Grüne und Die Linke wollten weiteres Gremium zur Beteiligung an Politik einrichten
Ratsfraktionen lehnen Bürgerrat mehrheitlich ab
Die Stadt Koblenz – das Bild zeigt einen Blick auf die südliche Vorstadt und im Hintergrund die Karthause.
Reinhard Kallenbach

Braucht Koblenz ein weiteres Gremium, einen Bürgerrat, damit sich Bürger stärker an politischen Diskussionen und Entscheidungen beteiligen können? Ein Gremium, in dem Fragen, Hinweise und Vorschläge von Bürgern gebündelt werden und das Empfehlungen an die Koblenzer Politik aussprechen kann? Eindeutig ja, meinen die Stadtratsfraktionen von Grünen und der Partei Die Linke. Ihr Antrag löste in der jüngsten Ratssitzung eine längere Debatte aus.

Der Antrag sah auch vor, dass es mehr und bessere Möglichkeiten für Koblenzer gibt, sich digital an politischen Prozessen zu beteiligen. Den beiden Fraktionen schwebte ein Modellversuch vor. Der Bürgerrat sollte einmal im Jahr tagen. Der Antrag basierte auf Ergebnissen eines Fachtags zur Erneuerung der Demokratie. Dieser fand erstmals Ende März an zwei Tagen an der Koblenzer Uni statt.

Die Begründung

Laut Die Linke könnte ein Bürgerrat dem „Ohnmachtsgefühl vieler Bürger:innen, die glauben, außerhalb von Wahlen nicht gehört zu werden, entgegenwirken. Er ermöglicht die Teilnahme von Menschen aus Gruppen, die sonst nicht hinreichend beteiligt werden.“ Dadurch solle auch die Demokratie gestärkt und erneuert werden.

Die Reaktion der Verwaltung

Oberbürgermeister David Langner (SPD) betonte, wie wichtig Ideen, Vorschläge und Hinweise von Bürgern seien, und dass es bereits viele Formen der Möglichkeiten der Beteiligung gebe, sowie an die Verwaltung direkt heranzutreten – eine Auswahl: der Einwohnertag, Bürgerbegehren, Petitionsstelle, Rathaussprechstunden, Stadteilbesuche des OB, Bürgerversammlungen zu aktuellen Themen, Onlinesprechstunden aller Stadtvorstandsmitglieder, Hotlines zu aktuellen Themen. Zudem arbeite die Verwaltung an einem digitalen Schadensmelder. Langner schlug daher vor, bei den Planungen zur Bundesgartenschau 2029 das Modell eines Bürgerrats auszuprobieren. Da sei es ohnehin feste Absicht, die Bürger bei Projekten im Bereich der Stadt Koblenz konkret einzubeziehen.

Die Reaktionen der Politik

Nachdem Gordon Gniewosz (Grüne) den Antrag zu einem Bürgerrat im Stadtrat vorgestellt hatte, gab es eine längere Diskussion. Joachim Paul (AfD) sagte: „Beratung ist immer gut, aber nicht von politischer Verantwortung zu trennen. Wir als Stadträte tragen eine finanzielle und rechtliche Verantwortung.“ Die würden Mitglieder eines Bürgerrats nicht tragen. Zudem gebe es einen hohen Verwaltungsaufwand, und es seien nur 20 Prozent der Koblenzer politisch interessiert.

Edgar Kühlenthal (Freie Wähler) sagte: „Wir sehen auf keinen Fall eine Notwendigkeit für den Einsatz von Mitteln zur Stärkung der Demokratie.“ Durch digitale Beteiligungsformen würden zudem große Teile der älteren Koblenzer ausgeschlossen und solche, die es sich finanziell nicht leisten könnten. David Hennchen (FDP) sagte: „Es ist Aufgabe der Parteien, Bürger politisch einzubinden und Demokratie zu stärken.“ Die Kosten eines Bürgerrats seien zu hoch.

Dominik Schmidt, Vorsitzender des Jugendrats, sagte: „Wir sind immer sehr für Bürgerbeteiligung und dafür, junge Perspektiven einzubeziehen. Denn Entscheidungen von heute betreffen die jungen Menschen auch in 30, 40 Jahren.“

Tim Michels (CDU) meinte: „Es gibt bereits einen sehr niedrigschwelligen Einstieg in die Kommunalpolitik: die Ortsbeiräte. Sie stellen das beste Gremium dar für Beteiligung und Information.“ Thorsten Rudolph (SPD) sagte: „Die Instrumente, die der Oberbürgermeister genannt hat, sind richtig und wichtig. Wir begrüßen Bürgerräte und dass digitale Formate gestärkt werden sollen.“

Torsten Schupp (Wählergruppe Schupp) sagte: „Die Verwaltung macht schon sehr viel. Wir haben so viele Räte in Koblenz, wie viele wollen wir noch haben?“ Stephan Otto (CDU): „Es kann keiner sagen, dass die Bürger nicht beteiligt würden bei so vielen Formaten. Zudem sitzen wir doch als Bürger und Vertreter der Bürger im Rat.“ Die Debatte sei absurd: „Wir würden uns doch überflüssig machen.“ Dem stimmte Christoph Schöll (FDP) zu.

Der Antrag von Grünen und Linke-Partei samt Langners Vorschlag zum Modellversuch zur Buga 2029 wurde mit einer Stimme Unterschied abgelehnt. Dagegen waren CDU, AfD, FWG, Wählergruppe Schupp und FDP.

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