Lieferengpässe: Die Händler müssen lange auf ihre Bestellungen warten - Elektroartikel und Textilien sind besonders betroffen
Lieferengpässe im Koblenzer Einzelhandel: Wenn Geschenke nicht verfügbar sind
Auf manches Geschenk unter dem Weihnachtsbaum muss in diesem Jahr womöglich verzichtet werden. Denn Materialmangel, hohe Transportkosten und Lieferengpässe sorgen dafür, dass Waren entweder verspätet oder gar nicht verfügbar sind.
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Koblenz. Der gesamte Einzelhandel ist betroffen von Materialmangel, hohen Transportkosten und Lieferengpässen. Was klingt wie Probleme globalen Ausmaßes, ist längst in der Region angekommen.

Es gebe im Einzelhandel keine „Segmente“, erklärt die IHK Koblenz, die nicht von Lieferschwierigkeiten betroffen sind. Gerade jetzt in der beginnenden Vorweihnachtszeit sei das problematisch, da diese für den Einzelhandel besonders wichtig sei. Fast alle Händler, mit denen die RZ sprach, erklärten, dass im Weihnachtsgeschäft der meiste Umsatz im ganzen Jahr gemacht wird.

Marc Ferdinand, Geschäftsführer des Porzellanhauses Commes in Koblenz, verkauft viel an Laufkundschaft. Auch für ihn sei die Situation problematisch, der Kommunikationsaufwand gewachsen. Kunden würden häufig fragen, wann ihre bestellte Ware ankomme, man müsse sie dann vertrösten und viele Telefonate führen. „Wir sind auf großes Verständnis der Kunden angewiesen.“

„Die Lage ist äußerst angespannt und schwierig“

Als sich für Commes abgezeichnet hat, dass es Lieferprobleme gibt, hat das Unternehmen frühzeitig begonnen, Vorräte aufzustocken, und „völlig antizyklisch gehandelt“. Sie hätten zum Teil „ins Blaue hinein geordert“. Ohne zu wissen, wohin sich der Trend entwickelt. So haben sie große Engpässe abpuffern können. Das Weihnachtsgeschäft sei maßgeblich für den Erfolg des ganzen Jahres. Er rät den Kunden, sich früher als üblich um die Geschenke zu kümmern. Was ihm allerdings mehr Bauchschmerzen bereitet als die Lieferprobleme, ist die Furcht vor einem erneuten Lockdown. „Das ist das, was über allem schwebt im Augenblick, und insgeheim rechnen viele damit“, sagt er.

Das bestätigt auch Markus Schmitt vom Mayener Modehaus Küster. „Die Lage ist äußerst angespannt und schwierig“, sagt er über einen potenziellen erneuten Lockdown. „Keiner weiß, was die Politik morgen oder übermorgen entscheidet“, ärgert er sich. In der Textilbranche ist die Lieferproblematik eine ähnliche. Besonders mit Hosen, Hemden und Wäsche gibt es Probleme, aber „ausnahmslos alle Abteilungen sind betroffen“, erklärt Schmitt. Die großen Schwierigkeiten hätten nicht die Lieferanten, die in Deutschland oder in Europa ihre Kleidung produzieren, sondern vor allem die, die ihre Ware im ostasiatischen Raum herstellen lassen.

Kostenexplosion beim Warentransport

Die Pressesprecherin der IHK Koblenz, Susanne Thelen, erklärt das so: „Das liegt daran, dass während der Corona-Pandemie gerade in Asien weniger produziert wurde und aufgrund der Schifffahrtssituation Containerüberfahrten von 1000 Euro auf bis zu 20.000 Euro gestiegen sind.“ Somit lohne sich der Transport der Ware oftmals nicht.

Haushaltswarenhändler klagen über lange Lieferzeiten und Mangelware von sogenannten Halbleitern. Der Krufter Elektronikhändler Thomas Petzenhauser fasst die Situation mit einem Wort zusammen: „Katastrophe“. Die Lieferschwierigkeiten hätten sich bereits im vergangenen Jahr angekündigt, erzählt Petzenhauser. Normalerweise sei es so: „Wenn wir heute eine Bestellung bei Miele positionieren, dann haben wir die morgen auf dem Hof stehen.“ Dann waren die Lieferzeiten auf einmal zwei Wochen lang, dann drei. Mittlerweile sind es zum Teil viele Monate für Wasch- oder Spülmaschinen oder auch Einbaukühlschränke. „Und täglich kommen E-Mails, dass sich die Lieferzeiten wieder verzögern.“ Der Mangel von sogenannten Halbleitern (der Hauptbestandteil von Mikrochips, die überall in Elektrogeräten verbaut sind) sei ein Grund, weshalb es zu den Lieferengpässen komme. Petzenhauser vermutet, dass die Pandemie damit zu tun hat. „Alle Leute haben renoviert und Geräte angeschafft, auf der ganzen Welt.“ Im Haushaltsgerätebereich sei die Nachfrage explodiert. Der Markt wurde stark beansprucht. Außerdem nennt er die Flutkatastrophe, die noch „on top“ draufkomme. Er empfiehlt seinen Kunden, dass sie lieber direkt bestellen, als mit der Entscheidung zu warten. Wer nämlich wartet, der nimmt in Kauf, dass sich die Wartezeit immer länger nach hinten verschiebt. Sein Geschäft sieht Petzenhauser dadurch allerdings nicht in Gefahr, da er sich noch andere Standbeine aufgebaut habe, Installationen etwa bei Geschäftspartnern in der Industrie.

Auch der Kunde ist gefragt

Auch die Papierbranche steckt in einer tiefen Krise. Dort sieht man sich mit einer Papierknappheit konfrontiert. Das berichteten in der Vergangenheit verschiedene Medien. Doch davon ist, zumindest im hiesigen Einzelhandel, noch nicht so viel angekommen. Robert Duchstein, Geschäftsführer der Buchhandlung Reuffel, ist entspannt. „Wir verkaufen ja Emotionen und Leseerlebnisse.“ Reuffel profitiere von einer besonderen Beziehung zwischen der Kundschaft und dem Geschäft. „Wir kennen unsere Kunden“, so könnten sie sehr gut einschätzen, welche Alternativen zu den Kunden passen. Außerdem könnten sie meistens schon im Voraus ganz gut abschätzen, welche Titel gekauft werden und früh genug bestellen.

Karl-Heinz Schmitt vom Fotoforum Andernach findet beim Blick auf die gesamte Krise, dass nicht nur der Händler gefordert, sondern auch der Kunde gefragt ist. Er wünscht sich, dass die Kunden auf Lieferverzögerungen mit Geduld und Verständnis reagieren, nicht direkt ins Internet ausweichen. Sie müssten frühzeitig einkaufen und den hiesigen Fachhändlern Vertrauen schenken. Er habe mal eine Werbung gehabt, auf der stand: „Langsam ist das neue Schnell.“ Nur so könne die Krise gemeistert werden.

Von unserem Mitarbeiter Clemens Sarholz

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