Was sich für viele Anwohner, die ihre Wohnungen verlassen mussten, wie ein Déjà-vu anfühlte, war auch für die Einsatzkräfte in Teilen eine Wiederholung, war im besten Sinne Routine. Und doch war am Freitagabend manches anders als am 31. Oktober.
Zuallererst die Bombe. Das entschärfte Weltkriegsrelikt war nur halb so schwer wie die erste, deshalb konnte der Evakuierungsradius enger gezogen werden – nur 2300 Gülser musste raus; vor sieben Wochen waren es rund 4000. Doch die neue Bombe machte es den Entschärfern schwerer: Der Zünder war demoliert, ein Teil war herausgebrochen, sodass die Bombe nicht auf die übliche Weise unschädlich gemacht werden konnte.
Die Kampfmittelräumer um ihren technischen Leiter Horst Lenz wählen meist den Weg, den Zünder herauszuschrauben. Dazu wird er mit Schmiermittel versehen und gedreht. Am Freitagabend ging das nicht so einfach: Ein Teil des Zünders ist wohl beim Aufprall vor 70 Jahren abgebrochen, sodass das Werkzeug zum Drehen keinen Halt finden konnte.
So kamen ein von Horst Lenz konstruiertes Spezialwerkzeug und ein Akkuschrauber zum Einsatz, mit deren Hilfe vereinfacht ausgedrückt der Zünder samt Büchse entfernt werden konnte. Dass dies nötig sein wird, war den Experten vorher klar, die Entschärfung dauerte deshalb länger als bei der Bombe vor sieben Wochen, jedoch nicht länger als geplant. Und: Sie war deshalb nicht riskanter – wobei natürlich jede Arbeit an einem scharfen Sprengkörper an sich lebensgefährlich ist.
Insgesamt dauerte der Einsatz ungefähr so lang wie jener Ende Oktober – damals passierte jedoch alles eine Stunde später. Die Einsatzleitung bei der Berufsfeuerwehr hatte auch diesmal wieder bewusst den Freitagabend für die Evakuierung samt Entschärfung gewählt. Sie sollte nicht am vierten Adventswochenende stattfinden. Gesperrt werden musste auch diesmal wieder die Bundesstraße 416 an der Mosel, der Bahnverkehr wurde nur kurzzeitig gestoppt. Diesmal waren jedoch wegen des kleineren Evakuierungsgebietes weder der Flugplatz Winningen noch der Schiffsverkehr betroffen. aga/tim