Warum im Moment auf den Straßen so viel los ist und was man selbst tun kann, um dies nicht zu verschärfen
Nerven behalten im Straßenverkehr: Warum auf Koblenzer Straßen derzeit so viel los ist
Auf Koblenzer Straßen braucht man im Moment gute Nerven – und mehr Zeit. In den Wochen vor Weihnachten erhöht sich der Verkehr. Fotos: Kallenbach
Reinhard Kallenbach

Koblenz/Region. Wer mit dem Auto unterwegs ist, braucht Geduld. Das ist ohnehin oft so, aber in diesen Tagen noch deutlicher als sonst: Die Straßen rund um Koblenz sind voll, oft geht es nur im Schritttempo oder gar nicht vorwärts. Auch die Rückstaus und Verdrängungen durch die Baustelle auf der Raiffeisenbrücke spielen nach wie vor eine Rolle – aber vor allem ist es einfach voll. Warum ist das so? Und gibt es Lösungen? Eine Bestandsaufnahme.

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Auf Koblenzer Straßen braucht man im Moment gute Nerven – und mehr Zeit. In den Wochen vor Weihnachten erhöht sich der Verkehr. Fotos: Kallenbach
Reinhard Kallenbach

1 Das sagen Pendler: Morgens vor 8 Uhr muss ein Vater an manchen Tagen seine Kinder in die Stadt fahren, weil der Bus schon voll ist – da geht vor allem auf dem Moselring und dem Friedrich-Ebert-Ring gar nichts mehr, ist seine Beobachtung. Kaum vorwärts geht es auch auf der Strecke vom Autohof an der L 52 kommend in Richtung Innenstadt – über Kilometer zieht sich die Blechkarawane bis zum BWZK-Kreisel, erst da löst sie sich langsam auf. Das beobachtet eine andere Pendlerin auch für den Nachmittag und vermutet, dass viele Pkw von der Autobahn bei Metternich abfahren und dann über Aachener und Rübenacher Straße zur Nordtangente wechseln. Seit ein paar Tagen etwas weniger Verkehr registriert indes ein Vallendarer, der in Richtung Eifel fährt. Auf dem Rückweg ist allerdings immer Stau, lange schon vor der Autobahnbrücke.

Eine andere Pendlerin, die aus Braubach nach Koblenz fährt, schildert, dass es überhaupt keinen Sinn habe, vor 8 Uhr loszufahren. Denn dann steht sie quasi von Anfang an im Stau. Einige Stockungen sind sozusagen hausgemacht, beschreibt sie: So fahren beispielsweise viele Autofahrer auf der B 42 in Höhe der Tankstelle schon auf der Sperrfläche rechts rüber, statt die lange Wechselzone zu nutzen, das sorgt für absolut unnötige Rückstaus. Ähnliches sei auch im Übergang vom Moselring auf die B 9 in Koblenz zu beobachten, sagt eine andere. Und immer wieder: Kreuzungen werden vollgestellt, weil der Letzte noch gerade so bei Grün fährt, dann aber nicht weiterkommt.

2 So bewertet die Polizei die Lage: Es gibt mehrere Faktoren, die zu den häufigen Stockungen führen: So gibt es im Moment einige größere und kleinere Baustellen in Koblenz und der Umgebung, „zudem dürften sich aufgrund der Vorweihnachtszeit viele Fahrzeuge gleichzeitig, insbesondere zur Hauptverkehrszeit, auf den Straßen befinden“, so Violetta Heinrich von der Pressestelle des Polizeipräsidiums. „Es gibt schlichtweg zu viel (Auto-)Verkehr für die Stadt Koblenz.“ Sinnvoll sei es da sicher, auf den ÖPNV umzusteigen, Fahrgemeinschaften zu bilden oder morgens früher beziehungsweise auch generell außerhalb des Berufsverkehrs loszufahren, sind die Tipps. „Zuletzt ein aus polizeilicher, aber sicherlich auch gesamtheitlicher Sicht gut gemeinter Tipp: immer viel Geduld mitbringen und Staus stets mit einplanen, damit man nicht unnötig unter Zeitdruck gerät.“

3 Das sagt die Koveb: Das Phänomen ist typisch für den November und Dezember, „weil hier schlechtes Wetter, Weihnachtseinkäufe und weniger Urlauber zusammenkommen und jedes Jahr für erhöhten Individualverkehr sorgen“, beschreibt Tina Rudolph von der Koveb die Lage. Auf den Bus umzusteigen, wie auch die Polizei rät, sei nur halbwegs eine Lösung: Auch die Busse stehen oft im Stau, bestätigt Rudolph. „Die Busse der Koveb sind vom dichteren Stadtverkehr insoweit betroffen, als es temporär zu Verspätungen kommen kann.“ Größere Stockungen sind vor allem auf der Linie 8 zwischen Koblenz und Bendorf zu verzeichnen, hier vor allem zu Schulbeginn und am Nachmittag. „Vermehrt Beschwerden liegen uns aber nicht vor, da die Koveb zu den Stoßzeiten ohnehin mit zusätzlichen Einsatzwagen arbeitet.“ Und im Stadtverkehr selbst, beispielsweise auf der Hohenzollernstraße oder rund um den Zentralplatz, haben die Busse eigene Spuren, sodass sie deutlich schneller unterwegs sind als die Pkw. „Generell möchten wir an die Autofahrer appellieren: Lassen Sie, so oft es geht, das Auto stehen, und nutzen Sie das umfangreiche Busangebot in und um Koblenz! Das schont nicht nur die Nerven, sondern auch die Umwelt.“ Tina Rudolph verweist auf Angebote wie die Tages- oder Minigruppenkarte, die wesentlich günstiger seien als Spritverbrauch und Parkgebühren. „Und einen Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt kann man sich auch noch gönnen!“

4Das rät der ADAC: Einige der Staus rund um Koblenz werden durch die aktuellen Baustellen auf der Neuwieder Raiffeisenbrücke verursacht, dadurch gibt es auch Staus auf der B 42. Auf dieser Strecke in Richtung Lahnstein wird ebenfalls gearbeitet. Das werde in den kommenden Jahren nicht besser, prognostiziert Mirco Hillmann vom ADAC: „Mehr als die Hälfte aller Brücken auf Bundesfernstraßen wurde zwischen 1960 und 1980 gebaut. Die Brücken wurden jahrzehntelang einfach auf Verschleiß gefahren, für Instandsetzungen wurde zu wenig Geld ausgegeben“, bewertet er. „Der Sanierungsbedarf wird in den nächsten Jahren weiter zunehmen, zum Beispiel an der Pfaffendorfer Brücke, verbunden mit der Folge von Baustellen, Sperrungen, Staus.“

Auch im Bereich der B 9-Stadtdurchfahrt kommt man zu den Hauptverkehrszeiten alles andere als zügig durch.
Reinhard Kallenbach

Zudem seien immer noch viele Menschen aus Angst vor einer Corona-Infektion wieder im eigenen Pkw statt im Bus unterwegs. „Das sorgt für ein zusätzlich hohes Verkehrsaufkommen.“ Grundsätzlich empfehle der ADAC, das Auto außerhalb der Stoßzeiten zu bewegen, Alternativrouten zu wählen oder das Park-and-ride-System zu nutzen. Die vier Park-and-ride-Anlagen seien durch Linienbusanlagen angebunden, so Hillmann: der Parkplatz Karthause, Hochschule/Schulzentrum durch die Linie 2/12, Metternich, Uni/Winninger Straße mit den Linien 3/13 und 4/14, Moselweiß/Kurt-Schumacher-Brücke ebenfalls mit 3/13 und 4/14 und Oberwerth, CGM-Arena/Stadion mit der Linie 3/13.

5 Ein Taxifahrer rät zu Gelassenheit: Tja, das sei tatsächlich alle Jahre wieder ein Thema, sagt ein Taxifahrer am Bahnhof und lacht. Im November fährt kaum einer in Urlaub, im Dezember erledigen die Leute Weihnachtseinkäufe. „Da kommt es einem schon so vor, als würden die Leute aus der Verwaltung um halb vier heimfahren, da wartet dann schon die Frau und sagt: ,Wir müssen noch was einkaufen'“, beschreibt er. Anders als in früheren Jahren habe er allerdings das Gefühl, dass es zurzeit mehr Baustellen in der Vorweihnachtszeit gebe, das sei früher besser koordiniert gewesen, glaubt er. Viele Handlungsmöglichkeiten habe er als Berufsfahrer nicht, manchmal schlage er allerdings einem Fahrgast vor, eine leicht weitere Strecke zu nehmen, weil die schneller gehe, oder der Fahrgast bitte selbst darum.

„Aber es hilft ja auch nichts“, sagt er gelassen. „Was soll man sich aufregen, es ändert nichts.“ Und wenn Leute aus dem Umland in die Stadt fahren und sich da nicht sofort auskennen, bringt Ärgern oder Hupen auch nichts. „Einfach mal entspannt bleiben.“ Vor allem, weil es endlich ist: „Früher ging es bis Heiligabend, jetzt wird es meist schon so am 22. ruhiger. Da muss man einfach durch.“

Die Staustadt: Was sind Ihre Erfahrungen?
Die tägliche Blechlawine in der Vorweihnachtszeit: Welche Erfahrungen machen Sie auf den Straßen von Koblenz? Stehen Sie auch regelmäßig im Stau? Wo sind die schlimmsten Stellen der Stadt, zu welchen Zeiten wird es dort richtig eng? Und welche Tipps haben Sie, um dem Stau aus dem Weg zu gehen? Schicken Sie uns Ihre Erfahrungen, Ideen und Meinungen per E-Mail an regionales@rhein-zeitung.net. Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldungen.

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