Nach Verdi-Warnung: Was die Vertretung der Mitarbeiter von den Verantwortlichen erwartet
Nach Verdi-Warnung zu Verkaufsgerüchten beim GKM: Was die Vertretung der Mitarbeiter von den Verantwortlichen erwartet
Die Frage, ob das Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein (im Bild der Kemperhof) privatisiert werden soll, wird weiter hitzig diskutiert. Foto: Sascha Ditscher
Sascha Ditscher

Das Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein (GKM) mehrheitlich in den Händen eines privaten Investors? Für die Gewerkschaft Verdi eine drohende Katastrophe, die spätestens seit laufenden „Geheimgesprächen“ mit der Sana Kliniken AG im Raum stehe. Der drittgrößte deutsche Krankenhausbetreiber ist bislang nur mit der Geschäftsführung des GKM beauftragt, könnte aber demnach Mehrheitsgesellschafter werden – was Verdi als „Sündenfall“ bezeichnet. Jetzt antwortet der Betriebsrat des Klinikums.

Die Frage, ob das Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein (im Bild der Kemperhof) privatisiert werden soll, wird weiter hitzig diskutiert. Foto: Sascha Ditscher
Sascha Ditscher

Katastrophe und Sündenfall: „Solche Begriffe sind dazu geeignet, bei den MitarbeiterInnen Ängste zu schüren, damit man sie leichter mobilisieren kann“, entgegnet Christoph Bernhard, Vorsitzender des Konzernbetriebsrats am GKM. In erster Linie gehe es den Betriebsräten an den fünf Häusern in Koblenz, Mayen, Boppard und Nastätten darum, die Arbeitsplätze zu sichern. „Und dieses Ziel lässt sich mit weniger Emotionen vermutlich leichter erreichen.“ So höre sich auch die Verdi-Aussage, es sei eine der Lehren aus der Corona-Pandemie, das Gesundheitswesen eben nicht den privaten Kapitalinteressen zu überlassen, nur zunächst einmal gut an, sie sei aber nicht schlüssig. Bernhard: „Man darf zumindest fragen, ob in der Corona-Krise die privat geführten Kliniken die Bevölkerung schlechter versorgt hätten, und ob die unter staatlicher Führung laufenden Gesundheitsämter tatsächlich bestens auf ihre Aufgabe vorbereitet waren. Blickt man etwa auf die Krankenhausfinanzierung, die auf Länderebene in staatlicher Zuständigkeit liegt, so funktioniert diese aus Bernhards Sicht ebenfalls nur unzureichend.

Ist denn dann für den Betriebsrat der Weg mit einem privaten Mehrheitsgesellschafter der richtige, oder jedenfalls einer, den man mitgehen werde? Klar ist: Eine Grundsatzentscheidung der Kommunen steht an, so Christoph Bernhard, und das vor allem wegen der finanziellen Lage und der in den kommenden Jahren anstehenden Investitionen. Eigentlich stehen die Länder gesetzlich in der Pflicht zur Übernahme der Investitionskosten. „Die Realität sieht leider anders aus.“ Vergütungen der Krankenkassen fließen dort hinein, fehlen bei der Deckung der Betriebskosten, vor allem im Personalbudget. Und auf Dauer lassen sich trotz aller Anstrengungen die veralteten Gebäude und teilweise überholte Medizintechnik nicht kompensieren. Die Lösung soll ein gemeinsamer Standort der Koblenzer Häuser Kemperhof und Stift bringen. Aber wie soll ein dreistelliger Millionenbetrag aufgebracht werden?

Christoph Bernhard
Hilko Röttgers

Die Stiftungen haben bereits signalisiert, dass sie als Gesellschafter nichts mehr werden beisteuern können (wir berichteten). Wollen Stadt und Kreis eine Privatisierung des Klinikums verhindern, muss aber klar sein, dass künftig viel Geld gebraucht wird – und sie das zuverlässig abdecken müssen. Die Haushaltslage der Kommunen ist angespannt, kein Zweifel. Dennoch: „Wenn man den berechtigten Aufwand der Stadt Koblenz zugunsten des öffentlichen Nahverkehrs betrachtet, der sich über etliche Jahre erstrecken wird, dann stellt sich für uns Betriebsräte die Frage: Hat nicht auch das Gesundheitswesen als vermutlich wichtigster Teil der öffentlichen Daseinsfürsorge einen mindestens gleichwertigen Rang?“ Wobei Bernhard einräumt, dass es bei den Kommunen nicht nur eine Frage des Wollens, sondern auch des Dürfens werden kann. Denn eine Finanzierung über die Haushalte von Koblenz und Mayen-Koblenz muss auch von der Aufsichtsbehörde abgesegnet werden. Und das kann ein Problem werden, so Bernhard.

Kommen Stadtrat und Kreistag zur Überzeugung, dass es ohne einen privaten Investor nicht gehen wird, dann gilt die Sorge der Betriebsräte vor allem dem Erhalt der kleineren Standorte Boppard und Nastätten. Wichtig sei dann auch eine faire Beurteilung der Anteilswerte im Unternehmen insgesamt. Keinesfalls sehe man sich im GKM als „Sanierungsfall, der für den berühmten 1 Euro über die Ladentheke gehen darf.“ Es müsse vor einem Verkauf von Gesellschafteranteilen eine sachgerechte Preisfindung geben. Und: „Aus unserer Sicht wären weitere Voraussetzungen die Beibehaltung der Tarifbindung und die Unterlassung von Outsourcing oder betriebsbedingten Kündigungen“, betont Bernhard, „wir Betriebsräte am GKM erwarten ein verantwortungsvolles Handeln der zuständigen Gremien.“

Von unserem Redaktionsleiter Ingo Schneider

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