Von unserem Mitarbeiter Dieter Junker
Dies entschied das Verwaltungsgericht Koblenz und gab damit der Klage von Hermann Theisen aus Heidelberg recht. Nach Ansicht der Richter stellt das Verbot der Stadt Koblenz einen „gewichtigen Eingriff in die Versammlungsfreiheit“ dar, da durch die Untersagung der Verteilung eines Flugblattes, das einen Aufruf zur Teilnahme an einer Versammlung zum Gegenstand hat, die Möglichkeit zur Verbreitung einer politischen Meinung beschnitten wird.
Die Stadt Koblenz hatte in ihrer Verfügung argumentiert, dass Hermann Theisen in seinem Flugblatt zu einer Straftat aufrufen wolle, da nach Ansicht der Verwaltung eine 24-stündige Vollblockade des Fliegerhorstes Büchel den Tatbestand einer Nötigung erfülle und somit rechtswidrig sei. Dieser Auffassung folgte die Erste Kammer des Koblenzer Verwaltungsgerichtes nicht. In der Urteilsbegründung heißt es, dass die Kammer nicht die Einschätzung der Stadt teile, die Verteilung des Flugblattes hätte zu einer strafbaren Aufforderung, nämlich einer Nötigung, geführt. Vielmehr müsse sich eine solche Aufforderung auf die Begehung einer bestimmten Tat richten.
Sofern aufgrund der konkreten Gestaltung eines schriftlichen Aufrufs nicht einschätzbar ist, ob der Verlauf einer Versammlung zu einer strafbaren Nötigung führen wird, stellt eine solche Verbotsverfügung nach Ansicht der Richter „einen unverhältnismäßigen und damit rechtswidrigen Eingriff in die Meinungs- und Versammlungsfreiheit des Veranstalters einer Versammlung“ dar. Für das Gericht jedenfalls ist das Flugblatt zu unbestimmt abgefasst, um letztlich darüber befinden zu können, ob hiermit zu einer Nötigung aufgerufen werden sollte, die dann strafbar wäre. Beinhalte das Flugblatt aber keine Aufforderung zu einer konkreten rechtswidrigen Straftat, könne nach Ansicht des Verwaltungsgerichts die Stadt dessen Verteilung auf der Kundgebung vor dem Koblenzer Hauptbahnhof nicht verbieten.
Deutliche Worte findet die Kammer in ihrem Urteil aber auch für die weitere Auflage der Stadt, dass bei dieser Kundgebung jeder sonstig gestaltete Aufruf zu einer Vollblockade untersagt wurde. Dies stellt nach Ansicht der Kammer eine „zu weitgehende und damit unangemessene Beschränkung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit“ dar und ist rechtswidrig.
Doch damit ist die juristische Klärung zu diesem Aufruf nicht beendet. Zum einen hat das Urteil noch keine Rechtskraft, zum anderen steht Ende April die mündliche Verhandlung vor dem Amtsgericht Koblenz an, bei dem es um den Inhalt des Aufrufs gehen wird. Denn die Staatsanwaltschaft hatte den Aufruf beschlagnahmen lassen. Das Amtsgericht Koblenz erließ wegen des Aufrufs zu einer rechtswidrigen Tat im August einen Strafbefehl über 600 Euro gegen Hermann Theisen. Er legte dagegen Widerspruch ein, der nun verhandelt werden muss. Das Amtsgericht war dabei zu einer anderen rechtlichen Würdigung des Blockadeaufrufs gekommen als nun die Richter am Koblenzer Verwaltungsgericht.
Mit solch unterschiedlichen juristischen Sichtweisen hat Theisen durchaus Erfahrung. Der Wortlaut des Aufrufs zur Bücheler Blockade entspricht weitgehend dem Aufruf von 1986 zu einer Blockade des damaligen Atomwaffen-Stationierungsgeländes Hasselbach im Hunsrück. Auch dort wurde Theisen zunächst verurteilt, später dann aber aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichtes freigesprochen. So wiederholt sich Geschichte.