In Bernd Müllers Lagebeurteilung schwingt eine ordentliche Portion Ironie mit. „Notfalls spielen wir eben auf dem Parkplatz“, sagt der Erste Vorsitzende der Sportgemeinschaft 2000 Mülheim-Kärlich. Dann formuliert der Vereinschef in nüchternen Worten, was ihn umtreibt: „Wenn der Kunstrasenplatz zeitweise ausfällt, haben wir die Befürchtung, dass uns dann Kapazitäten für Training und Spiele fehlen.“
Müllers Sorgen hängen mit einem Vorgang zusammen, der die Mitglieder des Sportvereins ganz grundsätzlich zunächst einmal freut: Für rund 540.000 Euro will die Verbandsgemeinde Weißenthurm den Kunstrasen am Schul- und Sportzentrum Mülheim-Kärlich runderneuern, etwa 73.000 Euro sollen zudem in eine neue Flutlichtanlage fließen. Dass beides dringend erledigt werden muss, bestreitet niemand. Der Kunstrasen ist löchrig, Sportler sprechen von einer erhöhten Verletzungsgefahr, wenn hier nicht bald etwas passiert. Die Flutlichtanlage? „Sie entspricht aufgrund ihres Alters nicht mehr den heutigen technischen und energetischen Anforderungen“, so die Verbandsgemeindesprecherin Katharina Demleitner.
Dringlichkeitssitzung des Rates
Der Verbandsgemeinderat kam aufgrund der Dringlichkeit dieser Tage gar in einer kurzfristig anberaumten Sitzung zusammen, um den Vorgang anzuschieben. Die Mitglieder des Gremiums stimmten der Auftragsvergabe an zwei Firmen grundsätzlich zu, wenn auch abschließende Prüfungen noch ausstehen. Verbandsgemeindebürgermeister Thomas Przybylla (CDU) hob während der Sitzung hervor, wie energetisch sinnvoll die Umrüstung der Flutlichter auf LED-Technik sei – weswegen die Nationale Klimaschutzinitiative die Maßnahme ja auch fördere.
Während der Sitzung wurde indes auch klar, dass die Kunstrasen-Sanierung wohl zwischen zwei und drei Monate dauern wird. Und, wie die Verbandsgemeindeverwaltung nun auf Nachfrage präzisierte: Losgehen könnte es bereits im Oktober, mitten in der Herren-Saison. Der Spielbetrieb solle so wenig wie möglich beeinträchtigt werden, sagt zwar Katharina Demleitner. Bernd Müller befürchtet aber dennoch, dass er zwischenzeitlich nicht weiß, wo er seine kleinen und großen Kicker hinschicken soll. „Wir haben 20 Mannschaften im Spielbetrieb, von den Vier- bis Fünfjährigen bis hin zu unserer Ersten.“
Wir sollten den Verein während der Sanierung nicht allein lassen und nach Ausweichmöglichkeiten suchen.
Der Mülheim-Kärlicher Stadtbürgermeister Gerd Harner
Zu Einordnung: Die Situation in Mülheim-Kärlich ist nicht ganz alltäglich. Die SG 2000 ging im namensgebenden Jahr aus der Fusion von SSV Mülheim sowie SSV Urmitz/Bahnhof hervor, ihre Erste Mannschaft spielt heute Oberliga und damit relativ hochklassig. Noch dazu gehört die Sportgemeinschaft zu den mitgliederstärksten Fußballvereinen der Region. Einen eigenen Platz hat sie aber nicht, so wie auch die Stadt Mülheim-Kärlich selbst nicht über einen Kunstrasenplatz verfügt. Ausweichen für den Spielbetrieb können die Fußballer nur auf den nahen Hybridplatz, der aber nicht ständig zur Verfügung steht, auch weil er regenerieren muss. Als Trainingsalternative, die anno 2022 eigentlich keine mehr ist, gibt es in Mülheim-Kärlich nur mehr Tennenplätze.
Auf die problematische Situation wies dann während der Verbandsgemeinderatssitzung auch der Mülheim-Kärlicher Stadtbürgermeister Gerd Harner (Freie Wähler) hin. Er warb dafür, die SG während der Sanierungsphase nicht allein zu lassen und nach Ausweichmöglichkeiten zu suchen. Es wäre gut, so Gerd Harner weiter, wenn man mit den Nachbargemeinden ins Gespräch kommen und prüfen könnte, wo es noch Kapazitäten gebe.
Hilfe aus der Nachbarschaft?
Bernd Müller ist hier allerdings aktuell wenig optimistisch. Sein Verein hat bereits in der Vergangenheit in umliegenden Orten in den Rathäusern und bei den Vereinen nachgefragt, ob die SG auf dortige Sportanlagen ausweichen könnte, da es selbst mit geöffnetem Kunstrasen und Hybridrasen manchmal platztechnisch eng wird für den Fußballverein.
Dabei handelten sich Müller und seine Mitstreiter meist Absagen ein – die Plätze würden anderweitig benötigt. So gesehen finden viele Fußballer und SG-Fans in Mülheim-Kärlich, es brauche noch einen weiteren Fußballplatz, gegebenenfalls in Trägerschaft der Stadt Mülheim-Kärlich. Fest geplant sei zwar noch nichts, sagt Harner. Aber prinzipiell wäre es gut, darüber für die Zukunft zu sprechen, sagt der Stadtbürgermeister.