Bei ihm ist aber sicher alles okay mit dem Curriculum Vitae? „Das 'von' ist auf jeden Fall echt“, entgegnet der 52-Jährige – und lächelt verschmitzt. Wert auf die Präposition in seinem Nachnamen legt er nicht. Am Telefon meldet er sich schlicht mit „Heusinger“, als es um die Terminabsprache für dieses Porträt geht.
Im Namen tragen die Heusingers das „von“ erst seit Ende des 19. Jahrhunderts, erzählt der neue stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Mainzer Landtag. Der Urgroßvater, ein Arzt aus Marburg, wurde seinerzeit via verliehenem Titel für seine Verdienste in der Medizin in den Adelsstand erhoben. Vielleicht sähe Carl-Bernhard von Heusinger das anders, stünde eine jahrhundertealte Familientradition hinter dem Namen: „Früher bedeutete das einfach nur den Zugang zur Adelswelt. Aber auch das spielt ja heutzutage keine Rolle mehr.“
In Braunschweig aufgewachsen und zur Schule gegangen, absolvierte der Sohn eines Kunsthistorikers und einer Kirchenmusikerin zunächst den Zivildienst, zog dann zum Jura-Studium nach Kiel. Das Leben am Wasser hat ihn geprägt – und später die Rheinanlagen der Koblenzer Südstadt zu einem seiner Lieblingsorte werden lassen. „Hier sitze ich ganz oft. Manchmal auch mit Laptop zum Arbeiten“, verrät von Heusinger und lässt seinen Blick über den Rhein am Kaiserin-Augusta-Denkmal schweifen.
Der Strom beruhige ihn. „Ich liebe einfach Wasser, diesen breiten Fluss. Das gibt der Landschaft Weite“, schwärmt der gebürtige Niedersachse von seiner Wahlheimat, in die es ihn eher zufällig verschlug. 1996 kam er mit seiner damaligen Frau für das Referendariat an das Koblenzer Oberlandesgericht – und blieb dann in der Stadt.
„Nicht, weil wir irgendwie hängen geblieben wären, sondern weil es uns hier sehr gut gefallen hat“, betont von Heusinger. In Pfaffendorf war er bereits zuhause, auf dem Asterstein. Mittlerweile lebt er mit seinem 16-jährigen Sohn in der Südlichen Vorstadt. „Männer-WG“, sagt er schmunzelnd. Der jüngere Sohn wohnt unterdessen bei der Mutter. Dass ihr Vater jetzt in den Landtag eingezogen ist, hat die beiden Jungs nicht sonderlich beeindruckt. Es hat sie schon ein wenig stolz gemacht, klar, räumt von Heusinger ein: „Aber dass der Vater auch ab und zu in der Zeitung steht, sind die beiden ja schon gewohnt.“
Seit 2019 sitzt der Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei im Koblenzer Stadtrat, leitet hier die Grünen-Fraktion. Keine drei Jahre später nun der Sprung nach Mainz auf die landespolitische Bühne. Eine Blitzkarriere? „Nicht wirklich und nur auf den ersten Blick“, klärt von Heusinger auf. Schon als Jugendlicher ging er bei Friedensdemos mit, protestierte gegen den Nato-Doppelbeschluss. „Ich bin als Jugendlicher links-grün politisiert worden. Auch durch meinen Vater“, erzählt er weiter.
In offizielle Ämter und Funktionen drängte es von Heusinger aber nicht wirklich, wenngleich er vor seiner Zeit im Stadtrat im Bundes- und Landesfinanzrat saß, in etlichen Landesarbeitsgemeinschaften aktiv war und die Grünen auch auf Landesebene mit seinem juristischen Background beriet. Doch der Beruf als Anwalt sei stets erste Priorität gewesen. „Das macht mir einfach unheimlich viel Freude.“ Bis er dann im Mai 2019 in den Koblenzer Stadtrat gewählt wurde. Von Heusinger merkte schnell, dass ihm auch politische Ämter liegen: „Ich dachte immer, die Zeit, die ich in solch ein Amt reinstecken muss, würde mich belasten. Aber das Gegenteil war der Fall. Ich habe gemerkt, wie viel Spaß mir auch das macht.“
Nun also geht es in Mainz weiter. Bis das am Wahlabend Mitte März feststand, musste von Heusinger lange zittern. Erst um kurz nach 22 Uhr kam der Anruf, dass er mit von der Partie ist in der Fraktion der Grünen. Gute Chancen hatte er sich zwar vorab ausgerechnet. „Da bin ich selbstbewusst genug“, betont von Heusinger.
Als das Ergebnis feststand, war das dennoch ein besonderer Moment. Den teilte er als erstes mit seinen Eltern, griff zum Handy und rief den Vater an, wie die Mutter jenseits der 90 Jahre alt. „Die waren beide mächtig stolz“, freut sich von Heusinger noch immer. Auch mit 52 kann die Anerkennung der Eltern die schönste sein.