Die Familie trauert. Die meisten sind noch immer völlig fassungslos, wie es zu dem schlimmen Unfall am Koblenzer Schwanenteich kam, bei dem Anfang November zwei Freunde gestorben sind. Und obwohl kein Geld der Welt den neunfachen Vater und dreifachen Großvater ersetzen kann, der beim Versuch, seinen Freund vor dem Ertrinken zu retten, gestorben ist, so hat seine Cousine nun doch eine Spendenkampagne ins Leben gerufen. Denn neben allem anderen fehlt eben auch Geld, um der Familie ein paar Dinge zu erleichtern.
Der Zusammenhalt in den Familien ist eng
Die eine Tochter lebt mit ihrem Kind etwas weiter entfernt. Sie will versuchen, eine Wohnung in der Nähe der Mutter und Geschwister zu finden. Darin soll sie unterstützt werden, erzählt Natalie Reinhardt im Telefonat mit der RZ. Ihr Vater und die Mutter des Verstorbenen sind Geschwister, sie ist also eine Cousine des Verunglückten. Und Familienzusammenhalt ist in den großen Sinti-Familien eng, zu denen Reinhardts gehören.
Vier der neun Kinder des Verunglückten gehen noch zur Schule, einer ist auf die schiefe Bahn gekommen und im Gefängnis, durfte aber zur Beerdigung des Vaters auf dem Asterstein kommen, berichtet Natalie Reinhardt weiter. Ihm will die Familie helfen, nach dem Gefängnisaufenthalt wieder Fuß zu fassen.
Er liebte die Musik
Und es gibt so vieles anderes, was mit etwas mehr Geld etwas leichter ist. Über die Spendenplattform Gofundme hat die 40-Jährige den Spendenaufruf eingestellt. Natalie Reinhardt schildert dort, was ihr Cousin für ein Mensch war: Seit Jugendalter seien er und seine Frau ein Paar gewesen, „mit neun gemeinsamen Kindern und schon drei Enkelkindern, er war ein liebevoller Vater und Großvater, fröhlich, liebte die Musik, komponierte und sang eigene Lieder“. Für jeden Spaß sei er zu haben gewesen, ein lebensfroher Mann, der alles für seine Familie tat.
Für die engere Familie, Witwe, Kinder, Geschwister, sei es furchtbar schwer, mit dem Verlust klarzukommen, beschreibt Natalie Reinhardt. Deshalb habe sie als Cousine nun die Spendensammlung in die Hand genommen, um irgendwie helfen zu können. Die 10.000 Euro, die sie als Spendenziel gesetzt hat, seien willkürlich, man müsse ja irgendeinen Wert angeben. Viele kleine Summen sind bisher eingegangen, aber auch einmal 500 und einmal 300 Euro. 2475 Euro sind bis Freitagmittag zusammengekommen.
Anfang November hatte der schlimme Unfall viele Menschen in Koblenz erschüttert – und auch zunächst viele Fragen aufgeworfen. Denn nachdem der 49-Jährige bei einer Suchaktion im Schwanenteich zwischen Oberwerth und Vorstadt tot geborgen worden war, suchte die Polizei weiterhin nach seinem 35-jährigen Freund. Zum Hintergrund aber machten die Ermittler keine Angaben, sodass wilde Gerüchte aufkamen. Zwei Tage später wurde die Leiche des 35-Jährigen ebenfalls geborgen, aber die Polizei gab weiter keine Details heraus. Und auch die Familie hatte keine Informationen, sodass sich auch hier große Verunsicherung breitmachte, sagt die Cousine. „Wir wussten gar nicht, ob nicht doch Fremdverschulden vorlag oder ähnliches.“
Nachrichten auf dem Handy gaben Aufschluss über den Ort
Erst einige Zeit später wurde klar, was passiert sein muss: Die beiden Männer hatten Freude daran, auf dem Schwanenteich ein ferngesteuertes Motorboot fahren zu lassen. Dies hatte sich offenbar festgefahren, und um es zu bergen, ging der Jüngere der beiden Freunde, der nicht schwimmen konnte, mit einer Luftmatratze ins Wasser. Doch er fiel ins Wasser, und bei dem Versuch, ihn zu retten, kamen beide Männer ums Leben. „Der Freund ertrank, und mein Cousin hat einen Herzinfarkt erlitten“, berichtet die 40-Jährige.
Drei Tage waren die beiden Männer vermisst, dann wurde das Auto des 49-Jährigen gefunden, schildert Natalie Reinhardt weiter. Sein Handy war drin, und Nachrichten belegten, dass die beiden Freunde versuchen wollten, das Boot zu bergen. Die Familie alarmierte die Polizei, und nach ein paar Stunden fanden die Einsatzkräfte, die auch mit dem Hubschrauber das Gelände absuchten, die Leiche des neunfachen Vaters. „Nach Bangen und Hoffen konnte er nur noch leblos aus dem Schwanenteich geborgen werden“, so die Cousine. Die Leiche seines Freundes wurde erst zwei Tage später gefunden.
Mehr Details zum Unfallhergang
Langsam ergeben sich noch mehr Details: Die Familie hat nun gehört, dass Spaziergänger die beiden Freunde ermahnt haben sollen, sie sollten mit dem Boot nicht auf dem Schwanenteich fahren, wegen der Tiere, die dort leben. „Vielleicht wollten sie es deshalb heimlich rausholen“, mutmaßt die Cousine. „Ein schrecklicher Unfall.“
„Me Bagrau man basch dumende für go teileben und für i digni spenda“, beschließt Natalie Reinhardt den Spendeaufruf, „das ist in unserer Sprache und heißt so etwa: Ich danke Ihnen für Ihre Spende.“ Ihre Sprache, das ist die Sinti-Sprache, erzählt sie. Früher wurde in den Familien nur so gesprochen, doch nun setze sich mehr und mehr Deutsch durch, da in die großen Familien auch viele Deutsche eingeheiratet haben. Der Zusammenhalt aber bleibt groß. Man hilft sich untereinander, so wie jetzt.
Wer die Familie unterstützen will, findet die Spendenaktion auf der Plattform Gofundme unter dem Stichwort Reinhardt.