Wie Styropor sieht die weiße Schicht unter der Sitzfläche des Sattels aus und erinnert gleichzeitig an die sichtbare Mittelsohle eines Sportschuhs. Tatsächlich besteht das von BASF entwickelte Material, das RTI für den ergonomischen Kern seiner Neuentwicklung benutzt, aus denselben verschmolzenen Granulatkapseln, die bei den Schuhen zum Einsatz kommen.
„Die Zwischenablage, die unser Designteam in den Mittelpunkt gerückt hat, ist das Herzstück des Entlastungssystems und dämpft zuverlässig Straßenunebenheiten“, erläutert Arnold. Zusätzlich ist der ergonomische Hochleistungselastomerdämpfer schwimmend gelagert. Der herkömmliche Grundaufbau eines Fahrradsattels besteht seit Jahrzehnten unverändert aus einer Sattelschale, die das Gewicht des Fahrers trägt und gleichzeitig die Unterkonstruktion für das Sitzpolster ist – und dadurch quasi starr bleibt. „Unsere Doppelschalen-Technologie besteht dagegen aus einer Sandwichkonstruktion. Die Schalen sind getrennt, dazwischen liegt der dämpfende Kern“, so Arnold. Um anatomische Unterschiede zu berücksichtigen, gibt es den Sattel für Frauen und Männer mit spezifischen Entlastungsöffnungen und in verschiedenen Größen. Geeignet ist der Sattel für City- und Tourenräder.
Mit der „ergonomischen Sattelrevolution“ öffnet sich RTI für Freizeitsportler und erweitert sein Angebot als Markenvertrieb für den Fachhandel. Unter der Eigenmarke Ergon entstehen in Koblenz seit rund 15 Jahren hochwertige Griffe und Sattel. „Im Mittelpunkt stehen die Kontaktpunkte zum Fahrrad, die für viele körperliche Beschwerden verantwortlich sind“, sagt Arnold. Eine Studie der Kölner Sporthochschule, nach der mehr als 80 Prozent der Fahrradfahrer über Probleme mit Sattel, Händen oder Rücken klagten, habe ihm 2002 die Augen geöffnet. „Technische Innovationen, vor allem die Schaltung, standen immer im Fokus. Aber ich will, dass sich der Fahrer wohlfühlt“, bekräftigt der passionierte Fahrradfahrer.
Die Leidenschaft für das Zweirad begleitet Franc Arnold seit Kindertagen. Gemeinsam mit seinem zwei Jahre älteren Bruder Roman (später Gründer und bis heute Geschäftsführer des erfolgreichen Radherstellers Canyon) fuhr er Rennen, der Vater verkaufte dabei Ersatzteile – „nebenbei, als Hobby“, erinnert sich Arnold. 1982 starb der Vater plötzlich – ein Schock für den damals 17-Jährigen und seinen Bruder, der gerade das Abitur in der Tasche hatte. Mit kaufmännischer Unterstützung der Mutter führten sie die kleine Firma weiter, spezialisierten sich auf hochwertige italienische Rennräder, bis „das ganze Wohnhaus voller Räder stand und wir an der Grenze waren“, berichtet Arnold. Mit der Geburtsstunde des Mountainbikes zog Radsport Arnold als GmbH in die Koblenzer Straße, wurde getragen von dem Boom, bevor sie sich 1992 auf Triathlon-Fahrräder aus eigener Produktion und Spezialzubehör konzentrierte. „Wir hatten eine große Passion für Fahrräder, aber wenig betriebswirtschaftliches Know-how“, sagt Arnold, der parallel zur Geschäftsführung BWL studierte.
Als die Preise für Triathlon-Fahrräder einbrachen, stellten die Brüder den Bereich ein und richteten die Firma neu auf den Vertrieb hochwertiger Zubehörteile aus. „Qualität und Innovation waren und sind entscheidend“, betont Arnold, der mit Ergon bald eine eigene Marke auf den Markt brachte. Im Fokus: Ergonomie. Das erste eigene Produkt war ein Griff mit einer maximal großen Fläche und einer anatomischen Form, die die Hand umschließen kann. Außerdem kann der Griff in einem individuellen Winkel am Lenker befestigt werden. „Unsere Produkte sollen die beste Ergonomie und Funktionalität haben, außerdem nachhaltig sein“, so der Geschäftsführer. So gibt es einen Griff aus Biokork oder aus naturgegerbtem Leder.
Auch eine interne Initiative stellt Nachhaltigkeit in den Fokus. Die rund 80 Mitarbeiter in Koblenz und in einer Niederlassung in den USA bearbeiten etwa 20 Projekte jährlich. Dazu gehört aktuell ein Ergon-Core-Sattel für City-Räder, außerdem soll die neue Technologie auch im sportlichen Bereich zum Einsatz kommen. Mehr als 3000 Händler beliefert RTI Sports, hat internationale Partner und wächst. An der A 61 soll ein Logistikzentrum entstehen: „Wir wollen in Koblenz bleiben“, bekräftigt Franc Arnold.