Beschaffungsamt Koblenz
Lehnigk-Emden unterstützt Langner – und rudert zurück?
Annette Lehnigk-Emden (hier Zweite von rechts) nahm während des Wahlkampfauftakts des amtierenden Oberbürgermeisters David Langner an einer Diskussionsrunde teil, bei der unter anderem auch Tom Schilling (Vorsitzender Buga-Freunde, dritter von rechts) und Markus Rudolf (Inhaber des Lehrstuhls für Finanzwirtschaft an der WHU, erster von rechts) sprachen. Ganz links in der Reihe zu sehen ist David Langner selbst neben der Moderatorin Ulrike Piel-Schilling.
Mirco Klein. Mirco Klein/Rhein-Zeitung

Beim großen Wahlkampfauftakt des Koblenzer Oberbürgermeisters Langner war auch Beschaffungsamt-Chefin Annette Lehnigk-Emden prominent dabei, obwohl sie als Beamtin zu politischer Neutralität verpflichtet ist. Erklären will sie sich im Nachgang nicht.

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Viele waren am 19. Mai ins Café Hahn zum (Wieder-)Wahlkampfauftakt von David Langner gepilgert. Führende Kommunal- und Landespolitiker von der SPD waren vor Ort, ebenso Unterstützer aus Reihen der Grünen und der Freien Wähler. Der noch neue Polizeipräsident Jürgen Süs war gekommen und, als Stargast des Abends, der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD).

Ebenfalls mit dabei, und zwar in einer Rolle, die bei einigen Anwesenden Fragen demokratiekultureller und beamtenrechtlicher Natur aufwarf, war Annette Lehnigk-Emden, die Präsidentin des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr mit Sitz in Koblenz. Zur BAAINBw-Chefin und einer Aussage, die sie angeblich nie getroffen haben will, gleich mehr – nach ein paar Worten zum Charakter der Veranstaltung.

Wichtige Multiplikatoren und Unterstützer vor Ort

Eingeladen hatte das Team des amtierenden Oberbürgermeisters. Langner ist SPDler, der als unabhängiger Kandidat erneut antritt. Die Einladungsmails enthielten unter anderem Sätze der Marke „Mit Ihrer Erfahrung und Ihrer Unterstützung leisten Sie einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zur Wiederwahl“. Unter den Hunderten geladenen Gästen waren zahlreiche Multiplikatoren, vorrangig Unterstützer des Oberbürgermeisters mit Ämtern und Funktionen, auch viel regionale Presse.

Der Abend im Mai war vieles. Er war glamourös, wuchtig, gut durchchoreografiert, die Häppchen waren lecker, die Musik gediegen. Er war dazu da, eine Botschaft an die Menschen zu senden: Seht alle her, Langner will es wieder wissen. Eines war dieser Wahlkampfauftakt ganz sicher nicht – dazu ausgelegt, an der breiten Öffentlichkeit unbemerkt vorüberzuziehen.

Gruppenbild mit Unterstützern des Oberbürgermeisters und Teilnehmenden der Diskussionsrunde. Auch Annette Lehnigk-Emden kam mit auf das Foto (Dritte von links).
Mirco Klein. Mirco Klein/Rhein-Zeitung

Lehnigk-Emdens Anwesenheit war deswegen insofern bemerkenswert, als dass sie als Beamtin, zumal in hoher Leitungsfunktion, zu politischer Neutralität verpflichtet ist. Nun könnte man auch Alexander Schweitzers Auftritt und seine „Ich-helfe-meinem-Freund-David-im-Wahlkampf“-Rede kritisch beleuchten, aber der Mann ist immerhin selbst Genosse. Oder man könnte Jürgen Süs‘ Anwesenheit betrachten. Aber der noch neue Polizeipräsident war dann auch nur im Publikum und folgte recht ruhig dem Madagascar-Motto „lächeln und winken“.

Lehnigk-Emden hingegen saß während einer Talkrunde auf dem Podium und sagte sodann unüberhörbar unter anderem den Satz: „Wir pflegen ein sehr gutes Verhältnis zu unserem derzeitigen und hoffentlich dem kommenden OB.“ Gefolgt von Ausführungen und Beispielen, was man mit dessen Verwaltung an Positivem „aus der Wiege“ gehoben habe.

Wünsche und Gedanken

Man darf sich diese Diskussionsrunde nicht als politisch-kritischen Diskurs vorstellen, eher als eine Art Statement-Rochade, bei der der Reihe nach Wünsche und Gedanken in Richtung des Oberbürgermeisters geäußert wurden. Die kommunikative Botschaft des Langner-Teams, die damit übermittelt werden sollte, war offenbar: Schaut her, wir haben hier Vertreter ganz verschiedener gesellschaftlicher Gruppen, mit denen der OB in positivem Austausch ist, die ihn sogar unterstützen. Verschiedene Teilnehmer der Runde äußerten sich während des Abends lobend zu Langner.

Bei einigen Zuschauern lösten Annette Lehnigk-Emdens Teilnahme und ihre Aussagen heftige Störgefühle aus. Laut Beamtenstatusgesetz und Bundesbeamtengesetz müssen Beamte ihre Aufgaben unparteiisch wahrnehmen und dafür Sorge tragen, dass ihr Handeln frei von politischen Einflüssen bleibt. In öffentlicher Kommunikation ist politische Neutralität zu wahren. Beamte dienen explizit nicht einzelnen Parteien oder Gruppen. Entsprechendes bestätigt auf Nachfrage auch eine Sprecherin des Bundesverteidigungsministeriums, das die Aufsicht über mögliche Verstöße der Beamtinnen und Beamten ihrer nachgeordneten Behörden hat.

„Selbstverständlich gilt für alle Beamtinnen und Beamten das Grundrecht auf Meinungsfreiheit.“
Eine Sprecherin des Bundesverteidigungsministeriums

Die Beamtinnen und Beamten haben demnach „ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht“ auszuführen, daraus ergebe sich insbesondere eine Loyalitätspflicht und ein Mäßigungsgebot. Bei Verstößen drohen gegebenenfalls Disziplinarmaßnahmen oder dienstrechtliche Maßnahmen. Gleichzeitig gelte „selbstverständlich für alle Beamtinnen und Beamten das Grundrecht auf Meinungsfreiheit“, sodass auch politische Betätigungen außerhalb des Dienstes nicht per se ausgeschlossen seien.

Ist nun die Wahlkampfauftaktveranstaltung des Oberbürgermeisters der Großstadt Koblenz als Privatveranstaltung zu sehen – sagen wir mal, etwas überspitzt, vergleichbar mit einer Sause zum 60. vom befreundeten Herrn Oberst? Zählte die Teilnahme an einer Diskussionsrunde im Café Hahn als „politische Betätigung außerhalb des Dienstes“, ist das überhaupt politische Betätigung? Kann es wirklich sein, dass Annette Lehnigk-Emden als Privatperson im Café Hahn war, wo sie unter anderem vor Publikum gegenüber dem Oberbürgermeister darauf hinwies, dass auch die Angestellten des Beschaffungsamtes dringend Wohnraum benötigen? Zur konkreten Causa hüllt sich das Ministerium in Schweigen, man will aus Gründen des Datenschutzes und aufgrund von Persönlichkeitsrechten keine spezifischen Aussagen treffen.

Der Charakter einer Veranstaltung

Annette Lehnigk-Emden erklärt sich ebenfalls nicht zu den Vorgängen, zumindest nicht „dem ganzen Volk“, dem sie laut Beamtenstatusgesetz (§ 33 – Grundpflichten) zu dienen hat. Es gab zwar ein Telefonat mit dem Verfasser dieses Artikels, der danach Zitate und Erläuterungen zur Freigabe an Lehnigk-Emden und ihre Pressestelle sandte. Ihre Erläuterungen hätten vielleicht, vielleicht aber auch nicht, Erhellendes beisteuern können.

Angeregt wurde die Beantwortung verschiedener Fragen, unter anderem, ob der Charakter der Veranstaltung wirklich privat oder doch eher öffentlich gewesen ist und ob es, unabhängig von einer rechtlichen Bewertung, angemessen gewesen sei, sich in derart prominenter Weise daran zu beteiligen. Es hieß dann allerdings im Nachgang, das Telefonat sei als Hintergrundgespräch aufgefasst worden, weswegen wir Annette Lehnigk-Emdens Gedanken und Erläuterungen hier leider nicht wiedergeben können. Was wir aber können: aus dem öffentlichen Teil der Veranstaltung im Café Hahn zitieren. Dort wurde Lehnigk-Emden dezidiert nicht als Privatperson begrüßt, sondern als „Koblenz’ größte Arbeitgeberin mit über 6800 Mitarbeitenden“.

Und noch etwas muss dann noch einmal Erwähnung finden. Es geht noch einmal um den Satz, „wir pflegen ein sehr gutes Verhältnis zu unserem derzeitigen und hoffentlich dem kommenden OB“. Der sei, so lässt Lehnigk-Emden jetzt über ihre Pressestelle ausrichten, auf der Veranstaltung gar nicht gefallen. Diese „Frau Lehnigk-Emden zugeordnete Aussage wurde auf der Veranstaltung am 19.05.2025 nicht getätigt“, heißt es, eine weitere Einordnung erfolgt nicht. Das wird sich indes kaum halten lassen. Auch Ohrenzeugen aus dem Café Hahn haben den Satz noch gut in Erinnerung. Zudem liefen Kameras mit. Ob zur Stunde neue Nebelkerzen auf der Liste der akut benötigten Bundeswehr-Anschaffungen stehen, weil die Bestände gerade zur Neige gegangen sind, ist unserer Redaktion nicht bekannt.

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