Augenzeugen beobachten, dass dort dennoch Menschen ein- und ausgingen. Und: Der (ehemalige) Eigentümer soll derselbe wie im anderen Fall sein. Wir beantworten sechs Fragen zu dem Thema.
1 Um welches Haus geht es? Diesmal geht es um das Wohnhaus in der Hochstraße 98. Die Stadt hat dieses nach eigenen Angaben bereits „vor geraumer Zeit“ versiegelt. Das erfuhr unsere Zeitung auf Nachfrage im Rathaus. Pressesprecher Thomas Knaak erklärt: „Das Objekt (sowohl Haupt- als auch Nebengebäude) ist in einem maroden Zustand.“ Die Bauaufsicht hat die Nutzung komplett untersagt.
Einheimische kennen das Gebäude und nennen es liebevoll „Eckenscheißer“-Haus. Der Name geht auf die Plastik zurück, die in der Ecknische zwischen Hoch- und Schiebegasse ihren Platz hat.
Bei einem Ortsbesuch unserer Zeitung in der Hochstraße 98 Ende Mai liegt Unrat in dem ummauerten Vorhof, das Tor steht leicht offen. Von außen ist zu sehen, dass in dem Gebäude offenbar gearbeitet wurde, einige Fenster stehen auf Kipp. Die Fenster selbst scheinen neu zu sein. An deren Rahmen kleben noch Schutzfolien mit Montagehinweisen. Zwei Siegel sichern die Tür.
2Wem gehört die Bruchbude? Nach Informationen unserer Zeitung gehört oder gehörte das Dreifamilienhaus derselben bekannten Koblenzer Familie, die auch für die Zustände in der Schrottimmobilie am Rheinufer (Am Ufer 9) verantwortlich ist.
Eine Verkaufsanzeige im Internet, die inaktiv geschaltet ist, lässt allerdings darauf schließen, dass das Haus bereits verkauft wurde – und nun offenbar saniert wird. In der Verkaufsanzeige heißt es: Das Haus ist einsturzgefährdet und sanierungsbedürftig, weil das Dach instand gesetzt werden muss und weiteres. „War vorher als 3 Familienhaus vermietet“, heißt es weiter. Eine Besichtigung von innen sei nicht möglich, „erst wenn das Dach etc. repariert wurde, gibt die Stadt das Haus frei“.
Zur Erinnerung: In der anderen einsturzgefährdeten Immobilie Am Ufer 9 hatte es im Dezember 2022 einen Polizeieinsatz gegeben, weil sich Menschen unbefugt darin aufhielten und versteckten.
Wohnungen in dem maroden Gebäude, in dem vor Jahren bereits eine Decke eingebrochen war, waren zuvor weiter an Kunden des Jobcenters und andere sozial schwache Menschen vermietet worden. Diese mussten von der Stadt gedrängt werden auszuziehen, nachdem diese die Nutzung seit März/April 2022 untersagt hatte. Zuletzt war dort im Sommer 2022 die rückwärtige Hausmauer eingebrochen, das Haus wurde im November sicherheitshalber versiegelt.
3 Wurde das Haus in der Hochstraße widerrechtlich betreten? Ein Augenzeuge berichtet, dass er am Haus seit einigen Wochen „Publikumsverkehr“ beobachtet hat. Er sah mehrere Leute und geöffnete Haustüren. Er berichtet, dass die Bauaufsicht das Haus bereits im vergangenen oder vorvergangenen Jahr versiegelt hatte, damit es nicht betreten wird.
„Irgendwann waren die runden Siegel verschwunden, und des Öfteren stand die Haustür offen“, versichert der Neuendorfer. Vor einigen Monaten sah er, wie am Haus ein Lkw parkte, und zwei Männer Haushaltsgegenstände ein oder ausluden, erklärt er.
Von diesen Vorgängen bekam die Stadt offenbar nichts mit. Denn: Mitte Mai informierte der Augenzeuge die Stadt darüber, dass er gesehen hatte, wie man dort ein- und ausging.
In die Vorfälle rund um das einsturzgefährdete Haus am Neuendorfer Rheinufer hat sich vor Kurzem der CDU-Landtagsabgeordnete Matthias Lammert eingeschaltet. Antworten des Mainzer Innenministeriums auf seine Kleine Anfrage bestätigen, dass der Eigentümer der Bruchbude kein unbeschriebenes Blatt in ...„Schrotthaus“ beschäftigt Innenministerium: Eigentümer fällt in Koblenz mehrfach negativ auf
4 Wie geht es mit dem Eckenscheißerhaus weiter? Auf Anfrage erklärt Knaak: „Der Eigentümer hat einen Bauantrag bezüglich der Sanierungsarbeiten an dem an der Straße angrenzenden Gebäudeteil vorgelegt.“
5 Wie geht es mit der anderen Schrottimmobilie weiter? Laut Stadt ist das Haus Am Ufer 9 noch immer versiegelt. Knaak erklärt: „Die Entsiegelung erfolgt zeitnah, wenn nach Erteilung einer Baugenehmigung die Sanierungsarbeiten beginnen.“ Sprich: noch gibt es kein grünes Licht für die Baugenehmigung.
Derweil wurden die Sicherungsarbeiten, die von der Stadt auferlegt wurden, abgeschlossen. „In Kürze wird eine erneute Sichtung vorgenommen, ob es Veränderungen gegeben hat“, sagt Knaak. Nach dem Polizeieinsatz und einem geplatzten Rohr hatte die Stadt dem Eigentümer Auflagen gemacht – auch, um die Nachbarn zu schützen, sollten weitere Teile des Hauses oder der Dachstuhl einstürzen.
6 Warum werden solche Häuser überhaupt gekauft und vermietet? In Koblenz gibt es offenbar einen parallelen Mietwohnungsmarkt für Menschen, die auf sehr günstigen Wohnraum angewiesen sind – sei es, weil sie kein Einkommen haben, vom Jobcenter unterstützt werden oder anderweitig Probleme haben, an Wohnungen auf dem ersten Wohnungsmarkt zu gelangen (etwa ehemalige Gefängnisinsassen, Junkies, Flüchtlinge). Ein Insider hatte unserer Zeitung berichtet, dass es in Koblenz einige Immobilienbesitzer gibt, die gezielt Geld mit sozial schwachen Menschen machen und sehr gern an Jobcenterkunden vermieten, weil auf diesem Weg die Miete sicher überwiesen wird (wir berichteten). Einen Kontakt zu dem Immobilienbesitzer zu bekommen, ist uns bislang nicht gelungen.