Von unserem Redakteur Volker Schmidt
Bürgerinitiativen wie am Mittelrhein haben sich an der Terrassenmosel bislang nicht gebildet. Das soll sich nach dem Willen der Freien Bürgerliste (FBL) Winningen ändern. Diese hatte zu einer Informationsveranstaltung mit Rolf Papen vom Verein „Wir gegen Bahnlärm“ aus Weißenthurm und Hans-Joachim Mehlhorn von der Bundesvereinigung gegen Schienenlärm ins Winninger Turnerheim eingeladen.
Und vor allem Papens emotionaler Vortrag sorgte für Resonanz im Publikum, zu dem nicht nur Interessierte aus Winningen und den umliegenden Orten, sondern auch aus dem Kreis Cochem-Zell gehörten. „Werden Sie auch aktiv, sonst werden Sie von den Ereignissen überrollt!“, drängte er die Moselaner. Zu den Ereignissen, die Papen ansprach, gehört und anderem der Bau der zweiten Röhre des Kaiser-Wilhelm-Tunnels zwischen Ediger-Eller und Cochem. Durch diese befürchtet Papen nämlich eine deutlich erhöhte Belastung der Moselstrecke. „Die wird gebaut, damit mehr Züge in größerer Geschwindigkeit da durchdonnern können.“ Viele Moselaner befürchten dasselbe. Auch die Landräte der Kreise Mayen-Koblenz und Cochem-Zell hatten eine höhere Belastung in einer gemeinsamen Erklärung von 2007, in der sie diverse Lärmschutz- und Sicherheitsmaßnahmen forderten, prognostiziert.
Ob das wirklich so sein wird, ist allerdings noch nicht klar. Die Bahn behauptet auf Nachfrage der RZ das Gegenteil: „Wir hatten vorher zwei Gleise in einem Tunnel, danach haben wir zwei Gleise in zwei Tunneln. An der Kapazität und der Leistungsfähigkeit der Strecke ändert sich dadurch nichts“, sagte Bahnsprecher Torsten Sälinger. Die Baumaßnahme diene dazu, die Sicherheit zu erhöhen. Aussagen, an die Papen und auch Mehlhorn nicht glauben, obwohl beide in ihren Vorträgen immer wieder betonten, dass sie es für falsch halten, auf direkten Konfrontationskurs mit der Bahn zu gehen. „Wir sind nicht gegen die Bahn, sondern gegen Bahnlärm“, sagt Papen.
Allerdings nicht nur gegen den, sondern auch gegen die Erschütterungen, den Staub und den Schall, die durch die Züge entstehen. Zudem prangerte Papen die vielen Gefahrguttransporte an. Er bezog sich auf eine Statistik der Eisenbahnuntersuchungsstelle des Bundes (EUB), wonach es in Deutschland pro Jahr zu 350 Kollisionen kommt, und erinnerte mit Fotos an zurückliegende Unglücke. „Das kann auch hier passieren“, mahnte er. Papen nannte Gefahrenpunkte an der Mosel, direkt in Winningen. „Das Viadukt hier ist einst ausgelegt worden für eine Achslast von zwei Tonnen. Heute fahren die da mit 20 Tonnen Achslast drüber.“ Auch die Geschwindigkeiten, die gefahren würden, seien höher, als es die Strecke an vielen Punkten zulassen würde. „Die Bahn arbeitet daran, Zuglängen und Geschwindigkeiten noch zu erhöhen“, erklärte der Aktivist.
Er forderte eine „gleiche Immissionsgrenze für alle“. Für die Bahn gebe es diese nicht. Die Lärmbelastungen, die durch Züge, vor allem durch Güterzüge entstehen, seien einfach zu hoch. „Unsere Aufgabe ist es zu fordern, wo die Obergrenze ist. Und die Obergrenze ist da erreicht, wo sie krank macht.“
In Winningen rannte Papen mit seinem Vortrag offene Türen ein. Einige Winninger waren im Vorfeld schon selbst aktiv geworden. Wie etwa Hans Schultz, der Dritte Beigeordnete der Gemeinde. Er hatte Lärmmessungen vor dem Moselkiosk unweit der Bahnstrecke durchgeführt und war dabei auf Werte von bis zu 97 Dezibel gekommen. Einige Anwesende regten an – analog zu einer bereits bestehenden Lärmkartierung des Eisenbahn-Bundesamts -, ähnliche Messungen an der gesamten Mosel durchzuführen – auch auf der Seite, auf der keine Züge fahren. Denn auch dort ist der Bahnlärm zu hören, wie ein Burgener einwarf.
Letztendlich unterschrieben mehr als ein Drittel der Anwesenden auf einer Liste der FBL. Das Ziel: die Gründung einer ortsübergreifenden Bürgerinitiative. Mehlhorn, dessen Bundesvereinigung gegen Schienenlärm die Interessen aller BIs koordiniert, hatte in seinem Vortrag auch dazu ermutigt, diesen Schritt zu gehen. Und Papen betonte noch mal: „Dieser Abend war für die Katz, wenn sie das Thema nicht weiterverfolgen.“