Auf dem Koblenzer Wochenmarkt in der Schlossstraße ist der Signalton gut zu hören, doch von der Durchsage bis auf die Worte „Achtung, Achtung“ nichts zu verstehen. Dass Sirenen in Koblenz derzeit wieder flächendeckend aufgebaut werden, finden bei einer kleinen Umfrage aber alle gut: „Es erinnert an schlimme Zeiten“, sagt ein Ehepaar aus Rhens, 85 und 87 Jahre alt. „Aber wenn man denn alarmiert werden müsste, dann ist es ja gut, dass es die Sirenen gibt“, sagt der Mann und nennt die Flutkatastrophe im Ahrtal als ein mahnendes Beispiel.
Sirenen nicht planmäßig funktioniert
Ebenso sieht es die Koblenzerin Jakobine Mezoudj: „Wenn wirklich etwas wäre, ist es doch wichtig, dass alle gewarnt werden“, sagt die 88-Jährige, „damit man sich in Sicherheit bringen kann.“ Als bedrohlich erleben die Szenerie nicht nur die Älteren: Auch ein Vater, der mit seinen beiden Kindern auf dem Markt einkaufen geht, ist zusammengezuckt, erzählt er, vor allem aber wegen des Handys in der Jackentasche, „das ist ja schier ausgerastet. Da denkt man schon, ist der Krieg jetzt bei uns angekommen?“
Stadt bittet um Rückmeldungen
Um das Sirenennetz in Koblenz weiter zu verbessern, ist die Stadtverwaltung Koblenz nun auf Rückmeldungen zum jüngsten Probealarm angewiesen. Diese können per E-Mail gegeben werden. Benötigt werden Angaben dazu, wo man sich zum Zeitpunkt des Probealarms aufgehalten hat und welche persönliche Wahrnehmung man gemacht hat.
Nach ersten Erkenntnissen der Stadtverwaltung Koblenz haben drei Sirenen während des Probealarms nicht planmäßig funktioniert, zieht die Stadt am Mittag Bilanz. „Die Sirenen am Sportplatz Immendorf sowie auf dem Dach der Feuerwache 2 in Niederberg haben aufgrund eines technischen Defekts nicht ausgelöst.“ Auf dem Asterstein sei der Alarm nach wenigen Sekunden abgebrochen, während die Lautsprecherdurchsage zu hören war.
Sirenen, um die Bevölkerung zu warnen, sind nicht erst seit der Flutkatastrophe im Ahrtal in vielen Kommunen wieder im Gespräch. Die Stadt Koblenz hat früh beschlossen, flächendeckend wieder Sirenen aufzubauen.Nicht in allen Koblenzer Stadtteilen stehen schon Anlagen: Beim Warntag werden 26 Sirenen heulen
In Lützel scheint man nicht überrascht zu sein
„Hier müssen wir nun klären, warum es jeweils dazu kam. Zudem müssen wir bei der Verständlichkeit der Sprachdurchsagen, bei denen wir dieses Mal auf eine weibliche Stimme gesetzt haben, nachsteuern“, zieht Olaf Becker, beim Amt für Brand- und Katastrophenschutz für den Ausbau des Sirenennetzes zuständig, ein erstes Fazit des Probealarms. 46 Sirenen sollen bis Ende März die Stadt flächendeckend beschallen, die Kosten betragen rund 850.000 Euro. Derzeit stehen aufgrund von Lieferengpässen erst 26 Sirenen, die restlichen 20 sollen bis März folgen.
Schrill, laut, nicht zu übersehen und erst recht nicht zu überhören: Der Probealarm, der am Donnerstagvormittag zumeist pünktlich um 11 Uhr auf vielen Handys aufblinkte, beschleunigte manchen Puls zumindest kurzfristig.Nur 23 Sirenen funktionieren in Koblenz: So lief der bundesweite Warntag in der Region
In Pfaffendorf ist am Donnerstag selbst neben der Grundschule, auf der die Sirene platziert ist, die Durchsage kaum zu verstehen, sagt ein etwa 30-Jähriger, der eine Gefahrenlage für Koblenz ohnehin für weniger wahrscheinlich im Vergleich zu anderen Regionen hält. Ein älterer Mann bemängelt, dass die Sirenen schon längst wieder hätten aufgebaut sein müssen, um Katastrophen wie im Ahrtal zu verhindern. Das sieht auch eine andere Passantin so: „Die Sirenen hätte man überhaupt nie abbauen dürfen“, sagt sie, vor allem ältere Menschen ohne Smartphone könnten auf sie angewiesen sein.
An vielen Stellen kaum zu verstehen
Die meisten Menschen im Brenderweg in Lützel nehmen vom Sirenengeheul nur kurz Notiz. Man scheint nicht überrascht zu sein, gut informiert durch die Medien. Die Zustimmung zur Übung ist aber hoch. „Ich finde es gut, dass man die Sirenen wieder installiert hat, schon allein, wenn man bedenkt, was vor einem Jahr an der Ahr passiert ist“, sagt ein 75-Jähriger. Drei Frauen, die vorbeigehen, stimmen dem zu. „Es ist gut für die Sicherheit“, sagt eine 38-Jährige. Ihre Freundin sagt aber auch, dass man ja gar nicht wisse, was man im Ernstfall machen solle. „Klar, ich würde meine Kinder von Schule und Kindergarten abholen, aber dann? Dafür bräuchte man mehr Informationen“, meint die 42-jährige Lützelerin.
Rheinland-Pfalz. Der Warntag am heutigen Donnerstag ist auch vielerorts der Tag der Rückkehr der Sirenen. Viele Kommunen in Rheinland-Pfalz haben nach der verheerenden Flut im Sommer 2021 mit teils zu späten Warnungen neue Sirenen aufgebaut, um die Bevölkerung besser alarmieren zu können.Am Warntag wird es lauter: Kommunen haben wieder mehr Sirenen installiert
Genau dafür sollen eigentlich ja die Durchsagen auf Deutsch und Englisch sein, aber sie sind auch in Lay an vielen Stellen kaum zu verstehen. Klaus und Martha Kollmann (85 und 86 Jahre alt) finden den Test aber auch genau deshalb wichtig. Der Alarmton erinnert sie zwar unangenehm an ihre eigene Kindheit, als sie sich im Zweiten Weltkrieg im Luftschutzkeller vor den Bomben in Sicherheit brachten, erzählen sie. Aber eine Warnung bei Gefahrenlagen muss gewährleistet sein, sind sie überzeugt.
Was für viele Bürger zu leise ist, ist für andere Bürger zu laut. Brigitte und Janez Prisèl wohnen unmittelbar an der Grundschule, auf deren Dach der Sirenenmast steht. Die Lautstärke der Sirene sowie die Durchsage ist für sie extrem laut und ohrenzerreißend. Auch Josef Siebenborn (85) findet das Warnsystem wichtig. Selbst im Haus war die Sirene gut vernehmbar, berichtet er, und vor der Tür die Durchsage ebenfalls.
Rückmeldungen auf Facebook zeigen, dass Sirenen und Durchsagen im Rauental und in Teilen der Vorstadt gut zu hören sind. Einige bemängeln, es würde keine Alarmierung bei Stromausfall geben, der ja selbst ein mögliches Warnszenarium ist, doch das stimmt nicht: Im Falle eines Stromausfalles kann man mithilfe einer Notstromversorgung noch bis zu 20 Tage die Bevölkerung informieren, so die Stadt.
An diesen Standorten in Koblenz sollen bis März 2023 weitere Sirenen folgen:
- Bubenheim: Feuerwehrgerätehaus
- Güls: Feuerwehrgerätehaus Güls
- Güls: Altglascontainerplatz, Am Mühlbach (Mastanlage)
- Güls: Grünfläche Parkplatz, Am Turnerheim (Mastanlage)
- Bisholder: Buswendeplatz, Im Bisholder (Mastanlage)
- Karthause: Außenstelle Julius-Wegeler-Schule BBS, Finkenherd 4
- Karthause: Hochschule Koblenz
- Karthause: Cottbuser Str. 2
- Metternich: IGS Koblenz
- Metternich: Privatgebäude, Am Brünnchen 9
- Metternich: Grünfläche Oberdorfstraße (Mastanlage)
- Metternich: Grünfläche Osterhausstraße (Mastanlage)
- Oberwerth: Forstamt Koblenz, Richard-Wagner-Straße 14
- Asterstein: Landesfeuerwehrakademie,
- Moselweiß: Ärztehaus
- Lützel: Wehrtechnische Studiensammlung, Mayener Straße 85
- Rübenach: Grünfläche In der Grünwies (Mastanlage)
- Niederberg: Wendeplatz Hauptstraße (Mastanlage)
- Pfaffendorfer Höhe: Grünfläche Im Plonzert (Mastanlage)
- Horchheimer Höhe: Grünfläche Parkplatz Horchheimer Höhe (Mastanlage)