Erneut beschweren sich Eltern über Fahrer, die Schüler anschnauzen oder stehen lassen - Was ist da los in den Rheindörfern?
Maskenpflicht und Co: Ärger um Busse in den Rheindörfern – DB Regio entschuldigt sich bei Kind
Bus der Rheindörfer-Linie 338: In den vergangenen Wochen gab es immer wieder Kritik von Eltern. Foto: Rico Rossival
Rico Rossival

Sie ist weiterhin höchst lebendig, die Debatte in den Rheindörfern um die Maskenpflicht in Bussen, um Schüler, die nicht mitgenommen werden, und um Fahrer, die vermeintlich zu robust auftreten. Nun haben sich weitere Eltern zu Wort gemeldet, um sich über den Umgang mit ihren schulpflichtigen Kindern zu beschweren. Die Busunternehmen erklären ihr Vorgehen - entschuldigen sich in einem Fall aber auch.

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Bus der Rheindörfer-Linie 338: In den vergangenen Wochen gab es immer wieder Kritik von Eltern. Foto: Rico Rossival
Rico Rossival

Sie ist weiterhin höchst lebendig, die Debatte in den Rheindörfern um die Maskenpflicht in Bussen, um Schüler, die nicht mitgenommen werden, und um Fahrer, die vermeintlich zu robust auftreten. Ein kurzer Rückblick: Am Nachmittag des 20. Septembers wird der Fünftklässer Marlon in Mülheim-Kärlich von einem Bus der Linie 338 stehen gelassen. Er irrt in der Folge durch den Gewerbepark, bis seine Mutter ihn abholt. Marlon durfte offenbar nicht einsteigen, weil er keine Maske dabei hatte – obgleich Mitschüler ihm eine abgeben wollten. Marlons Mutter läuft Sturm, unsere Zeitung berichtet. In der Folge haben sich nun weitere Eltern zu Wort gemeldet und Kritik geäußert.

1. Welche Vorwürfe gibt es?

Im Kern geht es bei der Elternkritik oft um Fahrten der Busse von Zickenheiner und seines Subunternehmens, der DB Regio Bus. Zickenheiner ist seit Ende 2021 vom Landkreis für die Fahrten unter anderem in den Rheindörfern beauftragt. Die Busse der Linien 338 und 30 sind keine Schulbusse, aber oft so eingesetzt, dass sie Schüler befördern, etwa zum Schulzentrum Mülheim-Kärlich. Einige der Elternanmerkungen sind zeitlich nicht vollständig zuzuordnen. So berichtet eine Mutter, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will, eine Freundin ihrer Tochter sei angeraunzt worden, als diese ihr Ticket vergessen habe: „Das nächste Mal lasse ich dich stehen.“

Ein Zwölfjähriger habe sich, der Vorfall ist wohl mehrere Monate her, in Weißenthurm an einer Haltestelle erkundigt, ob der Bus nach Kaltenengers fahre. „Nein, nach Polen“, habe der Fahrer dem verunsicherten Jungen gesagt, der sich daraufhin nicht traute, einzusteigen. Seine Mutter berichtet von einem weiteren Vorfall: Ihr Sohn wollte an einem Tag vergangene Woche morgens um 7.35 Uhr in Kaltenengers in den Bus der Linie 338 nach Weißenthurm steigen. Doch auf dem Weg zum Bus hatte er die Maske verloren. Der Junge berichtet, dass der Fahrer ihm deshalb den Einstieg verweigert habe.

Eine dritte Mutter aus Kaltenengers beschwert sich in ähnlicher Hinsicht: Ihre Tochter sei aufgelöst morgens vom Bus wieder gekommen, der Busfahrer habe sie nicht mitgenommen – wegen einer vergessenen Maske. „Dabei wohnen wir gleich nebendran, es wäre möglich gewesen, noch schnell eine Maske zu holen.“ Kathrin Köhler wiederum berichtet von einem Vorfall Anfang September. Ihr 13 Jahre alter Sohn besucht die St.-Franziskus-Schule in Koblenz und wollte mit der Linie 30 zurück nach Kaltenengers. Er hatte sein Ticket verloren, die Mutter hatte ihm deswegen ein digitales Ticket per DB-App gekauft. Der Fahrer habe behauptet, so Köhler, das Ticket sei eine Fälschung und dem Jungen die Mitfahrt verweigert – „ohne den QR-Code zu prüfen“, sagt Köhler. In den nächsten Bus habe er einsteigen dürfen.

Oft geht es bei der Kritik der Eltern nicht nur um das Verweigern der Mitfahrt, sondern auch um den Tonfall, den Busfahrer den Minderjährigen gegenüber an den Tag legen. Und immer wieder ist zu hören: Es werde Winter, die Sorge, dass die Kinder in Kälte und bei aufziehender Dunkelheit stehen gelassen werden, spiele eine Rolle.

2. Was sagen die Unternehmen?
Zum Fall des 13-Jährigen aus Kaltenengers sagt Kim Zickenheiner, Assistent der Geschäftsführung, der Junge habe „nur einen Screenshot der DB-App seiner Mutter“ vorgezeigt. Das aber gehe aufgrund der Tarifbestimmungen nicht. „Wir warnen unser Personal besonders davor, Screenshots als Fahrkarten zu akzeptieren. Der Fahrer hat richtig gehandelt.“ Zu den weiteren Elternaussagen betont Zickenheiner, die Informationslage sei mitunter unklar, beziehungsweise lägen die Fälle nicht vor. Zum „Nach Polen“-Satz sagt Zickenheiner, wenn dieser so gefallen wäre, sei das nicht in Ordnung, zur Tochter der Frau in Kaltenengers, der immense Zeitdruck lasse nicht zu, auf einen einzelnen Fahrgast zu warten.

Und, generell: „Dass alle Fahrgäste Fahrkarten brauchen, ist selbstredend.“ Darüber hinaus betont Kim Zickenheiner, das Personal solle sich bei Nachfragen serviceorientiert verhalten, stehe aber oft unter „immensem Zeitdruck“. Der Beruf des Busfahrers sei mit stressigen und belastenden Situationen verbunden. „Dazu gehört auch, wenn sich Fahrgäste nicht an ihre Pflichten halten.“ Einerseits gebe es die Erwartung, immer bedingungslos mitgenommen zu werden, andererseits Beschwerden über Mitfahrende, die keine Maske tragen, stellt er den Spagat dar, den die Busunternehmer seiner Meinung nach oft zu vollführen hätten.

Die DB Regio Bus entschuldigt sich auf Nachfrage nachträglich für den Ärger um Marlon. Das Personal solle auf die Maskenpflicht hinweisen, jedoch auch Kinder und Schüler ohne Maske mitzunehmen, heißt es in einer Stellungnahme. „Um dies künftig in jedem Fall sicherzustellen, haben wir mit dem Fahrer bereits gesprochen und ihn aufgefordert, die korrekte Handlungsweise umzusetzen.“ Von Zickenheiner hieß es hierzu im Oktober, der Fahrer könne sich nicht an das Geschehen erinnern, es stehe Aussage gegen Aussage.

3. Wie ist die rechtliche Lage?
Dürfen Busfahrer Kinder überhaupt stehen lassen? „Es kommt darauf an, ob es sich um eine Schulbuslinie oder eine öffentliche Linie handelt“, erklärt hierzu Friedhelm Hufen, Professor für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Mainz.

Die Beförderung mit dem Schulbus, sagt er, liege in der Verantwortung der Schule, sodass der Schulträger die sichere Beförderung der Kinder zu gewährleisten habe. Konkret heißt das: Busfahrer dürfen Kinder auf keinen Fall stehen lassen, sie sind für deren Wohlergehen verantwortlich. Ist die Beförderung nicht möglich, etwa weil sich ein Kind aggressiv verhält, müssen die Fahrer Hilfe hinzuziehen, zum Beispiel die Polizei. Komme ein Fahrer der Pflicht nicht nach, erklärt Hufen, können Eltern eine Klage beim Verwaltungsgericht einreichen. Anders beim Linienverkehr:

Hier gilt Privatrecht und, auch für Kinder, die allgemeine Beförderungspflicht. Letztere sei aber sehr vage formuliert, sagt Hufen, Busfahrer könnten Kinder zurückweisen, etwa wenn der Bus überfüllt ist oder sie auf ihre Pommes-frites-Tüte nicht verzichten wollen. Bei den Linien 30 und 338 handelt sich um öffentliche Linien. Aber, wie DB Regio Bus und auch Zickenheiner sagen: Auch hier sind die Busfahrer angewiesen, Kinder mitzunehmen, selbst wenn die Maske vergessen wurde. Einige Fahrer haben Packungen dabei, geben Masken aus, ergänzt Zickenheiner.

4. Wie geht es weiter?
Die DB Regio Bus betont, die aktuelle Debatte zum Anlass zu nehmen, um „unsere Mitarbeitenden und Servicepersonale noch einmal generell zu sensibilisieren“. Zickenheiner sagt: „Wenn sich herausstellt, dass eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter einen Fehler gemacht haben, schulen wir nach oder ergreifen weitere Maßnahmen“, so wie man es auch von Subunternehmen erwarte. Zickenheiner ergänzt, wenn eine Reklamation das Unternehmen erreiche, ziehe man möglichst umfassende Daten heran, um Fälle zu klären, und bittet auch um genaue Infos der Kunden, was wann und wie nicht richtig gelaufen ist.

Generell können Reklamationen an die Kreisverwaltung – auch wenn hier laut einem Sprecher fürs dritte Quartal 22 nur drei ankamen – wie auch an Zickenheiner herangetragen werden. Indes: Kritik gab es auch zuletzt von Eltern, die sich mehr oder überhaupt eine Rückmeldung auf Reklamationen gewünscht hätten.

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