Nico Sawatzki verbrachte in den vergangenen Tagen so manch schweißtreibende Stunde im Weinberg. Viele Moselaner kennen das Gefühl, stundenlang im Wingert zu schuften, um am Ende den Lohn der harten Arbeit im Glas funkeln zu sehen. Sawatzkis Produkt wird keiner bei sich im Glas haben wollen. Es ist zwar nicht flüssig und passt auch in kein handelsübliches Glas, doch dafür funkelt es umso mehr. Der 40-jährige Regensburger fertigte im Winninger Uhlen ein Gemälde an, das er am Donnerstag, 15. Mai, der Öffentlichkeit übergab.

Gut sichtbar vom parallel zu den Bahngleisen und der Bundesstraße verlaufenden Wirtschaftsweg zwischen Winningen und Kobern, der sehr gerne von Spaziergängern, Joggern oder Radfahrern genutzt wird, prangt nun ein orange-türkisfarbener Blickfang. Im Wingert des Winninger Weinguts Knebel ziert es eine Betonmauer. „Nico Sawatzki ist für Winningen kein Unbekannter. Bereits seine Teilnahme an den Winninger Kunsttagen im vergangenen Jahr war eine Win-win-Situation. Wir sind ihm sehr dankbar, dass er unser Projekt ‚Kunst im Uhlen‘ mit einem imposanten Werk bereichert hat“, drückte Frank Hoffbauer seine Bewunderung und Anerkennung aus.

Er, der Vorsitzende der Winninger Kunsttage, war es, der Sawatzki 2024 von einem Besuch an der Mosel überzeugen konnte. Da es dem Bayer hier so gut gefiel, beschloss er, das Kunstwerk – eigentlich etwa 20.000 Euro wert – dem Weingut Knebel und letztlich der Allgemeinheit unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Nicht nur diese Geste der Wertschätzung, sondern auch der persönliche Einsatz war bemerkenswert. Denn die Arbeit im Steilhang war körperlich herausfordernd, die Hitze bereits Mitte Mai enorm und dazu musste der detailversessene Künstler immer wieder von seinem Gerüst absteigen, um die Farbwirkung aus der Distanz zu beobachten.

Die Kunsthistorikerin Isabelle Lesmeister hob bei der feierlichen Übergabe des Bildes die Tiefe in Sawatzkis Kunstwerk hervor. Sie überlasse dem Betrachter einen weiten Interpretationsspielraum und rege zum Nachdenken an. Auch der Titel „Pfirsich Deep“ beinhaltet großes Potenzial zum Sinnieren. Der Orangeton könnte die Farbe eines reifen Pfirsichs widerspiegeln, außerdem befinden sich unmittelbar vor der Weinbergsmauer, auf der sich das Gemälde befindet, ein paar Pfirsichbäumchen. Doch warum dann der plötzliche Wechsel zum englischen „Deep“, das „Tief“ bedeutet? Die Antwort, so Lesmeister, müsse jeder Betrachter mit sich selbst ausmachen.

Vielleicht ist es gerade auch jene Unbestimmtheit, die das außergewöhnliche Projekt „Kunst im Uhlen“ ausmacht, zu der Sawatzki nun den sechsten Mosaikstein beigesteuert hat: inmitten der sonnengetränkten Weinberge die Sinne schweifen lassen und im Geiste eine ganz individuelle Deutung entwerfen. Mit Kunst kann dies genauso funktionieren wie mit einem guten Tropfen Rebensaft.

Künstler fertigt Graffitigemälde im Winninger Uhlen
Landschaftsbild in Kulturlandschaft: Ein Jahr nach den Kunsttagen fertigt Nico Sawatzki ein Kunstwerk im Winninger Uhlen. Normalerweise würde ein Werk dieser Größe 20.000 Euro kosten. Warum er es dem Kunsttageverein schenken möchte.