Marianne Baumann-Warnke arbeitet ihre Nachfolgerin Sarina Vaccarisi ein: Hier gibt es Schutz und Unterstützung
Schutz und Unterstützung: Staffelübergabe im Koblenzer Beratungsladen für Frauen
Marianne Baumann-Wartke (rechts) hat den Beratungsladen aufgebaut. Jetzt geht sie in den Ruhestand, hat aber zuvor ihre Nachfolgerin Sabrina Vaccarisi eingearbeitet.
Doris Schneider

Im Koblenzer Beratungsladen finden Frauen seit 13 Jahren Schutz und Unterstützung. Marianne Baumann-Warnke hat ihnen beratend zur Seite gestanden. Jetzt geht sie in den Ruhestand. Ihre Nachfolgerin ist Sarina Vaccarisi.

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Die Tür kann nicht einfach von außen geöffnet werden. Denn hinter ihr verbirgt sich ein geschützter Raum. Ein Raum, in dem Frauen, die aus gewalttätigen Beziehungen entkommen sind oder sich freimachen wollen, Beratung und Hilfe finden. Ein Raum, in dem sie sich treffen und gegenseitig Halt geben können. Ein Raum, in dem sie fachkundig unterstützt werden. Sehr lange hat Marianne Baumann-Warnke ihnen die Tür geöffnet. Jetzt geht die 64-Jährige in Ruhestand, seit einem Monat arbeitet sie ihre Nachfolgerin Sarina Vaccarisi ein.

Schon seit 13 Jahren gibt es den Beratungsladen als ein Baustein in den Gewaltschutzangeboten des Sozialdienstes katholischer Frauen, erklärt SkF-Geschäftsführerin Stefanie Coopmeiners. Entstanden ist der Laden aus der Notwendigkeit, viele Frauen auch weiterhin zu beraten, wenn sie das Frauenhaus verlassen, oder Frauen eine Anlaufstelle zu geben, die die Hilfe im Frauenhaus nicht benötigen oder noch nicht wollen. Da die Adresse dieses Schutzhauses anonym ist, verbietet sich von selbst, die Beratungen und Treffen im Frauenhaus selbst anzubieten. Lang war der Beratungsladen am Görresplatz angesiedelt, seit etwa sechs Jahren ist er in der Moselweißer Straße.

Einfach mal Zeit für dich haben

Rund 50 bis 60 Frauen im Jahr finden hier Unterstützung, berichtet Marianne Baumann-Wartke, Hunderte von Beratungsgesprächen führt sie. Der Beratungsladen bietet zweimal in der Woche einen Treff an, montagnachmittags und donnerstagvormittags, zu dem jeweils rund 15 bis 20 Frauen kommen, sich austauschen und die Gelegenheit nutzen, einfach mal Zeit für sich zu haben. Immer wieder verschwindet die Sozialarbeiterin mit einzelnen Frauen in ihrem Büro, hier berät sie Frauen in Einzelfragen und schaut gemeinsam mit ihnen, wie es weitergehen kann. Wohnungen werden gesucht, Umzüge organisiert, Formulare ausgefüllt, Behördentermine vereinbart. Dazu kommen noch Netzwerktreffen, präventive Angebote – es ist mehr als genug zu tun. Langfristig müssten eigentlich die Kapazitäten dringend ausgeweitet werden, bezahlt wird nur eine Dreiviertelstelle – denn wie überall ist das Geld knapp.

Das Thema Gewalt hat viele Facetten, betonen Baumann-Warnke und ihre Nachfolgerin Sarina Vaccarisi. Und sie kommt in allen Gesellschaftsschichten vor. Offensichtlich ist sie, wenn Frauen blaue Flecken von den Schlägen haben, die ihr Mann oder Partner ihnen zufügt – aber genauso gravierend sind die Folgen der leiseren Gewalt. Dann beispielsweise, wenn ein Mann seine Frau von Familie und Freundinnen total isoliert bis hin dazu, dass er sie ins Haus einsperrt und überwacht. Oder wenn er ihr über Jahre immer wieder einredet, dass sie nichts könne und nichts wert sei. So lange, bis sie selbst zutiefst davon überzeugt ist.

Ich gehe in den Beratungsladen, und wenn ich will, lasse ich meine Sorgen draußen und hab einfach ein paar Stunden für mich, um Kraft zu tanken. Oder ich nehme meine Sorgen mit rein und bespreche sie, und wenn ich wieder rauskomme, sind sie meist ein ganzes Stück kleiner.

Eine Frau, die schon viele Jahre zu den offenen Treffs geht

Wenn sie dann den Weg in den Beratungsladen finden, ist es vielleicht die wichtigste und gleichzeitig die schwerste Aufgabe, die Frauen darin zu unterstützen, ihr Selbstwertgefühl zurückzubekommen, sagt Marianne Baumann-Warnke. Und wenn sie dann sieht, dass eine Frau sich freischwimmt, wieder f+r sich und ihre Kinder sorgen lernt, dann ist das wunderbar. Immer wieder, auch nach 40 Jahren Arbeit, zuerst im autonomen Frauenhaus in Köln, später im Beratungsladen. Viele gehen allerdings auch wieder zurück und landen erneut im Krankenhaus, manchmal mehrfach, das ist nicht immer einfach auszuhalten, sagt die 64-Jährige. Aber viele schaffen es auch, manchmal eben beim x-ten Mal.

Erfahrungen mit Kindern aus dem Frauenhaus

Mit all diesen Facetten der Arbeit macht sich Sarina Vaccarisi gerade vertraut, einen Monat wird sie eingearbeitet. Die 26-Jährige freut sich auf die Arbeit. Nach ihrem Bachelor in Pädagogik hat sie in einer Wohneinrichtung für traumatisierte Kinder gearbeitet, jetzt schon länger auch mit ein paar Stunden in der Woche mit Kindern aus dem Frauenhaus. Insofern ist das jetzt eine passende Ergänzung, sagt sie. Der SkF als Trägerverein ist jedenfalls total froh, dass es eine gute Übergabe gibt, sagt Stefanie Coopmeiners, denn der Beratungsladen ist neben Frauenhaus und Interventionsstelle eine ganz wichtige Säule. Dass der Bedarf da ist, ist jeden Tag sichtbar.

Marianne Baumann-Wartke wird sich nach 40 Jahren in der Arbeit mit Frauen nicht ganz verabschieden, „aber ich werde meiner Nachfolgerin nicht auf die Nerven gehen“, sagt sie und lächelt. Stattdessen will sie in der Arbeit mit den Ehrenamtlichen weitermachen, ohne die der Beratungsladen gar nicht funktionieren könnte.

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