Stromleitung sorgt in Wallersheim für Ärger - Stadt behält sich rechtliche Schritte vor
Neue Ultranet-Trasse soll durch ein Koblenzer Wohngebiet führen: Klagt die Stadt dagegen?
In Wallersheim soll die neue Ultranet-Trasse auch über eine Grundschule führen. Foto: Sascha Ditscher
Sascha Ditscher

Die Ultranet-Trasse sorgt an vielen Orten in Deutschland für Ärger. So auch in Wallersheim. Hier soll die Trasse über eine Grundschule führen. Die Menschen befürchten gesundheitliche Schäden und sorgen sich um ihre Kinder.

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Die geplante neue Ultranet-Trasse durch Wallersheim sorgt weiter für viel Ärger, Unverständnis und Sorgen. Die Trasse soll mitten durch ein Wohngebiet und über die dortige Grundschule führen (wir berichteten). In der jüngsten Sitzung des Stadtrats wurde erneut deutlich, wie Betreiberfirma Amprion und Bundesnetzagentur sämtliche Alternativvorschläge ignoriert hatten. Die Stadt will das so nicht hinnehmen, auch eine Klage ist möglich.

Dabei gibt es seit acht Jahren Bemühungen, dass die Trasse eben nicht mitten durch das Wohngebiet führt. Die 340 Kilometer lange Ultranet-Trasse zwischen Osterath (NRW) und Philippsburg (Baden-Württemberg) soll Ende des Jahres 2026 fertig sein. Sie soll Strom aus erneuerbaren Energien von Norden nach Süden transportieren. Der Strom stammt aus Windparks an und in der Nordsee. An vielen Orten in Deutschland sorgt die Trasse, die größtenteils über bereits bestehende Strommasten und Leitungen führt, für Widerstand. Viele Bewohner befürchten gesundheitliche Schäden.

Die Trasse führt direkt über die Grundschule, die Eltern machen sich große Sorgen.

Ernst Knopp

Das ist auch in Wallersheim der Fall. CDU-Stadtratsmitglied Ernst Knopp, der in Wallersheim wohnt, sagte in der Ratssitzung: „Die Trasse führt direkt über die Grundschule, die Eltern machen sich große Sorgen.“ Konkret gehe es um den hybriden Betrieb der Gleichstromleitung mit der Wechselstromleitung. Aufgeladene Teilchen könnten durch Windverwehung in das menschliche Atemwegssystem gelangen. Ob das gesundheitsschädlich ist, ist umstritten. Auf der Amprion-Internetseite heißt es – wenig überraschend – dazu: „Die im Bereich von Hochspannungsfreileitungen auftretenden Ionenkonzentrationen sind für Anwohner ungefährlich.“

In Wallersheim gibt es daher den Vorschlag, dass der Strommast samt Trasse im Kammertsweg um ein paar Hundert Meter verlegt wird, in den Bereich Ende Kammertsweg/Ecke Fritz-Ludwig-Straße. Normalerweise soll bei einer Gleichstromleitung ein Abstand von 400 Metern zur Wohnbebauung eingehalten werden, damit sich die aufgeladenen Teilchen dazwischen entladen können. Würde der Strommast in Wallersheim verlegt wie vorgeschlagen, würde besagter Abstand dort eingehalten. Doch das hat die Bundesnetzagentur abgelehnt. Ebenso den Vorschlag, die Stromkabel unter die Erde zu verlegen.

Unverständnis ist groß

Knopp sagte weiter: „Es werden überall Kabel in die Erde verlegt, nur nicht bei Ultranet. Das Unverständnis der Menschen ist auch groß, weil der Abstand zur Wohnbebauung nicht eingehalten wird.“ Zudem liege keine Unbedenklichkeitsbescheinigung für den Betrieb einer hybriden Leitung vor.

Ulrich Kleemann (Grüne) sagte im Stadtrat: „Die ganze Sache ist extrem ärgerlich. Es gibt seit 2013 ein Übergangsverbot von Trassen bei Gebäuden, in denen sich dauerhaft Menschen aufhalten.“ In Wallersheim dürfe es demnach keine Überspannung geben: „Das ist die einzige Trasse bundesweit, wo man eine Ausnahme macht.“ Die Bundesnetzagentur ziehe sich darauf zurück, dass es eine Bestandstrasse sei: „Dabei ist es hier etwas völlig Neues, da es eine Gleichstromleitung ist.“

2017 wurde eine Alternative vorgeschlagen

Eigentlich sei daher eine Prüfung erforderlich. Kleemann weiter: „Aber das hat man hier nicht beachtet, sondern sich über das Gesetz hinweggesetzt.“ Er verwies auch darauf, dass er 2017 – damals noch als Präsident der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord – mit der damaligen Landesumweltministerin Ulrike Höfken (Grüne) eine Alternativtrasse vorgeschlagen habe. Diese Trasse sollte Wallersheim umgehen, dafür über einen Mast im Industriegebiet Rheinhafen nach Niederwerth führen und ab Urbar über eine Länge von 900 Metern durch Erdkabel verlegt werden.

Dazu sagte Kleemann: „Diese Alternativtrasse ist damals nicht mal geprüft worden.“ Dabei hätten nur drei Masten verlegt werden müssen: „Ich bin erzürnt, wie man mit Stellungnahmen umgeht und sie einfach ignoriert, und sehe sehr gute Chancen zu klagen.“

Auf Anfrage unserer Zeitung teilt die Stadt zu einer möglichen Klage mit, dass sie derzeit ein Schreiben an die Bundes- und Landesregierung vorbereitet, um dort „unsere Einwände gegen die bisherige Planung des Trassenverlaufs in Koblenz vorzubringen. Mit geringem Aufwand ist ja aus unserer Sicht eine Verlagerung der Trasse möglich.“ Sie behält sich weitere rechtliche Prüfungen vor, die auch in ein Klageverfahren münden könnten.

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