen gibt und weitergeht“, sagt er, entscheidend sei, eine gute Lösung hinzukriegen.
Durch ein Gutachten waren Fakten „ein stückweit klar“: Ein Renovierungsrückstau sei miteinzurechnen, zudem die Ertragssituation, die bei einem Bad nicht gerade günstig sei. 30 Millionen müssten investiert werden, da sei der Preis von 1 Euro relativ. Als Richtungsänderung sieht Harner den Beschluss nicht: „Das Bad an einen Investor zu geben, war von Anfang an da, nun unter anderen Rahmenbedinungen.“
Drei Interessenten habe es gegeben, auch aus der Region. Nun gehe man bei einer EU-weiten Ausschreibung davon aus, dass weitere dazukommen. Harner sieht optimistisch in die Zukunft, den Bürgern „wieder ein Schwimmbad zur Verfügung stellen zu können“. Es sei nun ein Rahmen gegeben: „Wie es sich entwickelt, wird die Zukunft zeigen.“