Anton Bruckner, dessen 200. Geburtstag die Musikwelt in diesem Jahr feiert, hat neben seinen Sinfonien auch kirchenmusikalische Werke geschaffen, die zu den Höhepunkten der geistlichen Musik des 19. Jahrhunderts zählen. In seinem ersten Konzert der neuen Saison der Anrechtskonzerte widmet sich der Chor des Musikinstituts der d-Moll-Messe (Messe Nr. 1 in d-Moll, WAB 26) und dem „Te Deum“ (WAB 45), die beide exemplarisch für Bruckners Fähigkeit stehen, traditionelle kirchenmusikalische Formen mit seiner einzigartigen harmonischen Sprache und orchestralen Pracht zu verbinden. Die beiden Werke aus unterschiedlichen Schaffensphasen spiegeln Bruckners tiefe Religiosität und seinen Glauben an die transzendente Kraft der Musik wider.
Wendepunkt d-Moll-Messe
Die 1864 uraufgeführte d-Moll-Messe ist die erste von drei großen Messekompositionen, die Bruckner mit Werknummern versah. Sie gilt als Meilenstein und Wendepunkt in Bruckners Schaffen und markiert den Übergang von den früheren, eher konventionellen Messen zu den symphonischeren und dramatischeren späteren Werken. Die d-Moll-Messe ist ein eindrucksvolles Beispiel für Bruckners Auseinandersetzung mit der Wiener Klassik und der Frühromantik. Sie zeigt Einflüsse von Ludwig van Beethoven und Franz Schubert, bleibt aber gleichzeitig tief in der liturgischen Tradition verwurzelt.
Der umfangreiche „Credo“-Satz ist einmal sehr treffend als „musikalisches Kolossalgemälde“ bezeichnet worden: Zumindest erreicht er in seinen Dimensionen und seiner thematischen Verarbeitung beinahe schon sinfonische Ausmaße. Und nachdem Bruckners d-Moll-Messe in Aufführungsstatistiken lange Zeit hinter seiner f-Moll-Messe und der e-Moll-Messe zurückstehen musste, ist sie in jüngster Zeit wieder häufiger im Konzert zu erleben. Kein Wunder: Während die beiden späteren Messen auf den ersten Blick effektvoller erscheinen mögen, lohnt die d-Moll-Messe das Hinhören, um in den Kontrasten zwischen demütiger Bitte und triumphaler Klangsteigerung, dem Nebeneinander von Hell und Dunkel, vom Knüpfen kontrapunktischen Flechtwerks bis zu sinfonischer Erhabenheit Großes zu erleben.
Erhobene Atmosphäre prägt den Verlauf des Werkes
So steht die d-Moll-Messe, die unter dem Eindruck des Besuchs einer Vorstellung von Richard Wagners „Tannhäuser“ entstand, am Beginn von Bruckners Reifezeit. Einen Höhepunkt seines Schaffens hingegen markiert das Werk, das er – nachdem es ihm nicht gelungen war, seine neunte Sinfonie zu vollenden – anstelle eines letzten Satzes dieses Schwanengesangs gespielt wissen wollte: Sein „Te Deum“ komponierte Anton Bruckner 1881 und 1884, also zu einer Zeit, in der der Komponist an seinen letzten großen Sinfonien arbeitete, insbesondere an der siebten Sinfonie, die seine internationale Anerkennung festigen sollte. Das „Te Deum“ wird oft als Pendant zu diesen sinfonischen Meisterwerken betrachtet, da es viele der gleichen stilistischen Merkmale und Ausdrucksmittel teilt.
Das gute zwanzig Minuten Aufführungszeit umfassende Werk zeichnet sich durch seine monumentale Struktur und die Kombination von feierlicher Pracht und inniger Frömmigkeit aus. Es besteht aus fünf Abschnitten, die die liturgische Vorlage des „Te Deum laudamus“-Lobgesangs vertonen. Kennzeichnend ist das kontrastreich ausgestellte Wechselspiel von Klangmassen und solistischer Intimität. Der majestätische Beginn im C-Dur erinnert an die Eröffnungssätze der großen Sinfonien und schafft eine erhabene Atmosphäre, die den gesamten Verlauf des Werkes prägt.
In großen Spannungsbögen
Harmonisch bewegt sich das „Te Deum“ an der Grenze zwischen traditioneller Tonalität und den für Bruckner typischen chromatischen Verfremdungen, die den Eindruck von Unendlichkeit und Transzendenz vermitteln. Die häufigen Wechsel zwischen Dur und Moll sowie die komplexe Stimmführung im Chor verweisen auf Bruckners sinfonische Technik, in der er thematisches Material entwickelt und über große Spannungsbögen führt.
Die Fugentechnik im abschließenden „In te, Domine, speravi“ („Auf dich, Herr, habe ich gehofft“) stellt einen Höhepunkt des Werkes dar und zeigt Bruckners Meisterschaft in der kontrapunktischen Verarbeitung. Diese Fuge führt das Werk zu einem kulminierenden, triumphalen Abschluss, der sowohl die Größe Gottes als auch die menschliche Demut vor dem Göttlichen widerspiegelt: ein Klangrausch, der den Sängerinnen und Sängern des Chores in den hohen Lagen einiges an Kondition abverlangt.
Mathias Breitschaft springt für Lutz Brenner ein
Und dieser Klangrausch wird beim ersten Chorkonzert der Anrechtssaison von einem Dirigenten geleitet, der eigentlich gerade erst in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet worden war: Mathias Breitschaft hatte zum Ende der vergangenen Saison sein Amt als Chorleiter des Musik-Instituts Koblenz nach zehn ertragreichen Jahren mit einer Aufführung des „Elias“ beendet. Er springt bei diesem Bruckner-Programm für seinen Nachfolger Lutz Brenner ein, der dann die Leitung des Chores des Musik-Instituts rechtzeitig zum zweiten Chorkonzert dieser Saison übernehmen soll.
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