Kurzfilm "Chasing Memories": Schauspielerin Marina Welsch kehrt für Filmdreh an die Mosel zurück - auch Bürgermeister spielt kleine Rolle
Moselorte werden zu Filmkulissen: Schauspielerin dreht Kurzfilm in der Region
Stefanie Braun

Die Schauspielerin Marina Welsch entdeckte während eines Filmprojekts vor zwei Jahren das Moseltal für sich. Für die eigens gefertigte Lesung „Vom Weinen und Lachen“ mit Schauspielerkollegin und -freundin Anja Kruse kehrte sie Ende 2023 bereits einmal zurück, jetzt dreht sie den Kurzfilm „Chasing Memories“ in der Region.

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Es geht um Vergebung, erzählt Marina Welsch, während sie auf ihren Regisseur und Kameramann, Henry Buchmann, am Set wartet. Welsch sitzt die Sonne im Nacken, sprichwörtlich, denn das kostbare Licht, das an diesem Tag eher spärlich vorhergesagt ist, möchte sie für den Dreh ihrer ersten Szenen nutzen. Doch Buchmann ist nicht auffindbar, der Makler alias Lehmens Bürgermeister Arnold Waschgler auch nicht, Co-Star Calvin Burke wäre zur Stelle, wird für die Anfangsszene aber nicht gebraucht.

Welsch möchte an der Untermosel ihren eigenen Kurzfilm „Chasing Memories“, zu deutsch etwa „Jagende Erinnerungen“, drehen. Erneut hat sie sich für die malerische Landschaft, die mittelalterlichen Gassen, die historischen – und teils brachliegenden – Gebäude entschieden. Die Region entdeckte sie im Jahr 2022 bei einem anderen Filmprojekt – „Torquemadas Fluch“, erdacht, geschrieben und gedreht von Buchmann. In Lehmen drehten sie wichtige Szenen in der Ruine der Burg Weckbecker und lernten dabei die Region kennen – und ebenso Bürgermeister Waschgler.

Lehmens Bürgermeister Arnold Waschgler übernimmt eine kleine Rolle neben Hauptdarstellerin Marina Welsch. Gefilmt werden sie - per Drohne - von Kameramann und Regisseur Henry Buchmann.
Stefanie Braun

Der hat 2022 alles mit einem Rundflug ins Laufen gebracht. Buchmann hatte seiner Tochter einen solchen zum Geburtstag geschenkt, nicht ganz uneigennützig. Er war auf der Suche nach passenden Burgruinen für seinen Film, die Tochter Lea Bishop, Autorin in Kanada, sollte aus der Luft Aufnahmen machen. Doch beim Rundflug war der Akku der Kamera leer. Statt zu filmen kamen Waschgler und Bishop ins Gespräch. Sie erzählte vom Projekt des Vaters, er von der Burg Weckbecker, die mitten im Ort verfalle und die er für eine passende Location halte. Damit hat Buchmann mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Drehort und -genehmigung, dazu gabs mit dem Bürgermeister einen Piloten und Komparsen – genauso wie in Welschs Film nun.

Seine Schwester, sagt Waschgler, sei bei den Wagner Festspielen auch mal Komparsin gewesen. Damals hatte er schon ein offenes Ohr für die Erzählungen der Schwester, die im richtigen Leben Finanzbeamtin in Worms ist. Kunst und Kultur müsse man unterstützen, sagt er beim Dreh in Kobern-Gondorf. Zumal, wenn es Aufmerksamkeit, im Filmgeschäft als „Publicity“ bezeichnet, für den eigenen Ort oder auch die Burg Weckbecker bringe. Zwar habe es schon Investorenanfragen für das Objekt gegeben, aber die machten alle kehrt, wenn sie mal herausfänden, wie hoch der Aufwand – und die Kosten – für eine Instandsetzung wären: „Aber vielleicht findet sich durch den Film ja jemand, der zwei Millionen irgendwo langweilig auf dem Konto liegen hat“, scherzt der Ortschef.

Hier ist die Welt noch etwas mehr in Ordnung.

Marina Welsch

Für ihren Kurzfilm hat Welsch nur wenige Drehtage angesetzt. Inhaltlich dreht er sich um das Schicksal einer Frau – gespielt von Welsch selbst – die bei einem Autounfall Ehemann (Calvin Burke) und Sohn verliert und nun ein letztes Mal in das bereits verkaufte Familienheim zurückkehrt. Drehorte sind erneut die Burg Weckbecker in Lehmen, die Außenansicht des Schlosses Liebieg in Kobern-Gondorf und der Garten der Pension St. Marienhof. In dieser wohnen die Filmschaffenden derzeit auch. Betreiber Roland Stefa war zunächst mal neugierig, als er gefragt wurde, ob man in seinem Garten ein paar Szenen drehen könne. Das Projekt gefällt ihm, weil es Aufmerksamkeit in die Region bringt – aber auch ein Augenmerk auf Probleme und fehlende Infrastruktur oder die stillgelegte Baustelle des Schlosses Liebieg direkt vor seiner Tür legt: „Wir hätten hier im Paradies leben können“, bedauert Stefa die Situation.

Das Drehbuch haben Welsch, Buchmann und Tochter Lea innerhalb von drei Wochen geschrieben, noch auf dem Weg an die Mosel habe sie über Szenenbilder und Drehdetails nachgedacht, erzählt Welsch. Finanziell stemmt sie die Low-Budget-Produktion, die sie später bei verschiedenen Festivals einreichen möchte, selbst.

Pensionsbetreiber Roland Stefa stellt den St. Marienhof als Drehort zur Verfügung.
Stefanie Braun

Doch warum immer wieder die Mosel, das frage mittlerweile auch ihr Mann Zuhause in Nordrhein-Westfalen, sagt Welsch: „Hier ist die Welt noch etwas mehr in Ordnung“, befindet sie. Die Region erinnert sie an eine gute alte Zeit, eine sorglose Zeit. An ihre eigene Kindheit, an die sie sich gerne erinnert. Auch wenn ihr Film von ganz anderen Erinnerungen handelt, immerhin wird die Hauptfigur von Stimmen aus ihrer Vergangenheit verfolgt, von Schuldzuweisungen, warum sie als einzige den Unfall überlebt habe. Zum Teil biografische Momente, einem Freund von ihr sei ähnliches passiert, erzählt Welsch, ihr Bruder habe ebenfalls einen schlimmen Unfall gehabt, sei daraufhin querschnittsgelähmt gewesen. Doch: „Die Botschaft des Films ist, dass man sich selbst vergeben und das Leben als lebenswert betrachten muss“, erklärt Welsch: „Damit man wieder zu Leben anfängt und nicht genauso tot ist wie die Verstorbenen.“

Von Stefanie Braun

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