Seit gut drei Jahren treffen sich die Gründungsmitglieder des Netzwerks „Junges Forschen“. Lange war nicht klar, wohin die Reise gehen sollte – Workshop-Veranstaltungen oder doch digitale Diskussionsplattform? Den Anstoß dazu gab Prof. Dr. Harald von Korflesch, damaliger Vizepräsident der Universität Koblenz, im Februar 2017. Zum Abschluss eines Semesters gibt es nur in wenigen Fachbereichen der Universität eine Würdigungsfeier für Abschlussarbeiten. Im Fachbereich Philologie/Kulturwissenschaften wurde damals die Arbeit von Alicia Sommerfeld ausgezeichnet. „Im Gespräch mit unserem damaligen Vize kam die Idee auf, dass man fachbereichsübergreifend die Studierenden dabei unterstützen sollte, ihre Arbeiten auszustellen“, erinnert sie sich. Um die Frage nach dem Wie zu klären und engagierte Studierende zu sammeln, fanden sich Alicia Sommerfeld, Aline Sohny, Linda Schürmann und Jeanine Krath zusammen, motiviert durch Kommilitone und Gründungsmitglied André Schneider. Die vier Frauen promovieren derzeit nach erfolgreichem Studium an der Uni Koblenz, Schürmann und Krath haben darüber hinaus eine Dozentenstelle.
Nach zwei Jahren der Überlegungen dann die Idee: Es soll eine Zeitschrift geben, in der junge Studierende der Uni Koblenz ihre Arbeiten veröffentlichen können. „Die Grundidee war ja, dass während des Studiums die Lust und das Interesse am Forschen geweckt werden sollten“, erklärt Alicia Sommerfeld. Häufig läge gerade in Haus- oder Abschlussarbeiten viel ungeschöpftes Potenzial, das bei Nichtwürdigung einfach verloren ginge – und damit auch die Motivation, weiterhin wissenschaftlich zu arbeiten oder sogar zu publizieren. „Genau das hat im Studium gefehlt“, meint Psychologiedozentin Linda Schürmann, „viele hatten tolle Themen, aber keinen Anknüpfpunkt. Viele der Arbeiten hatten gar keine Außenwirkung, sondern waren nur für die Schublade.“ Deshalb sollte die Festzeitschrift auch mehr sein als eine bloße Würdigung: „Das Ganze sollte auch eine Publikationserfahrung für die Studenten sein und den Stein des wissenschaftlichen Weiterarbeitens ins Rollen bringen“, sagt Aline Sohny.
Die Würdigung allerdings soll motivieren. Jeanine Krath berichtet: „Meine Professorin hat mich damals beim Publizieren meiner Bachelorarbeit unterstützt. Das Interesse und Gefühl der Anerkennung ist einfach schön.“
Doch nicht jeder hat das Glück eines besonders engagierten Professors und auch nicht jede Lehrperson die Kapazitäten für solche Angelegenheiten. „,Junges Forschen' entkoppelt das Ganze deshalb vom Engagement des einzelnen Lehrenden“, erklärt Sommerfeld. Ein solches Projekt ist deutschlandweit beinah einzigartig: „Durch unser Ausprobieren haben wir eine richtige Lücke gefunden“, sagt Linda Schürmann stolz, „wir machen etwas, das es so gerade an deutschsprachigen Unis kaum gibt.“ Durch „Junges Forschen“ soll der Nachwuchs gestärkt werden – und das bereits jetzt mit Erfolg. „Viel mehr Studenten haben jetzt auch Lust, vielfältige Daten zu erheben, weil sie sehen: Wenn ich mich anstrenge, lohnt es sich.“
Um den Studierenden nicht die Möglichkeit zu nehmen, später ihre Arbeiten in Fachzeitschriften zu veröffentlichen, werden die Arbeiten in der Festschrift als „Extended Abstracts“ abgedruckt. Die Kernaussagen der wissenschaftlichen Originalarbeit werden vom Verfasser prägnant zusammengefasst, für erstes wissenschaftliches Feedback. Die Fachbereiche, in denen veröffentlicht wird, sind vielfältig, und auch aktuelle oder regionale Themen wie Lernen und Motivation im Onlineunterricht oder die Kunstgeschichte des Templerhauses in Boppard werden gedruckt. „Den Studierenden ist selbst überlassen, ob sie ihre Arbeit auf Deutsch oder Englisch veröffentlichen“, erklärt Aline Sohny. Nach Empfehlung durch den Dozenten oder Bewerbung auf Eigeninitiative durchläuft die Arbeit den sogenannten Review Prozess. „Teams aus jedem Fachbereich korrigieren die Texte so lange in Zusammenarbeit mit dem Verfasser, bis auch ein Fachfremder ihn verstehen kann“, berichtet Sohny.
In der ersten Ausgabe (Mai 2020) erschienen vor allem Arbeiten aus der Anglistik sowie Geistes- und Kulturwissenschaft. „Da bestanden Kontakte“, erzählt Jeanine Krath, „Erst nachdem die erste Ausgabe draußen war, gab es eine enorme Resonanz.“ Schon in der zweiten Ausgabe (Oktober 2020) waren nahezu alle Fachbereiche der Universität Koblenz vertreten, in der aktuellen dritten Ausgabe (Mai 2021) sogar Arbeiten von Alumni, also Absolventen der Universität. Und für die vierte Ausgabe werden bereits fleißig Artikel gesammelt. Linda Schürmann freut sich: „Wir haben etwas geschaffen, das rundum positiv ist. Die Studenten freuen sich, weil sie wertgeschätzt werden. Die Dozenten freuen sich ihren Studenten eine Bühne bieten zu können, Eltern freuen sich, etwas von der Arbeit ihrer Kinder mitkriegen zu können.“ Und alle Mitglieder von „Junges Forschen“ freuen sich auch den Leuten in der Region zu zeigen, was an der Uni so passiert.
Mehr im Internet unter www.junges-forschen.de