Jan Badinsky sagt, es gehe um mehrere Dinge: „Um Lebensqualität, CO2-Reduktion, Nachtruhe“. Der junge Sozialdemokrat spricht von Kindern, die sicherer entlang der Straßen laufen sollen. Er spricht von „deutlich weniger Schadstoffen“ und davon, dass die Menschen in Mülheim-Kärlich besser ruhen sollen. In manchen Ecken, in denen Tempo 50 gelte, führe das eher zu realen Geschwindigkeiten von „60, 70 km/h“. Die heulenden Motoren störten nicht zuletzt nachts so Manchen beim Schlafen, sagt Jan Badinsky.
Immer wieder seien Bürgerinnen und Bürger an ihn und die SPD Mülheim-Kärlich herangetreten. Ihre Frage: Warum an manchen Stellen in der Stadt Tempo 30 gelte, und andernorts nicht? „In vielerlei Hinsicht würde eine generelle Reduktion Sinn ergeben“, sagt auch SPD-Fraktionschef Achim Bermel. In überraschend vielen Städten gebe es Ähnliches schon, hat er beobachtet.
Tempo 30 fast überall
Der 26-Jährige Jan Badinsky ist kein Stadtrat, aber doch immerhin Mitglied im Ausschuss für Verkehr und Umwelt, und: Verwaltungsstudent. Er hat für die SPD Mülheim-Kärlich einen Antrag formuliert, der demnächst in den Gremien diskutiert werden soll. Der Antrag zielt darauf ab, in allen innerörtlichen Gemeindestraßen, die „überwiegend an Wohngebäude grenzen“ und die nicht ohnehin verkehrsberuhigt sind, Tempo-30-Zonen auszuweisen. Kurz gesagt: In einem Großteil von Mülheim, Kärlich, Urmitz-Bahnhof und zumindest in den Wohnarealen von Depot solle künftig grundsätzlich Tempo 30 gelten.
Ausgenommen würden die Straßen des Gewerbeparks. Auch hat die Stadt keinen direkten Einfluss auf Kreis- und Landesstraßen. Hier lassen die Sozialdemokraten durchblicken, dass sie darauf hoffen, man könne mit den übergeordneten Behörden – dem Landkreis und dem Landesbetrieb Mobilität – ins Gespräch kommen.
In einigen Straßen in Mülheim-Kärlich gilt bereits Tempo 30. Bereits umgesetzt wurden die Geschwindigkeitsreduzierungen bereits aus Lärmschutzgründen und aus Sicherheitsgründen vor allem vor Kindergärten, Schulen, Pflegeheimen. Seit einer Weile gilt zum Beispiel Tempo 30 in Teilen von Koblenzer Straße, der Bassenheimer Straße, der Ringstraße.
Klar ist dabei allerdings: Selbst für die Gemeindestraßen kann der Stadtrat in Mülheim-Kärlich nicht allein entscheiden. Auch die untere Verkehrsbehörde, Teil der Verbandsgemeindeverwaltung Weißenthurm, muss den Weg mitgehen. Unterm Strich gilt generell in Deutschland Tempo 50. Eine Reduzierung auf Tempo 30 sei nur dort möglich, wo „dies aufgrund der besonderen Verhältnisse zwingend erforderlich ist“, sagt VG-Sprecherin Katharina Demleitner.
Der Bedürfnisse des Wirtschaftsverkehrs und des Öffentlichen Personennahverkehrs sei Rechnung zu tragen. Die Sprecherin führt aus: „Zonen-Geschwindigkeitsbeschränkungen kommen nur dort in Betracht, wo der Durchgangsverkehr von geringer Bedeutung ist, sie dienen vorrangig dem Schutz der Wohnbevölkerung sowie der Fußgänger und Fahrradfahrer.“
Unter diesen rechtlichen Aspekten gebe es aus Behördensicht in Mülheim-Kärlich keine weiteren Straßen, für die sich Tempo-30 anbietet. Auch der Mülheim-Kärlicher Stadtbürgermeister Gerd Harner (Freie Wähler) spricht von einer Interessensabwägung, die vorzunehmen und mit den Behörden zu besprechen sei. Grundsätzlich steht er dem Thema offen gegenüber, zumal in Mülheim-Kärlich ja auch bereits Einiges passiert sei. „Wir werden die Diskussion mit in die Gremien nehmen“, sagt Harner.
Viel Unterstützung
Insgesamt steht die Kommunalpolitik in Mülheim-Kärlich hinter weiteren Tempo-Reduzierungen. Der Antrag der SPD dürfte auf viel Wohlwollen in den anderen Fraktionen treffen. So sagt Joachim Rünz, Fraktionsvorsitzender der CDU, er begrüße den Antrag im Grundsatz. „Wir haben bereits verschiedene Regelungen – vielleicht könnte allgemeines Tempo 30 sogar dabei helfen, den Flickenteppich zu ordnen und den Schilderwald zu reduzieren.“
Auch Guido Baulig, Fraktionschef der Freien Wähler, sagt, man sehe Gesprächen über den SPD-Antrag positiv entgegen. „Natürlich gibt es klassifizierte Straßen, auf die wir keinen Einfluss haben, aber wir sind sehr gesprächsbereit.“ Sabine Granzow, Grüne Fraktionssprecherin, sagt: „Wir finden den Vorschlag der SPD gut.“ Sie gibt aber zu bedenken: In der Vergangenheit seien Tempo-30-Bereiche hart erkämpft worden. Ob sich weitere Zonen mit Blick auf die Verkehrsbehörden umsetzen ließen, bleibe daher abzuwarten. „Aber wir setzen uns gerne mit der SPD und den anderen Fraktionen ein.“