Es war eine Vermisstensuche der besonderen Art: Maria Willis geht am Freitagmittag einkaufen, begleitet von ihrem kleinen Shih Tzu Peluche (spanisch für Kuscheltier), „er ist nicht größer als eine Katze“, erzählt sie im Telefonat mit der RZ. An diesem Freitag hat sie frei, weil sie am nächsten Tag Geburtstag hat und dafür einkaufen und vorbereiten möchte. Ihren kleinen Hund bindet sie bei den Einkaufswagen am Rewe-Markt im Löhr-Center an, erledigt ihre Einkäufe. Das hat sie schon ein paarmal so gemacht, die Einkäufe gehen ja schnell, sie weiß genau, was sie braucht. Doch als sie zurückkommt, sieht sie sofort: Peluche ist weg, mitsamt Leine.
Fix und fertig vom Verlust
„Ich bin losgerannt, hab geschrien, ,Mein Hund, mein Hund'“, erzählt die junge Mexikanerin in gutem Deutsch. Hoch und runter im Center, in der Hoffnung, die Person noch zu sehen, die Peluche mitgenommen hat. Einer der Passanten rät ihr, zur Kunden-Information zu gehen, das tut sie weinend. „Die Frau war fix und fertig“, erinnert sich die Info-Mitarbeiterin, sofort ruft sie Wachleute, die zwar gerade bei einem Einsatz sind, aber schon drei, vier Minuten später an Ort und Stelle ankommen. Auch die Polizei ist schnell da.
Ich habe gedacht, ich bin hier in Deutschland, hier ist alles sicher, aber dann wird mein Hund entführt. Ich habe nur geweint, den ganzen Tag, wir alle haben nur geweint.
Maria Willis hatte ihren kleinen Hund vor dem Supermarkt im Löhr-Center angebunden – und als sie wieder rauskam, war er weg.
„Die Besitzerin saß auf dem Boden und hat geweint, es war ganz schrecklich“, sagt die Info-Mitarbeiterin. „Es ist aber auch ein süßer kleiner Kerl!“ Maria Willis hat Fotos auf dem Handy, zeigt sie auch den Wachleuten und der Polizei. „Sie haben dann gesagt, dass es Überwachungskameras gibt“, erzählt die Hundebesitzerin. Die Filme werden gesichtet, und schnell ist auf den Monitoren auch die Person ausgemacht, die Peluche losgebunden und mitgenommen hat. Erst haben sie eine andere im Verdacht, aber dann wird sichtbar: Eine schlanke ältere Frau versucht, Peluche in eine Tasche zu stecken, doch dafür ist selbst der kleine Hund zu groß. Also geht sie mit ihm an der Leine davon.
Unendlich traurig und verzweifelt
„Kurz darauf wusste die Polizei dann schon, dass sie in einen Bus eingestiegen ist“, erzählt die 34-Jährige. Soweit sie weiß, haben die Beamten auch nach einem Gespräch mit dem Busfahrer schnell herausgefunden, wo die Frau und der Hund ausgestiegen sind. Wo sie wohnt, weiß man damit aber natürlich noch nicht. Maria Willis bittet die Beamten, ihr die Bilder aus der Überwachungskamera zur Verfügung zu stellen, damit sie selbst in Sozialen Medien nach ihrem Hündchen suchen kann – „doch das geht nicht, haben die gesagt, Datenschutz.“ Ihr Verständnis dafür ist sehr begrenzt, aber es bleibt ihr nichts anderes übrig als zu Hause zu warten. Untätig sind sie und ihr Freund indes nicht, obwohl sie unendlich traurig und verzweifelt sind und viel weinen.
Alle waren so schnell da zum Helfen, und dann hat die Polizei auch ganz schnell gewusst, in welchen Bus die Frau mit meinem Hund eingestiegen ist. Alle haben geholfen. Ich bin so dankbar.
Maria Willis
Sie informieren das Tierheim, dass Peluche gestohlen wurde, und stellen seine Daten und ein Foto von dem kleinen Shih Tzu außerdem auf der Internetplattform Tasso ein, auf der unter anderem vermisste Tiere gemeldet werden können. Und das wird zu Kommissar Zufall: Eine Pfaffendorferin wundert sich, dass ihre Nachbarin plötzlich einen Hund hat. Das kommt ihr äußerst merkwürdig vor. Und zum Glück kennt sie selbst die Seite Tasso und schaut dort nach – und entdeckt die Suchanzeige für das kleine Hündchen. Sie informiert die Polizei, die den Hund abholt. Als die Beamten der Polizeiinspektion Lahnstein am Abend bei Maria Willis zu Hause ankommen, weint sie wieder – diesmal vor Glück.
Strafverfahren wegen Diebstahls gegen die Entführerin
Ihr kleiner Peluche ist unbeschadet wieder da. „Ich hatte ja dann Geburtstag am nächsten Tag, da war er mein größtes Geschenk“, sagt die junge Frau, die seit acht Jahren in Koblenz lebt. Warum die Entführerin Peluche mitgenommen hat, weiß sie nicht, sagt sie achselzuckend. Für sie ist aber klar: „Ich werde ihn nie mehr irgendwo anbinden“, sagt Maria Willis fest. Dabei hatte sie gedacht, in Deutschland sei alles so sicher.
Gegen die Hunde-Entführerin wurde ein Strafverfahren wegen Diebstahls gemäß Paragraf 242 Strafgesetzbuch eingeleitet, so Verena Scheuer von der Pressestelle des Polizeipräsidiums auf Anfrage der RZ. „Das Strafmaß beträgt laut Norm bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe, ist aber aufgrund der breiten Spanne immer schwer abzuschätzen und vom Einzelfall abhängig.“