Eigentlich war sie beschlossene Sache: Doch nun ist die Zwischenöffnung des Spaßbades Tauris vermutlich vom Tisch. Am Donnerstagabend wird der Stadtrat von Mülheim-Kärlich eine Sitzungsvorlage mit ernüchterndem Inhalt beraten. Demnach sollen die Beschlüsse aus dem vergangenen Jahr zu dem sogenannten Interimsbetrieb aufgehoben werden. Das heißt im Klartext: Keine Teilertüchtigung, vorerst kein neuer Betreibervertrag und in der Folge keine vorübergehende Öffnung von Sauna und Bad im Frühjahr oder Sommer dieses Jahres.
Erst nach der großen Generalsanierung wird das Tauris demnach seine Pforten wieder öffnen können. Nötig ist diese wegen zahlreicher Reparaturen und technischer Updates, unter anderem soll die Energieversorgung modernisiert werden. Stand jetzt beginnt die Generalsanierung des aktuell geschlossenen Bades Anfang 2024, sie wird rund anderthalb Jahre dauern. Wieder öffnen würde das Tauris demnach frühstens im zweiten Quartal 2025. Ab diesem Sommer soll das Freizeitbad hingegen zunächst stillgelegt werden.
Vorgaben vom Land
Auf Nachfrage unserer Zeitung begründet der Mülheim-Kärlicher Bürgermeister Gerd Harner (Freie Wähler) den geplanten Rückzug bei der Interimsöffnung damit, dass der Haushalt der Stadt noch nicht freigegeben ist, was auch die Mittel für die Interimssanierung einschließt. Es funkte nämlich mittlerweile eine landespolitische Großwetterlage dazwischen. Die Lage ist komplex, sie stellt sich ungefähr wie folgt dar: Mülheim-Kärlich ist finanziell nicht schlecht aufgestellt – dennoch ist der Haushalt 2023 nicht ausgeglichen, die Kommunalaufsicht des Landkreises hat ihn noch nicht freigegeben. Das verwundert im ersten Moment, denn Mülheim-Kärlich nimmt massig Gewerbesteuern ein. Aber: Mehr als zwei Drittel ihrer Einnahmen gibt die Stadt über Umlagen wieder ab, unterm Strich steht ein Minus.
Eigentlich hätte das Tauris spätestens im Sommer zumindest zwischenzeitlich wieder öffnen sollen. Doch nun hat der Stadtrat von Mülheim-Kärlich diese "Interimsöffnung" abgesagt, das Bad bleibt wohl noch auf Jahre hinaus geschlossen.Frust ums Tauris: Freizeitbad in Mülheim-Kärlich wird stillgelegt, Bürgermeister wendet sich an Mitarbeiter
Das Land wiederum führt die Zügel in Sachen Haushaltsfreigabe mittlerweile enger, fordert von den Städten und Gemeinden, eigene Einnahmequellen und Sparpotenziale auszuloten, um die Haushalte auszugleichen. Und: Da der Betrieb des Freizeitbades eine freiwillige Leistung der Stadt ist, steht nun die Frage im Raum, ob Mülheim-Kärlich sich die Interimsöffnung leisten darf. Die Betonung liegt hier auf „darf“. Finanzieren könnte die Stadt die rund 330 000 Euro für die Interimssanierung problemlos.
Martin Gasteyer, Pressesprecher des Landkreises Mayen-Koblenz, zu dem die Kommunalaufsicht gehört, bestätigt, dass der Haushalt Mülheim-Kärlichs noch nicht freigegeben wurde. Es seien Nachfragen dazu an die Stadt ergangen, mittlerweile gebe es auch eine Stellungnahme aus dem Mülheim-Kärlicher Rathaus. „Das ist ein normaler Vorgang“, betont der Sprecher. „Es bedeutet noch keine Ablehnung.“
Eine neue Lage
In Mülheim-Kärlich tritt die Kommunalpolitik nun dennoch auf die Bremse, zumal wegen des noch nicht genehmigten Haushaltes auch die wichtigen Arbeiten an den Filteranlagen noch nicht vergeben werden konnten – und somit die Interimsöffnung immer weiter nach hinten rutschen würde, selbst wenn sie noch stattfände. Der Freie-Wähler-Fraktionsvorsitzende Guido Baulig sagt, er könne zwar nur für sich sprechen und nicht das Abstimmungsverhalten der übrigen Fraktionsmitglieder vorwegnehmen. „Aber wir haben als Freie Wähler immer gesagt, dass wir die Sachlage beim Tauris je nach Kenntnisstand neu bewerten müssen.“ Und nun habe sich eine Lage ergeben, wirtschaftlich und beim Haushalt, die eine solche Neubewertung nötig mache.
„Wir werden dem Vorschlag, die Interimsöffnung nicht durchzuführen, zustimmen“, sagt wiederum der CDU-Fraktionsvorsitzende Joachim Rünz. Das verwundert nicht, die Christdemokraten waren von vorneherein gegen die Interimsöffnung und sehen auch die Generalsanierung und den Weiterbetrieb des Tauris kritisch, unter anderem mit Blick auf steigende Unterhaltskosten. Joachim Rünz kündigt indes an, es gehe jetzt nicht um vergangene Debatten, sondern darum, konstruktiv über die neue Lage zu sprechen. Wie Baulig sagt auch Achim Bermel, Vorsitzender der SPD im Stadtrat, er könne das Abstimmungsverhalten der einzelnen Fraktionsmitglieder nicht vorhersehen.
Er selbst spricht sich aber dafür aus, dem Vorschlag der Verwaltung zu folgen und den Interimsbetrieb zu streichen. „Die Interimsöffnung war eine gute Idee, aber mit Blick auf den Haushalt – und auch die Situation bei den Energiekosten – ist das finanziell kaum mehr abbildbar“, sagt Bermel. Die Fraktion der Grünen wollte auf Nachfrage keine Stellungnahme abgeben und erst einmal die Sitzung am Donnerstag abwarten.
Offene Fragen
Im Gespräch lassen verschiedene Stadträte immer wieder eines durchblicken: Aufgrund der neuen Lage ist auch über das nun wahrscheinliche „Doch nicht“ zur Interimssanierung hinaus Einiges zu klären. Wer kümmert sich beispielsweise um Gebäudeerhaltsmaßnahmen, die trotz oder gerade wegen der Stilllegung nötig würden? Hat die Diskussion um den städtischen Haushalt eventuell Auswirkungen auf andere Projekte und Pläne in Mülheim-Kärlich?
Und vor allem: Was passiert mit den Tauris-Angestellten? Sie sind bei der Aquapark Management GmbH beschäftigt, die noch bis Ende Juni das Tauris im Auftrag der Stadt betreibt, doch die Kommune schaut hier nicht weg. Über die Zukunft der Mitarbeitenden wird man sich ergo noch austauschen wollen und müssen, falls das Tauris nun wirklich für zweieinhalb Jahre definitiv dichtmacht.
Die Interimsöffnung des Tauris ist beschlossene Sache. Dennoch: Die Kritik an der Übergangsöffnung des Spaßbades ebbt nicht ab, auch ist die Situation ständig im Fluss. Die Verbandsgemeinde sowie der Mülheim-Kärlicher Bürgermeister Gerd Harner und seine Beigeordneten liefern daher regelmäßige ...Spaßbad Tauris in Mülheim-Kärlich: Vertragsdebatten und ein geheimnisvolles Gutachten
Und dann ist da natürlich noch die große Generalsanierung, die immer näher rückt. Auch hier gibt es noch Justierungsbedarf. Nach harten kommunalpolitischen Debatten hatten die Fraktionen in Mülheim-Kärlich im Herbst beschlossen, die explodierenden Sanierungskosten einzuhegen und bei 17,2 Millionen Euro zu deckeln, nachdem Kostenschätzungen zwischendurch bei rund 23 Millionen Euro lagen.
Bei der Generalsanierung ist deswegen noch abzuspecken, nicht mehr alle ursprünglichen Wünsche (im Raum stehen etwa eine zusätzliche Rutsche und ein Extraeingang für Saunagänger) werden sich erfüllen lassen. Zumal die wegfallende Interimsöffnung Auswirkungen auf die Generalsanierung hätte. Ein Teil der Arbeiten für die Übergangssanierung hätte nämlich auf diese bereits eingezahlt.