Tja, wen wähle ich denn nun? In einer aktuellen Studie hat die Statistikstelle der Stadt beleuchtet, wo die Parteien bei den jüngsten Wahlen in Koblenz ihre Hochburgen und Kellerbezirke hatten - und wie die "parteitypischen" Stadtteile aussehen. Foto: Christoph Bröder
Von unserem Redaktionsleiter Ingo Schneider
Wie haben die Stadtteile zuletzt ihre Stimmen abgegeben, wo waren CDU, SPD und Co. stark – und wo haben sie ihre Debakel erlebt? Im Vorfeld der Wahl am kommenden Sonntag hat die Stadt einen Bericht vorgelegt, der Hochburgen und Kellerbezirke von Union, Genossen, Grünen, FDP und Der Linken beleuchtet. Und der zeigt, wie sich die Bevölkerung in den entsprechenden Stadtteilen zusammensetzt. In die Betrachtung kamen die Bundestagswahlen 2009 und 2013, die Europawahl 2014 und die Landtagswahl 2011. Ausgenommen wurde die jüngste Kommunalwahl, da diese doch „deutlich stärker personenbezogen“ sei. Das Ergebnis:
Der „typische“ CDU-Stadtteil hat wenig Erst- oder Jungwähler, dafür sind Wähler im Rentenalter deutlich überrepräsentiert. Die Menschen leben überwiegend schon lange dort – und sind überdurchschnittlich oft Katholiken (fast 60 Prozent). Singlehaushalte sind selten, machen ein Viertel aus, Familien mit Kindern sind dagegen vergleichsweise stark vertreten. Ausländische Wurzeln haben deutlich weniger als im Koblenz-Schnitt. Ihre Hochburgen hat die CDU im Westen der Stadt, in Metternich, Rübenach und Bubenheim.
Der „typische“ SPD-Stadtteil spiegelt in demografischer Hinsicht das Gesamtbild der Stadt. Bei der Wohndauer der Menschen in Koblenz oder der Religionszugehörigkeit gibt es kaum Auffälligkeiten, kaum gravierende Abweichungen vom Schnitt. Ein wenig mehr Menschen leben dort, die weder katholisch noch evangelisch sind, ein wenig mehr leben in Single-Haushalten. Und: „Der Anteil der Wahlberechtigten mit ausländischen Wurzeln liegt mit 27,8 Prozent weit über dem Koblenzer Referenzwert.“ Ihre stärksten Wahlbezirke hat die SPD in Lützel, Neuendorf und Wallersheim, aber auch in der Goldgrube und im Rauental.
Der „typische“ Grünen-Stadtteil ist eindeutig jünger, bezogen auf das Alter seiner Einwohner. Fast ein Viertel seiner Einwohner lebt erst seit höchstens zwei Jahren dort. Und: Fast die Hälfte lebt in Single-Haushalten – in der Stadt insgesamt ist es nur jeder Dritte. Die Hochburgen der Grünen konzentrieren sich stark auf die Stadtteile Altstadt, Mitte und Süd.
Der „typische“ FDP-Stadtteil weist große Ähnlichkeit zu den CDU-Hochburgen auf – was Altersstruktur und Migrantenanteil angeht. Es leben aber mehr Menschen in Single-Haushalten. Und: Die FDP-Hochburgen sind deutlich weniger katholisch als die Unions-Bastionen. Fast ein Viertel ist evangelisch – mehr als in den Hochburgen der anderen Parteien. Ihre besten Wahlergebnisse lagen recht verstreut im Stadtgebiet: von der Innenstadt über Arenberg und Pfaffendorf bis zur Karthause.
Der „typische“ Linken-Stadtteil hat einen Wähleranteil mit Migrationshintergrund von fast 25 Prozent – eine Parallele zur SPD. Die Altersstruktur ist am ehesten vergleichbar mit der in den Grünen-Hochburgen. Und es gibt weitere Ähnlichkeiten. Verhältnismäßig viele wohnen höchstens zwei Jahre in ihrem Stadtteil, verhältnismäßig viele sind weder katholisch noch evangelisch. Hochburgen der Linken waren Lützel und Neuendorf, aber auch Stimmbezirke in Ehrenbreistein, Niederberg oder in Süd.
Ob der Urnengang am Sonntag diese Ergebnisse bestätigen wird, bleibt abzuwarten. Klar ist aber bereits jetzt, dass sich die Wählerschaft in Koblenz seit 2011 ganz erheblich verändert hat. Zunächst gibt es in diesem Jahr 3 Prozent mehr Wahlberechtigte. Heißt in absoluten Zahlen: 2700 Wähler mehr, bedingt durch den Anstieg der Bevölkerungszahlen und die Welle der Ummeldungen nach Einführung der Zweitwohnsitzsteuer. Und die Zusammensetzung der Wähler hat sich seit der Wahl 2011 auch deutlich verändert. Der Anteil von Wahlberechtigten in Single-Haushalten ist drastisch gestiegen – um fast 14 Prozent. Dagegen gibt es fast 5 Prozent weniger, die in Familien mit Kindern leben. Die Zahl der Wähler katholischen Glaubens ist zurückgegangen (-3,6 Prozent), die evangelischen Glaubens nahezu gleich geblieben. Die Gruppe der Wahlberechtigten mit einer anderen oder mit keiner Religionszugehörigkeit ist dagegen um fast ein Viertel gestiegen. Und: Zwei Altersgruppen sind deutlich stärker vertreten, als noch vor fünf Jahren: Die potenziellen Erst- und Jungwähler (18 bis 24 Jahre), von denen es fast 19 Prozent mehr gibt, sowie die Menschen jenseits der 75, deren Anteil um gut 15 Prozent angestiegen ist.