Rückblick Prostituierte wurde vor zehn Jahren leblos aufgefunden
Prostituierte "Brigittche": Erinnerungen an ein Altstadtoriginal

Koblenz. Über Brigitte Karbach kursierten viele Geschichten. Einige stimmten, die meisten wohl eher nicht. Eines hat die Koblenzerin ganz unbestritten geschafft: Auch noch zehn Jahre nach ihrem Tod dürfte sie zu den bekanntesten Persönlichkeiten der Zeitgeschichte an Rhein und Mosel gehören.

Kein Wunder: Die Frau, die alle Höhen und Tiefen des Gewerbes kennengelernt hatte, war im Altengraben omnipräsent, und in ihren letzten Jahren hatte die Altstädterin auch außerhalb der Stadtgrenzen einen Kultstatus erreicht.

KO-DM 500: Dieses Kennzeichen steht für die wohl bekannteste Geschichte des stadtbekannten Freudenmädchens, das auf dem Gipfel seines geschäftlichen Erfolgs in einem Mercedes-Cabriolet durch die Stadt rollte. Ältere Koblenzer können sich noch gut an diese Episode erinnern, die wie auch andere Erzählungen über sie die Büttenreden bei närrischen Veranstaltungen bereicherte.

Doch die wenigsten dürften die gelernte Friseurin, die eine Zeit lang in der Polizeikantine gearbeitet hatte, wirklich gekannt haben. Aber es hieß immer wieder, dass ihr ein Partner übel mitgespielt und sie um ihr Vermögen gebracht hatte. Nach dem Ende des legendären Goldenen Sterns und der Mainzer Bierstube im Altengraben verbrachte die Blondine ihre Tage dort meist auf der Straße, eine kleine Wohnung war ihr Rückzugsraum, bis sie kurz vor ihrem Tod in den Altenhof umzog. Dort fand man sie am 21. September 2008 leblos. Schnell stand fest: „Brigittche“ starb eines natürlichen Todes – arm und wohl auch einsam. Sie wurde nur 66 Jahre alt.

Schnell merkte so mancher, wie sehr sie fehlte. „Das Brigittche hat immer aufgepasst“, betonten Nachbarn gern, und es gab auch den einen oder anderen Polizeibeamten, der das inoffiziell bestätigte. Die Frau aus dem Gewerbe war zu einem Ordnungsfaktor geworden, und sie gab Tipps, wo man gut und preiswert zu Mittag essen konnte. Nach eigenen Angaben hat sie bis zuletzt als Hure gearbeitet. Noch im Juli 2006 bekannte sie gegenüber dem Nachrichtensender N 24, dass sie seit 47 Jahren im Gewerbe tätig war.

Und an einem Tag, wohl ebenfalls im Sommer 2006, erzählte sie verdutzten Nachbarn, dass sie sich wie ein junges Mädchen fühlt. „Ich habe heute Vormittag schon drei Freier gehabt“, bilanzierte sie freimütig. Danach wurde es jedoch schnell ruhiger um die Frau, die schon zu Lebzeiten als Altstadtoriginal mit dem Status eines „Wahrzeichens von Koblenz“ galt. Die Tage, an denen sie nicht an ihrem Stammplatz am Eingang zum Altengraben zu finden war, häuften sich.

Zehn Jahre nach ihrem Tod fällt eine Einschätzung immer noch schwer. Fest steht aber, dass die Standardaussage „Ihre Kunden sind mit ihr gealtert“ Brigitte Karbach nicht gerecht wird. Die Altstädterin hatte jedoch eine Gabe: Brigittche konnte Generationen verbinden, weil sie gegenüber Neuem aufgeschlossen war. Sie brachte es sogar zu einiger Bekanntheit.

Egal, ob in den sozialen Medien oder auf dem Titel eines Mundartalbums: Brigitte Karbach war dabei, sie konnte über sich und ihr Leben schmunzeln. Dass sie im Internetclip „Dau bes Kowelenz“ eine Hauptrolle spielte, war die logische Konsequenz.

Ihr Wunsch nach einer Bronzestatue, die an sie erinnert, hat sich nicht erfüllt. Auch Initiativen, zumindest einen Innenhof nach ihr zu benennen, blieben erfolglos. ka

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