Koblenz/Region
Operation am offenen Herzen: Wie geht es weiter mit dem Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein?
Die Zukunft des Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein mit seinen fünf Krankenhäusern wie dem Kemperhof in Koblenz (Bild) wird am Montag erneut im Zentrum der Diskussion stehen. Der Kreistag Mayen-Koblenz und der Koblenzer Stadtrat beraten erneut über den weiteren Weg.
Sascha Ditscher

Koblenz/Region. Das Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein (GKM) steht vor dem Verkauf an Sana – oder doch nicht? Vor wichtigen Gremiensitzungen in Koblenz und im Kreis MYK am Montag sind noch viele Fragen offen. Eine Einordnung.

Die Zukunft des Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein mit seinen fünf Krankenhäusern wie dem Kemperhof in Koblenz (Bild) wird am Montag erneut im Zentrum der Diskussion stehen. Der Kreistag Mayen-Koblenz und der Koblenzer Stadtrat beraten erneut über den weiteren Weg.
Sascha Ditscher

Das Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein (GKM) hat in der Vergangenheit in einer Taktung für Schlagzeilen gesorgt, die sich nicht einmal der optimistischste Marketingstratege für ein von ihm vertretenes Thema wünschen könnte. Das Problem dabei ist nur: Die Themen, die den Verbund mit seinen fünf Krankenhäusern in Koblenz, Mayen, Boppard und Nastätten in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt haben, sind alles andere als Werbung für den Maximalversorger im nördlichen Rheinland-Pfalz.

Liquiditätsengpässe, Zukunftssorgen, Sanierungsstau und Investitionsvorhaben im dreistelligen Millionenbereich, deren Finanzierung offenbar kaum ohne einen Privatinvestor zu stemmen sein wird. Die Zeit drängt, und gefühlt täglich verändert sich die Lage, gibt es einen neuen Stand, gibt es Fort- und immer wieder Rückschritte.

Am Montag werden sich schon wieder die Augen nach Koblenz richten – und zwar nicht nur die der rund 4300 Mitarbeiter, sondern auch die der Patienten der Großregion, für die das Klinikum einen wesentlichen Faktor der Gesundheitsversorgung darstellt. Am Montag steht das Haus nämlich erneut auf der Tagesordnung der Sitzung des Kreistags Mayen-Koblenz und einer weiteren Sondersitzung des Koblenzer Stadtrats.

Viele Fragezeichen vor Montag

Klar ist, dass die beiden Gremien letztlich über weitgehend gleichlautende Beschlussvorlagen beraten werden. Nur: Wie diese aussehen werden, das ist noch völlig offen. Wesentliche Schritte für die weitere Zukunft sollen eingeleitet werden. Aber die Lage ist so verworren und im Fluss, dass derzeit noch niemand sagen kann, worüber dort genau entschieden werden soll – weder im Kreishaus noch im Koblenzer Rathaus. Auf der Tagesordnung beider Gremien steht bislang lediglich ein völlig allgemein gehaltener Punkt ohne Beschlussvorlage. Ein Platzhalter ohne Inhalt.

Eigentlich sollte es zumindest indirekt zum Spruch bei der Frage kommen, ob man den Weg weiter beschreitet, die Sana Kliniken AG ins Boot zu nehmen. Beziehungsweise, um im Bild zu bleiben: sie sogar an dessen Steuer zu lassen. Denn: 51 Prozent der Gesellschafteranteile will Deutschlands drittgrößter privater Klinikbetreiber erwerben und damit die Führung im Haus übernehmen.

Der Großteil der Anteile für den Einstieg soll von den vier kirchlichen Stiftungen kommen, die als Gesellschafter bislang zusammen nicht ganz die Hälfte halten. Der Rest soll von den beiden anderen Gesellschaftern verkauft werden, der Stadt Koblenz und dem Kreis Mayen-Koblenz.

Ein möglicher Einstieg der Sana, der frisches Geld ins Unternehmen bringen soll, wurde von Anfang an von kontroversen, teils erhitzten Debatten begleitet. Mal mehr mal weniger ideologisch, mal mehr mal weniger pragmatisch, mal mehr mal weniger nachvollziehbar.

Überschattet wird der Prozess zudem von Sanas Verhandlungsgebaren, das kaum geeignet ist, Vertrauen in den potenziellen Partner aufzubauen. Wo es dieses gegeben haben mag, wurde es durch die Causa Weihnachtsgeld endgültig erschüttert. Zur Erinnerung: Kurz vor Auszahlung der – vertraglich klar geregelten – Jahresleistung der Belegschaft hatte die von der Sana AG gestellte Geschäftsführung des Klinikums verkündet, nur 30 Prozent auszahlen zu können (unsere Zeitung berichtete).

Eine Welle der Empörung hatte das zur Folge – und eine ungewohnt geschlossene Front aus den Kommunen und der Politik. Das Geld wurde letztlich doch komplett gezahlt, aber der Schaden war angerichtet. All das bietet jetzt die Vorgeschichte für den nächsten Akt, der ein entscheidender werden kann – und eigentlich werden muss.

Austritt aus Arbeitgeberverband?

Neben den erwähnten grundsätzlichen Bedenken gegen eine Teilprivatisierung gibt es noch eine zusätzliche Hürde: Bislang hat Sana zur Voraussetzung für alles Weitere erklärt, dass Stadt und Kreis einem Austritt aus dem Kommunalen Arbeitgeberverband zustimmen. Sana will das GKM dann in seinen eigenen Haustarifvertrag aufnehmen. Eine Forderung, mit der sich viele in den Gremien schwertun und die für zusätzliche Unruhe im Haus gesorgt hat.

Diese Frage könnte daher eine Vorentscheidung bringen, ob es überhaupt einen weiteren Weg mit Sana geben kann. Gibt es den nicht, wird man sehen müssen, ob die Gespräche mit den Johannitern, die ebenfalls laufen, zu einem Ergebnis führen können. Oder ob es noch weitere denkbare Partner geben kann.

Eine praktische Frage wird so oder so zu klären sein: Wer übernimmt zum 1. April die Geschäftsführung des Gemeinschaftsklinikums Mittelrhein? Bislang hatte Sana im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrags das Unternehmen geführt, den Vertrag aber gekündigt – was viele als Druckmittel in den laufenden Verhandlungen gewertet haben. Offene und überaus drängende Fragen für die nahe und mittelfristige Zukunft des Gemeinschaftsklinikums gibt es also mehr genug.

Aber welche davon am Montag gestellt und durch die Gremien beantwortet werden, das ist derzeit noch völlig offen.

Ein Klinikum, fünf Häuser, sechs Gesellschafter

Zum Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein gehören die Krankenhäuser Kemperhof und Evangelisches Stift St. Martin in Koblenz, St. Elisabeth Mayen, Heilig Geist in Boppard und Paulinenstift in Nastätten. Rund 4300 Mitarbeiter arbeiten laut eigenen Angaben im GKM. Gesellschafter des Unternehmens sind neben der Stadt Koblenz und dem Kreis Mayen-Koblenz die vier Stiftungen Evangelisches Stift St. Martin Koblenz, Seniorenhaus zum Heiligen Geist und Hospital zum Heiligen Geist (beide Boppard) sowie die Diakoniegemeinschaft Paulinenstift Wiesbaden. is

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