Von unserem Mitarbeiter Reinhard Kallenbach
Es müsste schon ganz dick kommen – etwa wie bei der Katastrophe von 1784, als in Koblenz infolge einer Klimaveränderung nach einem Vulkanausbruch in Island ein Pegelstand von 10,20 Meter gemessen wurde. Selbst wenn dieser Rekord erneut erreicht würde, hätte das Wasserwerk noch Spielraum.
„Regenwasser hat keine Chance, ins Netz zu gelangen“, erklärt Wolfgang Kochhan. Der zuständige Bereichsleiter bei der Energieversorgung Mittelrhein (EVM) verweist auf die Tatsache, dass der Druck in den Rohren, durch die das Trinkwasser gepumpt wird, das Eindringen von Schmutzwasser verhindert. Selbst beim Jahrhunderthochwasser im Dezember 1993, bei dem am Pegel Koblenz 9,49 Meter gemessen worden war, gab es keine Probleme. Erst wenn die Trinkwasserbrunnen auf dem Oberwerth zugelaufen wären, hätte das Wasserwerk seine Arbeit einstellen müssen. Kritisch wird es aber erst bei Pegelständen um die elf Meter, die es im Versorgungsgebiet der Vereinigten Wasserwerke Mittelrhein (VWM), für deren Betriebsführung die EVM verantwortlich ist, noch nie gegeben hat. Und wenn diese Extremsituation einmal wirklich einträfe, hätte die Region ganz andere Sorgen als ein abgestelltes Wasserwerk. Das Ganze wäre dann schlichtweg eine Katastrophe in einer neuen Dimension. „Dann würde das ganze Neuwieder Becken überflutet“, so Wolfgang Kochhan.
Wahrscheinlicher sind Sonderlagen in einzelnen Abschnitten des Trinkwasserversorgungsnetzes. Doch diese werden meistens bewältigt, ohne dass Verbraucher etwas merken. Ein Beispiel ist, wenn infolge einer lang anhaltenden Hitzewelle die Quellen in der Eifel nur noch spärlich fließen. Dann könnte über das leistungsstarke Verbundsystem Wasser in die Gemeinden auf der Höhe gepumpt werden. Beim Extremsommer 2003 hätte es fast so weit kommen können. Aber der Normalfall ist ein anderer: Das Wasser aus der Höhe, das ins Tal fließt, beeinflusst die Grundwasserströme, aus denen wiederum das Trinkwasser entnommen wird – so zum Beispiel auf dem Oberwerth und in Kaltenengers. Diese beiden Werke bilden das Rückgrat des Systems. Dazu kommen weitere kleine Reserve- und Notanlagen, über die mögliche Ausfälle ausgleichbar sind.
In Ausnahmesituationen können darüber hinaus Teilabschnitte gesperrt werden. Solche Situationen sind aber nicht in Sicht – auch wenn sich Starkregenereignisse nicht nur auf die Pegelstände, sondern auch auf den Grundwasserspiegel auswirken können.
Über das System wachen die EVM-Mitarbeiter in der Leitstelle auf dem Oberwerth. Sie bemerken Störungen und beheben sie umgehend. Denn eines muss sowohl in Alltags- als auch in Ausnahmesituationen verhindert werden: dass der Druck in den Leitungen nachlässt. Andernfalls könnte schmutziges Niederschlagswasser eindringen. Dann müssten Säuberungs- und Desinfizierungsmaßnahmen erfolgen. Solche Schritte sind zeitaufwendig und teuer.