Studie untersucht Nutzung der Strecke zwischen Lützel und Bassenheim - So teuer wäre eine Stadtbahn
Radstrecke, Stadtbahn oder beides: Was wird aus der alten Koblenzer Bahntrasse?
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Im Koblenzer Stadtteil Rübenach erkennt man von der Anderbachstraße aus kommend noch die Andreaskreuze, die am ehemaligen Bahnübergang an der stillgelegten Bahntrasse stehen. Foto: Katrin Steinert
Steinert Katrin. Katrin Steinert

Die Debatte gibt es in der Koblenzer Politik schon länger, jetzt wurde eine Machbarkeitsstudie vorgestellt, um diese Frage zu beantworten: Wie soll die alte Bahntrasse zwischen dem Koblenzer Stadtteil Lützel und Bassenheim künftig genutzt werden? Als Radstrecke, Stadtbahn oder beides?

Aktualisiert am 26. Dezember 2023 09:42 Uhr

Im Eigentum der Stadt Koblenz sind nicht nur unzählige Immobilien, Straßen, Grundstücke und Waldflächen, sondern auch eine, wenn auch kleine Eisenbahnstrecke. Seit 2016 besitzt die Stadt die Trasse von Koblenz-Lützel nach Bassenheim, wobei sich die letzten Kilometer im Maifeld schon außerhalb der Stadtgrenze befinden.

Allerdings fährt hier schon seit langer Zeit kein Zug mehr: 1983 wurde der Personenverkehr auf der Strecke, die 1904 eröffnet wurde und ursprünglich bis Mayen ging, eingestellt. Im Jahr 2000 war für den Güterverkehr Schluss. Der westliche Teil der Strecke (von Mayen bis Bassenheim) wurde nach der Stilllegung entwidmet und als Radweg ausgebaut.

2019 hat die Stadt Koblenz eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben

Die zehn Kilometer von Bassenheim nach Koblenz hingegen befinden sich seitdem im Dornröschenschlaf. 2019 gab die Stadt eine Machbarkeitsstudie zur Reaktivierung der Strecke in Auftrag. Das Heidelberger Unternehmen „Traffic solutions“ hat kürzlich im Ausschuss für Stadtentwicklung und Mobilität die Ergebnisse dieser Studie präsentiert.

Potenziale: Die Machbarkeitsstudie attestiert der Strecke für den Güter- und den Personenverkehr ein wirtschaftlich durchaus nutzbares Potenzial. Beim Güterverkehr geht die Studie von vier potenziellen Verladepunkten aus: Metternicher Bahnhof, Güterverkehrszentrum, Industriepark A 61 und alter Bahnhof in Bassenheim. Während für die Verladepunkte an den beiden Bahnhöfen kaum Umbauten an den Schienen notwendig seien, müssten für die anderen beiden Punkte kurze Stichstrecken gebaut werden.

Der Personenverkehr rechnet sich nach Einschätzung der Gutachter nur, wenn er bis Bassenheim geht. Eine Variante, die in Rübenach beginnt, wäre unwirtschaftlich, da auf der kürzeren Strecke Pendler nicht mehr umsteigen. Für die Strecke Bassenheim-Koblenz (Hauptbahnhof) kalkuliert die Studie mit einer Fahrzeit von 24 Minuten. Der Bus braucht zurzeit für diese Strecke mindestens 30 Minuten. Bei einer Reaktivierung müsste in Rübenach jedoch ein neuer Haltepunkt angelegt werden, da der alte Bahnhof privatisiert wurde.

Bahnexperten plädieren für mehrere neue Haltepunkte

Als Standort des neuen Haltepunkts wird in der Studie das Gelände an der Anderbachstraße vorgeschlagen. Außerdem plädieren die Bahnexperten für zwei weitere Haltepunkte: einen am östlichen Ortsende von Rübenach an der Aachener Straße und einen direkt nach dem Übergang über die B 9, in unmittelbarer Nachbarschaft zu Ikea.

Die Studie hat auch die Nutzung der Strecke durch eine sogenannte Stadtbahn untersucht. Eine solche Stadtbahn, der klassischen Straßenbahn nicht unähnlich, würde die Strecke dabei nur teilweise nutzen, und zwar nur vom Bassenheimer bis zum Metternicher Bahnhof. Danach würde die Stadtbahn an der Universität vorbei über die Kurt-Schumacher-Brücke und das Rauental zum Hauptbahnhof geführt.

In Bassenheim könnte laut der Studie eine Stadtbahn-Strecke vom Bahnhof runter auf den Kirchplatz geführt werden, was die Akzeptanz im Nahverkehr steigern würde. Die Kosten für die notwendigen Infrastrukturmaßnahmen werden auf auf 100 Millionen Euro geschätzt.

Kosten: Für eine Reaktivierung von Güter- und Personenverkehr werden Investitionskosten in Höhe von etwas mehr als 16 Millionen veranschlagt. Mit Bezug auf den Güterverkehr muss man wohl auch die Kosten für die vier Verladepunkte hinzurechnen, die bei insgesamt knapp 4 Millionen Euro liegen. Daher liegen die Gesamtkosten für eine Reaktivierung laut „Traffic solutions“ bei rund 20 Millionen. In den Unterlagen zur Ausschusssitzung, die im Bürgerinfosystem der Stadt Koblenz eingestellt sind, gibt es auch eine Einschätzung des Büros für Planung und Bauüberwachung im Verkehrswesen (BPB GmbH). Sie geht von Kosten für eine Reaktivierung in Höhe von 35 bis 40 Millionen Euro aus.

Radweg: Die Bahntrasse von Bassenheim nach Lützel für einen Radweg zurückzubauen, wie es bereits mit dem Rest der Strecke von Bassenheim nach Mayen geschah, würde nach Einschätzung von „Traffic solutions“ Kosten in Höhe von 5,5 Millionen Euro verursachen. Ein Gutachten des städtischen Tiefbauamts geht von 3,7 Millionen Euro aus.

Alternativ zum Rückbau der Strecke hat die Studie auch die Möglichkeit untersucht, einen teilweise parallel zur Trasse verlaufenden Radweg anzulegen. Der Vorteil einer Alternativlösung wäre, dass man kein Entwidmungsverfahren der Strecke beim Eisenbahnbundesamt anstreben müsste. Ein solcher Radweg würde teilweise auf bestehende Feld- und Wirtschaftswege zurückgreifen und von Bassenheim bis zum Bubenheimer Weg geführt werden. Direkt nach der Überquerung der A 61 würde er parallel zur L 98 geführt werden.

Fazit: Die Gutachter von „Traffic solutions“ raten der Stadt Koblenz, bevor eine politische Grundsatzentscheidung gefällt wird, keine Entwidmung der Strecke anzustreben. Gleichzeitig solle die Stadt einen mehr oder minder parallel verlaufenden Radweg als Verlängerung des Maifeld-Radwegs realisieren.

Koblenzer CDU: Radweg auf Bahntrasse bis in die Innenstadt verlängern

Die Koblenzer CDU begrüßt den Vorschlag der Experten, parallel zur Bahntrasse zwischen Lützel und Bassenheim einen Radweg anzulegen, die Strecke aber zunächst nicht zu entwidmen, um so die Option für die Schiene zu erhalten. Dies betonte das Rübenacher CDU-Stadtratsmitglied Andreas Biebricher in einer Pressemitteilung unserer Zeitung gegenüber.

Biebricher meint: „Ein solcher Radweg, der sich an den bestehenden Radweg von Bassenheim nach Mayen anschließt, wäre nicht nur für die Rübenacher ein Gewinn, sondern für ganz Koblenz, für den Tourismus, die Gastronomie und die Berufspendler. Dafür muss man ihn aber bis in die Innenstadt verlängern, worum wir den Baudezernenten gebeten haben.“ Die CDU habe entsprechende Gelder für den Haushalt 2025 beantragt, ergänzt CDU-Fraktionschef Stephan Otto. Die Ertüchtigung der Strecke mit einer Investitionssumme von rund 40 Millionen Euro hält Biebricher derzeit für „illusorisch“. pka

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