Abiprüfungen werden nicht verschoben - Ursache für Serverprobleme geklärt
Nach großem iPad-Datenverlust an zwei Koblenzer Schulen: So geht es den Schülern heute
Schulunterricht
An vielen Schulen in Deutschland ist die Arbeit mit Tablets mittlerweile Standard, so auch an den zwei Schulen in Koblenz. Viele der Schüler dort waren daher schockiert, dass ihre Mitschriften von jetzt auf gleich plötzlich verschwinden konnten – und forderten Aufklärung.
Uli Deck. picture alliance/dpa/Uli Deck

Es war ein Skandal: Ende Oktober erlebten Schüler des Görres- und Hilda-Gymnasiums hautnah mit, wie ein Großteil ihrer Lernmaterialien auf den schuleigenen iPads plötzlich verschwanden. Viele von ihnen standen kurz vor den Abiturprüfungen. Wie geht es ihnen heute? Und wie reagiert das Bildungsministerium in Rheinland-Pfalz auf diesen Vorfall? Wir haben nachgefragt.

Schulunterricht
An vielen Schulen in Deutschland ist die Arbeit mit Tablets mittlerweile Standard, so auch an den zwei Schulen in Koblenz. Viele der Schüler dort waren daher schockiert, dass ihre Mitschriften von jetzt auf gleich plötzlich verschwinden konnten – und forderten Aufklärung.
Uli Deck. picture alliance/dpa/Uli Deck

Am Hilda- und Görres-Gymnasium ist nichts mehr wie vorher. Der 31. Oktober bedeutete für viele Schüler einen großen Einschnitt in ihre Schullaufbahn. An jenem Tag sind alle über die Jahre angesammelten Arbeitsblätter, Übungsaufgaben, Notizen und andere Schulmaterialien von jetzt auf gleich auf ihren Schul-iPads unwiderruflich gelöscht worden.

Die Stadt, die für die Verwaltung der iPads zuständig ist, spricht von einem bedauerlichen Problem auf ihren Servern. Jetzt ist klar: Es soll ein Bug auf der Mobile Device Management-Software (kurz: MDM) gewesen sein, der den Fehler verursacht hat. Diese Software ist für die zentralisierte Verwaltung der Geräte zuständig. Mittlerweile wurde der Bug behoben, heißt es auf der Intranet-Seite der Stadt.

Geplante Software-Umstellung sei nicht der Grund für Datenverlust gewesen

In diesem Jahr sollten die Schulen der Region nach und nach auf eine andere Software umgestellt werden. Die Lizenzen der bisherigen Software liefen ursprünglich zum 31. Oktober aus. Einige Schüler vermuteten nun, dass der Datenverlust am selben Tag, an dem die Lizenz auslief, kein Zufall gewesen sein konnte.

Die Stadt dementiert aber auf ihrer Intranet-Seite erneut, dass die Software-Umstellung der Grund für den Datenverlust sei. Der Termin für die Löschung der Daten nach Umstellung, ursprünglich für den 30. Oktober geplant, wurde in Absprache mit den Schulen verschoben, da dieser Zeitplan für viele zu kurzfristig gewesen sei.

Landtagsabgeordnete stellen Anfrage ans Bildungsministerium

Nach Bekanntwerden des massiven Datenverlustes wurden Fragen danach laut, warum der Landesdatenschutzbeauftragte ein automatisches Backup in der Cloud verbieten würde. Mehrere CDU-Landtagsabgeordnete, darunter Peter Moskopp, der den Wahlkreis Bendorf/Weißenthurm vertritt, stellten daraufhin eine Kleine Anfrage an das rheinland-pfälzische Bildungsministerium. In der Antwort der Bildungsministerin Stefanie Hubig heißt es: „Die Erstellung von Backups ist grundsätzlich möglich, soweit die Tablets oder andere Endgeräte datenschutzkonform gesichert werden. Dabei muss in jedem Fall Sorge getragen werden, dass bei der Übermittlung der entsprechenden Lernnotizen ein zulässiger Zugriff ausgeschlossen wird.“

Das Ministerium würde datenschutzkonforme Backups ermöglichen, zum Beispiel im Schulcampus RLP. Schlussendlich sei es aber die Entscheidung der einzelnen Schulträger und Schulen, welche Backup-Möglichkeiten sie benutzen möchten.

Schulen hätten jetzt Zugriff auf städtische Cloud

Wie ging es jetzt weiter? Die Stadt berichtet, dass beide betroffenen Schulen auf die neue Software umgestellt worden sein sollen und einen Zugriff auf die städtische Cloud haben. „Auch wenn damit keine automatisierte Sicherung erfolgen kann, steht den Nutzenden ausreichend Speicherplatz zur Verfügung, um selbständig Daten direkt vom iPad zu sichern“, heißt es auf der Intranet-Seite. Ebenso berichtet sie: „Die Möglichkeit, Daten der iPads zu sichern, ist in den Schulen mit der Umstellung kommuniziert und erfolgreich getestet.“ 17 weitere Schulen sollen bereits Termine zur Umstellung bekommen haben.

Die Verschiebung der Abiturprüfungen hält das rheinland-pfälzische Bildungsministerium nicht für notwendig, teilt Ulrich Gerecke, Pressesprecher des Ministeriums, in einem Schreiben an unsere Zeitung mit. Die Lehrer könnten eigenständig beurteilen, „welche Auswirkungen der Verlust von Material auf die Vorbereitung haben kann, und können dies bei der Vorbereitung berücksichtigen“.

Die Schüler müssen sich keine Sorgen machen.

Sprecher des rheinland-pfälzischen Bildungsministeriums

An den betroffenen Schulen sollen laut Pressesprecher Gerecke zusätzliche Wiederholungseinheiten durchgeführten werden, eventuell sollen auch weitere Unterrichtseinheiten abgehalten werden. Das Ministerium sei sich sicher, dass „am Ende gute Lösungen für alle Schülerinnen und Schüler gefunden werden. Die Schüler müssen sich keine Sorgen machen.“

Doch was sagen die Schüler der betroffenen Schulen selbst? Wir sprachen erneut mit dem Schüler des Görres-Gymnasiums, der sich schon vor einem Monat bei unserer Zeitung gemeldet hat.

Fast alle Kursarbeiten werden regulär geschrieben

Bei ihm sollen fast alle Kursarbeiten regulär geschrieben werden. Bei Kursen, bei denen zwischen dem Datenverlust und der Kursarbeit keine Unterrichtsstunde mehr gelegen haben, wird die Klausur verschoben. Er erzählt uns in einer E-Mail: „In jeder Stunde nach dem Datenverlust wurde über die Aufarbeitung gesprochen und inwieweit der Lehrer oder die Lehrerin uns noch von ihm oder ihr übriges Material schicken kann.“

Rund ein Drittel der Lehrer hätten ihm zufolge noch einzelne Daten behalten, in dem sie diese extern gespeichert hätten. Die anderen Lehrer hätten auf die Mitarbeit ihrer Schüler gesetzt. Diese sollen die Daten, die sie behalten konnten, für die Klasse zusammentragen. Trotzdem sei die Klausurenvorbereitung schwierig, da „viele Lehrkräfte nicht über die von den Schülern bereitgestellten Dokumente drüber schauen und sich so oft Fehler einschleichen und man Falsches lernt“, erzählt der Schüler.

Durch die Berichterstattung fühlt man sich gehört.

Schüler des Görres-Gymnasiums

Über die breite Berichterstattung in den Medien – neben der Rhein-Zeitung hatte auch der SWR über den Fall berichtet – freut er sich. „Nach dem Statement der Stadt kam in der Schule ein großes Unverständnis dafür auf, dass ein so gravierender Fehler ohne jegliche Konsequenzen mit sich geht“, erzählt er. „Durch die Berichterstattung fühlt man sich gehört.“

Die Schüler erhoffen sich, dass sich durch den medialen Druck langfristig etwas ändert und die Stadt ihre Systeme verbessert. Eine eigene Cloud, wie sie die Stadt jetzt ausgerollt hat, sei längst überfällig, findet er.

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