Bundestagswahl 2025
So läuft der Wahltag in Koblenz und der Region
In der Sporthalle Oberwerth werden die Briefwahlstimmen ausgezählt.
Doris Schneider

Sonntag, Sonnenschein, Bundestagswahl: In Koblenz und der Region zeichnet sich eine hohe Wahlbeteiligung ab. So haben unsere Reporter den Tag in den Städten und Gemeinden erlebt.

Die Kreuzchen sind gemacht, am Sonntagabend hat das große Zählen in den vielen, vielen Wahllokalen in Koblenz und der Region begonnen. Um 18 Uhr hieß es also für die Wahlhelfer: Zählen, zählen, zählen, für alle anderen: abwarten, abwarten, abwarten. Ein Blick auf den sonnigen Sonntag: Wie ist der Wahltag gelaufen?

8 Uhr: In einigen Wahllokalen wie in Neuendorf ist es schon richtig voll. Dass hier gewählt werden kann, liegt an einem ausgeklügelten System. Denn: Die Krankheitswelle hat auch vor den Wahlhelfern nicht haltgemacht. 94 Menschen haben sich zum Teil kurzfristig krankgemeldet, sagt Philipp Staudt vom Briefwahlbüro der Stadt Koblenz. Zum Glück gab es genug Nachrücker. Noch am Sonntagmorgen haben Staudt und sein Kollege Koblenzer aus dem Bett geworfen. So sind es am Wahlsonntag ganze 1307 Wahlhelfer, die in Koblenz Dienst tun. 1240 waren anfangs als Ziel ausgegeben worden.

Michael Brahane Tesfu lebt seit neun Jahren in Koblenz, ist seit Ende 2023 Deutscher und hat zum ersten Mal an einer Bundestagswahl teilgenommen.
Katrin Steinert

Gut, dass er schon Briefwahl gemacht hatte, denn am Sonntag war auch er krank: Michael Brahane Tesfu, der vor mehr als zehn Jahren aus Eritrea geflüchtet war, durfte erstmals als deutscher Staatsbürger den Bundestag wählen. Er wurde 2023 in Koblenz eingebürgert – als einer von 517 Koblenzern. „Der Wunsch nach einem freien, demokratischen und sozialen Land ist weit verbreitet unter Bürgerinnen und Bürgern vieler Nationen“, sagt Tesfu. Anders in seiner Heimat: Dort herrscht eine Diktatur.

Im Vallendarer Rathaus wählen unter anderem die Schönstätter Marienschwestern, die traditionell zu den frühen Wählerinnen gehören.
Winfried Scholz

8.15 Uhr: Im Rathaus der Verbandsgemeinde Vallendar ist bereits zum Wahlbeginn einiges los. Hier wählen auch die Schönstätter Marienschwestern, die traditionell zu den frühen Wählerinnen gehören.

Wählen mit Glitzer im Gesicht

10 Uhr: Die Stimmung in Stolzenfels ist entspannt. Hier im kleinsten Koblenzer Stimmbezirk (hier gibt es 277 potenzielle Wahlberechtigte, im größten auf der Horchheimer Höhe 1598) sind bis 10 Uhr 27 Wähler gekommen, „Ach, ihr habt Karneval gefeiert“, begrüßt einer der Wahlhelfer ein Ehepaar, der Mann hat noch Glitzer im Gesicht, alle lachen. 115 Stolzenfelser haben Briefwahlunterlagen beantragt, die Wahlbeteiligung könnte also gut werden.

Die Wahlhelfer in Stolzenfels am Vormittag. Dass es nur Männer sind, ist Zufall, sagt Ortsvorsteher Gregor von der Heyden (Mitte).
Doris Schneider

10.30 Uhr: In der Grundschule von Rübenach herrscht ein Kommen und Gehen. Ortsvorsteher und Wahlhelfer Thomas Roos sagt: „Es ist richtig viel los.“ Ein älteres Ehepaar, eigentlich typisch Briefwähler, sucht diesmal das Wahllokal auf. Der über 70-Jährige erklärt: „Diesmal ist es so spannend, man sieht die Kandidaten ständig. Wir wollten es uns bis zum Ende offenhalten, obwohl wir eigentlich eine gefestigte Meinung haben.“ Und? Gewechselt? Lächelnd sagt er: „Nein, wir haben so gewählt wie immer.“

Vielleicht eines der am schönsten gerahmten Stimmbezirksschilder von ganz Koblenz: In Rübenach wird - wie vielerorts - in der Grundschule gewählt.
Katrin Steinert

11.28 Uhr: In den Containern neben der Pestalozzischule in der Goldgrube müssen die wenigsten lange warten, doch kleine Wählerzusammenballungen im Eingangsbereich des Doppel-Wahllokals gibt es zwischendurch. Obwohl in Koblenz bereits vorab Zehntausende Wähler ihre Stimme per Briefwahl abgegeben haben, ist hier in den späten Vormittagsstunden viel los.

Lange Schlangen von Wählerinnen und Wählern waren auch in Mülheim-Kärlich zu beobachten, hier in der St.-Christopherus-Schule in Kärlich.
Winfried Scholz

11.50 Uhr: Lange Schlangen auch in Mülheim-Kärlich zu beobachten. Im Stadtteil Kärlich haben kurz vor Mittag rund 550 von 1500 Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Wahlhelfer Karl Mannheim sagt, es sei „immer wieder schön zu beobachten, wie eingebürgerte Menschen stolz wählen und sich freuen, wie einfach eine Wahl hier ausgeübt werden kann“.

12.30 Uhr: In Güls wählen alle Stimmberechtigten des Stadtteils in der katholischen Begegnungsstätte, es sind richtig viele an diesem Tag. Darunter ist auch Klara Fisseni (19), eine von bundesweit 2,3 Millionen Erstwählern. Die Abiturientin findet es „gruselig“, wie normalisiert die AfD mittlerweile ist, und erwartet die Ergebnisse am Abend mit „gemischten Gefühlen“.

Eine von bundesweit 2,3 Millionen Erstwählern: Die Gülserin Klara Fisseni (19) ist politisch interessiert und besucht den Sozialkundeleistungskurs am Cusanus-Gymnasium. Die Abiturientin findet es erschreckend, wie polarisierend der Wahlkampf war. "Das schadet der Demokratie", sagt sie.
Katrin Steinert

Auch viele junge Familien und Eltern mit erwachsenen Kindern nutzen ihr Wahlrecht. Eine 55-Jährige berichtet, dass ihre Tochter sehr gern dabei gewesen wäre: „Sie wird erst im Juni volljährig und wollte im September zum ersten Mal wählen gehen.“ Dieter Lang (71) hat in den vergangenen zehn Jahren meist per Briefwahl abgestimmt, weil er oft im Urlaub war: „Ich freue mich, hier jetzt Nachbarn und Bekannte zu treffen.“ Bis zur Mittagszeit hat schon etwa die Hälfte aller Berechtigten, die keine Briefwahl beantragt hatten, ihr Kreuz in einer Gülser Wahlkabine gemacht.

12.45 Uhr: Gute Laune herrscht auch in Dieblich – wegen des herrlichen Vorfrühlingswetters und der hohen Wahlbeteiligung. Gegen 13 Uhr haben mehr als 300 von 800 Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. „Rund 1100 der 1900 Wahlberechtigten insgesamt hatten bereits Briefwahl beantragt“, berichtet Wahlvorsteher und Ortsbürgermeister Christoph Jung. Der erfahrene Wahlhelfer hebt hervor: „Es fällt auf, dass bei dieser Wahl viele junge Leute von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen.“

Gute Laune herrschte auch in Dieblich. Nicht nur wegen des herrlichen Vorfrühlingswetters an der Untermosel, sondern auch wegen der hohen Wahlbeteiligung.
Winfried Scholz

13 Uhr: Sonnenbrille raus und ab nach draußen: Auf den Straßen in Koblenz ist viel los, Familien gehen am Rhein spazieren, Freunde schlemmen ein Stück Kuchen in der Altstadt, Paare genießen die warmen Sonnenstrahlen auf ihrer Haut. Unterwegs ist auch ein Ehepaar aus Hannover. „Wir haben schon per Brief gewählt, weil wir an diesem Wochenende unseren Sohn in Koblenz besuchen“, erzählt die Frau. Die Wahl fiel ihr nicht schwer, „ich bin eine von diesen Stammwählerinnen“.

14 Uhr: Die Zählungen beginnen – natürlich nicht die der Stimmzettel. Aber ab jetzt dürfen Briefwahlunterlagen vorbereitet werden, damit es nachher schneller geht. Die Umschläge werden sortiert und gezählt, später geöffnet, der Wahlschein gecheckt und der Wähler in der Liste abgehakt. Und dann wandert der verschlossene Wahlbrief in eine Urne. Ständig bringen noch Bürger ihre Briefwahlunterlagen vorbei.

Die Briefwahlunterlagen dürfen ab 14 Uhr geöffnet werden.
Doris Schneider

Hunderte Helfer sitzen an den großen Tischen in der EPG-Arena. Normalerweise nutzt die Stadt Koblenz die Räume der Rhein-Mosel-Halle, aber da findet zeitgleich eine große Tourismus-Messe statt – als die geplant wurde, wusste von dem Wahltermin 23. Februar noch niemand. Die Halle ist gut geeignet, sagt Roman Neyer vom Briefwahlbüro: Rollstuhlfahrer kommen gut rein, auch die Anlieferung klappt gut.

Bundesweit gab es Probleme mit den Auslandswahlbriefen, die wegen der kurzen Fristen nicht ankamen – in Koblenz ist das nicht schlecht gelaufen, sagt Neyer. „Sicher kamen vereinzelt Briefe nicht an, aber wir haben viel Rücklauf, bis hin zu Panama.“

Frikadellen, Schnitzel, Gemüseburger und Käsebrötchen stehen bereit für die Wahlhelfer.
Doris Schneider

Die Wahlhelfer arbeiten konzentriert – zwischendurch können sie sich stärken. Neben Frikadellen und Schnitzelbrötchen liegen auch Käsebrötchen und Gemüseburger in der Auslage.

14.30 Uhr: Am Koblenzer Zentralplatz, wo deutsche Politprominenz zuletzt Wahlkampf betrieb, ist es ruhig. Zwei junge afrikanische Männer sitzen in der Sonne. Dass Deutschland heute wählt, finden sie interessant. Fragend schaut einer in den Himmel: „Why do you vote on Sunday?“

15.15 Uhr: Vor dem Koblenzer Hauptbahnhof wartet ein Taxifahrer auf seinen nächsten Fahrgast. Er hat schon lange per Brief gewählt. Nach seiner Schicht will er am Abend die Hochrechnungen im Fernsehen verfolgen, „ich bin politisch interessiert“. Das Wählen fiel ihm dieses Mal schwer. Was Deutschland braucht? „Mal wieder Politiker, die ehrlich und authentisch sind.“ Gestandene Persönlichkeiten wie Helmut Kohl suche man heute leider vergebens, meint er.

18 Uhr: Es wird ernst. Die Wahllokale sind geschlossen, die Urnen ausgekippt, die Wahlzettel werden sortiert und gezählt. Diesmal könnte es länger dauern als sonst, bis definitiv feststeht, wer in den Bundestag einzieht. Denn nach dem geänderten Wahlrecht ist es nicht mehr automatisch so, dass jeder, der den Wahlkreis mit der Erststimme gewonnen hat, auf jeden Fall in den Bundestag einzieht. Künftig bekommen die Parteien nur noch so viele Sitze, wie sie durch die Zweitstimme errungen haben. Wenn dies weniger Sitze sind, als Direktkandidaten gewählt wurden, ziehen die Kandidaten mit den niedrigeren Wahlergebnissen trotz Wahlkreisgewinn nicht in den Bundestag ein.

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