Kirche verliert seit Jahren Mitglieder - Theologe Albert Gerhards hat Lösungen
Seit Jahren verliert die Kirche Mitglieder: Ist eine hybride Nutzung der Räume die Lösung?
Unter dem Titel „Kirche für alle“ referierte der Theologe Albert Gerhards im Cusanus-Gymnasium in Koblenz über mögliche Nutzungen von Sakralräumen.
Julia Fröder

Koblenz. Rund 1900 Kirchen und Kapellen hat die katholische Kirche im Bistum Trier. Gebaut wurden sie in Zeiten, als noch mehr als 95 Prozent der Bevölkerung einer der beiden großen christlichen Konfessionen angehörte. Die letzte große „Bauwelle“ war nach dem Zweiten Weltkrieg, als Neubauten die zerstörten Gotteshäuser ersetzten.

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Seit gut vier Jahrzehnten verlieren die katholische und die evangelische Kirche aber rasant an Mitgliedern. Gehörten 1970 noch 71 Prozent der Koblenzer der katholischen und 25 Prozent der protestantischen Kirche an, so sind, laut den Angaben der städtischen Statistikstelle, aktuell 36,8 Prozent der Koblenzer Teil der katholischen un

Weniger Gläubige bedeutet nicht nur weniger Messen, Hochzeiten, Taufen, Beerdigungen, bei denen die Kirchen als besonderer Raum benötigt werden, sondern auch weniger Kirchensteuern. Für den Erhalt der Gotteshäuser, die aufgrund ihres Alters und ihrer filigranen Natur sehr anfällig sind für bauliche Schäden, ist dies ein großes Problem. In der Reihe „Katholische Forum“, das seit Jahrzehnten im Bischöflichen Cusanus-Gymnasium stattfindet, hielt nun der katholische Theologe Albert Gerhards einen Vortrag unter dem Titel „Kirche für alle“.

Eine hybride Nutzung könnte eine Lösung sein

Albert Gerhards, der bis 2017 als katholischer Professor an der Universität Bonn tätig war, plädierte dafür, dass man, bevor man eine Kirche profaniert, verkauft und gegebenenfalls abreißt, doch erst einmal über eine sogenannte „hybride Nutzung“ nachdenke. Bei einer solchen „hybriden Nutzung“ dient ein Teil der Kirche als sakraler Raum, damit dort Gottesdienste gefeiert werden, ein anderer Teil aber ist „weltlichen Zwecken“, die nach Maßgabe im karitativen oder sozialen Bereich angesiedelt sind, vorbehalten.

Gerhards zitierte Beispiele aus den Bistümern Aachen und Köln, wo der Kirchenraum teilweise als Kindergarten, Schulstätte, Jugendtreff, Bücherbasar oder als Kolumbarium, in der Urnen bestattet werden, genutzt wird. Eine solche hybride Nutzung habe seiner Meinung nach zwei wichtige Vorteile: einerseits bleibe der architektonische Charakter der Kirche erhalten und andererseits öffne sich die Kirche so Personenkreisen, die sonst wenig mit ihr in Kontakt kommen.

Wie sieht die Lage in Koblenz aus?

„Und ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass die Gemeinden davon profitieren, wenn sie den Raum teilen“, betonte Albert Gerhards. Beispiele für eine „Nicht-hybride-Nutzung“, bei der nach einer Profanisierung der Kirche das Gebäude aber erhalten bleibt, nannte er auch: ein Kleiderbasar, ein Fahrradhandel und eine „Kletterkirche“.

Und die Situation in Koblenz? In der Diskussion, die sich dem Vortrag anschloss, war es die erste Frage, die dem emeritierten Professor der Liturgiewissenschaft gestellt wurde. Gerhards musste bei der Antwort passen. „Die Bistümer haben wenig Transparenz in diesen Dingen“, so der Priester. Dass es im Bistum in den kommenden Jahren zu weiteren Profanisierungen kommt, dürfte indes niemanden überraschen. Seit 2017 wurden im Bistum Trier 26 Kirchen aufgegeben, darunter die erst in den 50er Jahren erbaute Kirche Maria Hilf. Sie wich dem Neubau einer Seniorenheims, nur die angegliederte Maria-Hilf-Kapelle, die wesentlich älter ist, blieb erhalten.

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