Anna Drutin stammt aus Schepetowka in der Ukraine und ist in einer russisch sprechenden Familie aufgewachsen. Mit zweieinhalb Jahren kamen ihre Eltern mit ihr nach Deutschland. Anna Drutin Leben klingt bewegt: Sie wurde in Lahnstein groß, fühlt sich auch mit Koblenz verbunden, sang beispielsweise am Koblenzer Theater. Sie entschied sich, ihr Abitur nachzumachen und studierte Wirtschaftspsychologie in Berlin, betrieb eine Agentur für Internetseiten und machte eine Heilpraktikerausbildung, arbeitete als psychologische Beraterin und plant, Kindercafés zu eröffnen. Das erste in Mainz. Aktuell lebt sie in Taunusstein nahe Wiesbaden, würde aber gern zurückkommen kommen: „Lahnstein und Koblenz sind meine Heimat, hier fühle ich mich wohl“, betont sie.
Frauen haben Angst, auf der Straße zu landen
Heimat ist für sie hier in Deutschland, aber auch ein wenig in der Ukraine. Sie fühlt sich mit den Frauen dort verbunden. Die Wirtschaftspsychologin sagt: „Ich habe in so vielen Facebookgruppen gelesen, welche Angst die Frauen haben, ihr Land zu verlassen, weil sie nicht wissen, wohin sie gehen sollen und was aus ihnen wird.“ Die 31-Jährige meint, dass ihnen eine Perspektive fehlt und sie Angst haben, obdachlos zu werden. Das Monatsgehalt liege in ihrem Heimatort beispielsweise bei etwa 200 Euro. „Damit kommt man hier ja nicht weit.“ Die Frauen brauchen Arbeit, um sich zu versorgen und eine Perspektive zu haben, ist Anna Drutin überzeugt.
Nun wird sie, wenn alles glattgeht, am 9. April mit zehn Flüchtlingsfrauen einen Beautysalon in der Pfuhlgasse eröffnen. Etliche der Ukrainerinnen sind schon hier. „Ich habe mich für alle um Unterkünfte gekümmert und den Transport organisiert“, sagt Drutin. Dabei habe ihr auch das Helfernetzwerk von Slava Sorokin sehr geholfen (wir berichteten). Zwei Frauen haben ihr aber auch schon geschrieben, dass sie unsicher sind, ob sie herkommen sollen.
Ich habe Respekt vor Anna Drutins Plan, innerhalb weniger Wochen im Koblenzer Zentrum einen Beautysalon zu eröffnen, in dem geflüchtete Ukrainerinnen arbeiten sollen. Die 31-Jährige hat sich für dieses Projekt verschuldet und muss nun jeden Monat einige Tausend Euro erwirtschaften, allein um die ...RZ-Kommentar zum Beautysalon als Flüchtlingsprojekt: Vorbild für andere, wenn es klappt
Das war bei einer vierköpfigen Frauengruppe mit Kindern anders. Sie hatten sich nach Estland geflüchtet, wo der Mann einer der Frauen lebt. „Das war viel zu eng für alle“, sagt Drutin. Drei der Frauen und deren Kinder sind nach Koblenz gekommen. „Sie sind in einer Nachbarschaft in Immendorf untergekommen, was total toll ist.“ Auch ein Waisenkind sei dabei, das verwandt mit einer der Frauen ist. „Die Hilfe hier ist wirklich wow“, sagt Drutin. Als der Krieg ausbrach, war eine andere Ukrainerin grad für einen Job in Ägypten. Sie konnte nicht mehr nach Hause zurück. erzählt Drutin. Auch diese Frau möchte im Salon arbeiten.
Auf die Ladenidee kam Anna Drutin, weil sie von russischsprachigen Freunden und Bekannten schon öfter gehört hat, dass die Ukrainer in kosmetischen Sachen weiter seien als viele. „Ich weiß, dass so ein Salon in Koblenz voll den Bedarf hat“, sagt Anna Drutin selbstbewusst. Ein Blick auf ihre Hände, die aus barocken Kleiderärmeln ragen, verrät: Sie selbst trägt keine Kunstnägel, läuft zu Hause auch gern ungeschminkt und leger gekleidet herum.
Ukrainische Fachkräfte in sozialen Netzwerken gesucht
Direkt, als ihr die Idee mit dem Salon kam, suchte sie mit einem Post in Facebookgruppen flüchtende Frauen, die qualifizierte Fachkräfte im Bereich Beauty sind, um mit ihnen in Koblenz einen Beautysalon zu eröffnen. Am selben Tag fand sie auf einem Immobilienportal einen Beautysalon in Koblenz, der übernommen werden kann. Den schaute sie sich am Folgetag an – und sagte zu.
Auch beim Personal hatte sie Glück. „Ich bekam 60 Zuschriften“, sagt Anna Drutin. Ihr war wichtig, dass die Frauen nicht zu schwer traumatisiert sind und wirklich arbeiten können, erzählt die Wirtschaftspsychologin. Zudem wollte sie Frauen beschäftigen, die alles verloren haben oder sich auch sonst vorstellen können, hier zu bleiben. „Die Motivation ist groß, jede von denen möchte etwas schaffen und sich hier etwas aufbauen.“
„Die Frauen können zeigen, was sie beruflich drauf haben.“
Anna Drutin ist vom Können der Flüchtlingsfrauen überzeugt
In ihrem Salon sieht sie viel Potenzial für alle Seiten. „Die Frauen können zeigen, was sie beruflich drauf haben.“ Zudem sind sie alle aus demselben Land geflohen. „Ich hoffe, dass sie sich gegenseitig Halt geben können und Freundschaften entstehen.“ Für die Kinder sei es gut, dass sie mit den Müttern privat untergebracht sind. Zudem werde jede dieser Frauen ihren Kindern etwas mitgeben können, weil sie integriert leben.