Koblenzer Stadtrat diskutiert Antrag von Die Linke-Partei - Teils hitzige Debatte
Soll Schwarzfahren keine Straftat mehr sein? Hitzige Debatte im Koblenzer Stadtrat
Fahrkartenkontrolle im ÖPNV
In Koblenz müssen Schwarzfahrer, wenn sie erwischt werden, 60 Euro Strafe zahlen. Foto: picture alliance/dpa/Daniel Karmann
Daniel Karmann. picture alliance/dpa

Das Schwarzfahren in Bussen und Bahnen zu entkriminalisieren, ist keine neue Idee. Doch als es dazu in der jüngsten Sitzung des Koblenzer Stadtrats vonseiten der Fraktion Die Linke-Partei einen konkreten Vorstoß gab, löste das emotionale Redebeiträge aus.

Lesezeit 3 Minuten

Die Straftat Schwarzfahren Straftat auf eine Ordnungswidrigkeit herabstufen: Auf Bundesebene und in anderen Städten gibt es die Debatte schon länger. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat vor knapp einem Jahr eine entsprechende Gesetzesreform vorgestellt, um vor allem die Gerichte zu entlasten. Doch er kommt mit seinem Vorhaben nicht voran, Kritik gibt es von mehreren Seiten. Verkehrsunternehmen befürchten, dass die abschreckende Wirkung verloren ginge und die Zahl der Schwarzfahrer steigen könne.

Andere fordern, die Straftat ersatzlos zu streichen, da auch das Bußgeld eingetrieben werden müsse und die Arbeit von der Justiz auf die Kommunen abgewälzt würde. Derzeit können Verkehrsbetriebe auf eine Anzeige gegen Schwarzfahrer verzichten, wie es etwa in Köln, Düsseldorf, Berlin und Mainz schon gehandhabt wird.

Die Kriminalisierung von Fahren ohne gültigen Fahrschein betrifft Menschen mit geringem Einkommen ganz besonders.

Oliver Antpöhler-Zwiernik (Die Linke-Partei)

Oliver Antpöhler-Zwiernik, Fraktionschef von Die Linke-Partei, begründete den Antrag so: „Die Kriminalisierung von Fahren ohne gültigen Fahrschein betrifft Menschen mit geringem Einkommen ganz besonders. Vielfach sind es gerade Armut und eine schwierige Lebenssituation, die zu einer Fahrt oder zu wiederholten Fahrten ohne gültigen Fahrschein führen.“ Könnten sie die Strafzahlung in Höhe von 60 Euro nicht leisten, drohe ihnen bei einer Verurteilung eine Ersatzfreiheitsstrafe.

Laut dem Linken-Fraktionschef ist Fahren ohne gültigen Fahrschein in Deutschland der häufigste Grund für die Verhängung einer solchen Gefängnisstrafe, jedes Jahr seien bis zu 10.000 Bürger betroffen. Die Haft führe oft zu einer Verschlimmerung einer ohnehin prekären Situation. Es drohten Berufs- und Wohnungsverlust. Er verwies auf ein Gutachten des Deutschen Richterbunds, der die „Unverhältnismäßigkeit der aktuellen Praxis“ kritisiere, und eine Reform fordere. Ferner werde das Finanzierungsproblem des ÖPNV durch eine Bestrafung von Menschen, die kein Geld für einen Fahrschein haben, nicht gelöst.

OB Langner: “Schwarzfahrer landen nicht im Gefängnis„

Oberbürgermeister David Langner (SPD) sagte: „Wir müssen uns an Recht und Gesetz halten, vieles aus Ihrem Antrag gehört auf andere Ebenen.“ Durch das Schwarzfahren entstünden bundesweit jedes Jahr Einnahmenverluste in Höhe von mehreren Millionen Euro. Bei den Koblenzer Verkehrsbetrieben würden Strafverfahren meist nur gegen Wiederholungstäter eingeleitet sowie nach Absprache mit der Polizei. Andere Fälle würden meist eingestellt. Langner stellte klar: „Schwarzfahrer landen nicht im Gefängnis. Am erhöhten Beförderungsentgelt von 60 Euro sollten wir festhalten.“

Auch Grünen-Fraktionschefin Kim Theisen meinte: „Aus gutem Grund verzichten immer mehr Städte auf eine Anzeige, Schwarzfahren gehört nicht ins Strafgesetzbuch.“ Die Kriminalisierung betreffe besonders Menschen in Armut, weil sie sich einen Fahrschein nicht leisten könnten.

CDU-Mitglied spricht von “Blankoscheck"

Scharfer Widerspruch kam von Philip Rünz (CDU): „Der Antrag ist ein gutes Beispiel dafür, dass die Linken nicht wissen, worum es geht.“ Der Antrag sei ein „Blankoscheck für Schwarzfahrer in einer Zeit, in der das Gerechtigkeitsempfinden bei vielen Menschen auf einem so geringen Niveau ist“.

AfD-Fraktionschef Joachim Paul sagte: „Die Stadt hat klar erklärt, dass sie eine milde Linie fährt und nur bei Wiederholungstätern und renitenten Leuten tätig wird.“ Christian Altmaier (Freie Wähler) sagte: „Wir belohnen die, die sich ordentlich und richtig verhalten. Wir müssen uns eher schützend vor Kontrolleure und Busfahrer stellen.“ FDP-Fraktionschef Christoph Schöll meinte: „Im Moment ist es ein Straftatbestand. Wenn es vom Gesetzgeber geändert wird, können wir uns nochmal darüber unterhalten. Aber so ist der Antrag eine Förderung für notorisches Schwarzfahren.“ Die große Mehrheit des Rats lehnte den Antrag ab – bei 15 Ja-Stimmen von Grünen und Die Linke-Partei.

Top-News aus der Region