BUND fordert kurzfristige Maßnahmen, um sichere Verbindungen aus den Koblenzer Stadtteilen zu schaffen
Radwege einfach markieren: Ist das eine Lösung?
In der Moselweißer Straße ist es kein Spaß, mit dem Rad zu fahren. Dabei ist die Strecke eine wichtige Verbindung in viele Stadtteile.
Doris Schneider

Koblenz. Die Noten in der regelmäßig vorgelegten Umfrage des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs sind miserabel, und auch im gerade veröffentlichten Bürger-Panel bezeichnen knapp drei Viertel der Befragten die Radsituation in Koblenz als eher schlecht. Wer mit dem Rad in der Stadt und den Stadtteilen unterwegs ist, weiß warum: An den wenigsten Straßen gibt es überhaupt Radwege, viele enden im Nichts, Autofahrer fahren zu eng an Radlern vorbei oder unterschätzen ihre Geschwindigkeit und zwingen sie zu Vollbremsungen.

Dabei ist es wirklich Zeit zu handeln, sagt Thomas Bernhard vom BUND, der passend zum Europäischen Tag des Fahrrads am 3. Juni einen offenen Brief an Oberbürgermeister David Langner und an die Fraktionen im Stadtrat geschrieben hat. Denn der Klimawandel schreite beständig voran, nein, er galoppiere sogar, sagt Bernhard. „Koblenz muss was tun.“

Damit schnell etwas getan wird, bittet er den OB, „dem Baudezernat eine Anweisung zu geben, bis zum 31. Juli 2020 mindestens fünf Fahrradwege zu realisieren, die es ermöglichen, mit dem Fahrrad von äußeren Stadtteilen das Stadtzentrum zügig und sicher zu erreichen“, heißt es in dem Brief. Die Radwege könnten schnell umgesetzt werden, sagt Bernhard. Denn Planungen liegen seit Jahren vor, würden aber immer wieder verschoben oder von Zuschüssen abhängig gemacht, die auf sich warten ließen.

Dabei sei es immens wichtig, dass Radwege genau dort ausgewiesen werden, wo Menschen zur Arbeit, zur Schule oder zum Einkaufen fahren, und zwar so, dass sie weder in Konflikt mit Fußgängern kommen noch weite Umwege oder zeitintensive Ampelschaltungen in Kauf nehmen müssten. Schon der ehemalige Radverkehrsbeauftragte Peter Gorius hatte Planungen für Verbindungen in die Stadtteile vorgelegt.

Wir brauchen gute Radwege. Und zwar jetzt. Und zwar gleichzeitig viele, nicht jedes Jahr einen oder einen halben. Es geht um Klima und Sicherheit.

Thomas Bernhard vom BUND

Welche fünf Radwege für ihn Priorität hätten, erklärt Bernhard im Gespräch mit der RZ: An der ersten Stelle steht für ihn klar die Trierer Straße, gefolgt von der Koblenzer/Moselweißer Straße, der Beatusstraße und einer der Nord-Süd-Verbindungen Hohenzollern- oder Mainzer Straße. An der fünften Stelle stehen dann in seiner Einschätzung die Simmerner Straße zur und vor allem von der Karthause, der Wallersheimer Weg, die Arenberger Straße und andere auf ähnlicher Stufe der Wichtigkeit.

Denn passieren muss etwas, sagt Bernhard. Und es könne auch gerade jetzt gut gehen. Auch wenn der Verkehr wieder etwas zugenommen hat, so sind die Straßen durch Heimarbeit und -unterricht doch leerer als sonst. Gleichzeitig wollen viele Menschen lieber mit dem Rad als mit dem Bus fahren. Sogenannte Pop-up-Radwege (also solche, die jetzt sozusagen aufploppen und erst einmal nicht auf Dauer angelegt sind) werden in vielen Städten auf einem Fahr- oder Parkstreifen angelegt, meist nur mit gelben Bändern markiert und dadurch schnell verfügbar und günstig. Laut Internetlexikon Wikipedia kostet in Berlin ein Kilometer Radweg etwa 9500 Euro.

„Daher ist jetzt die beste Zeit, um endlich mehr Radwege zu erstellen, die selbstverständlich auch zulasten des Autoverkehrs oder ruhenden Verkehrs gehen dürfen und sogar sollen“, heißt es in dem Brief an den Oberbürgermeister. „Temporäre Radwege wurden woanders innerhalb von ein bis drei Wochen realisiert und können nach sechs Monaten überprüft und abgestimmt werden. Sie helfen bei der Planung definitiver weiterer Radwege.“ Denn, so Bernhard: „Es geht nicht mehr nur um Lebensqualität, es geht schon lange um Gesundheit und wird wegen der Erderhitzung um das Überleben gehen! Wann wird das in der Verwaltung endlich verstanden?“

Einen Antrag der SPD auf temporäre Radwege hatte die Verwaltung aber in der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Mobilität und Stadtentwicklung abgelehnt: „Die Verwaltung sieht keine Veranlassung, in der jetzigen Pandemiesituation Radwege auszuweisen, deren Planung und Umsetzung nicht mit ausreichend zeitlichem Vorlauf vorbereitet worden sind“, heißt es in der Stellungnahme. Und weiter: „Durch die jüngst beschlossenen Lockerungen in der Corona-Pandemie ist auch mit einer Zunahme des Verkehrsaufkommens zu rechnen.“

Die Verwaltung halte daher an ihren festgelegten Prioritäten im Radverkehrsnetz fest „und setzt alle Kraft und personalen Ressourcen in die weitere Umsetzung der bereits geplanten Maßnahmen, bspw. Berliner Ring, Mainzer Straße, Mayener/Trierer Straße und Wallersheimer Weg“, lautete die Einschätzung vor Kurzem.

Von unserer Redakteurin Doris Schneider

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