Der Winninger Uhlen ist bald um ein Kunstwerk reicher – und eigentlich ist er das jetzt schon, denn die Statue des Schweizer Künstlers Thomas Lüscher steht zwar noch verhüllt, aber seit wenigen Tagen bereits an ihrem Platz im Wingert. Allerdings ist es gar nicht so einfach, eine Marmorstatue vom heimischen Keller in den Weinberg zu transportieren. Das musste Winzer und Besitzer Rüdiger Kröber feststellen.
Improvisieren können muss man immer, sagt Kröber, bewiesen haben er und seine Helfer das am ersten April-Donnerstag mehrfach. Seit dem Tag steht nun ein – noch – verhülltes Kunstwerk im Winninger Uhlen, direkt am Weg, den Spaziergänger, Fahrradfahrer und auch Winzer benutzen. Bisher ist es die vierte Skulptur des Kunstwegs, zwei weitere sollen dieses Jahr noch kommen, erzählt Kröber. Doch nun steht erstmal die Statue aus Laaser-Marmor, die er aus dem Urlaub mitgebracht hat.

Seit vielen Jahren reisen er und seine Frau Ute zum Wandern ins österreichische Fiss, dort befindet sich ebenfalls ein Kunstweg, allerdings auf 2300 bis 2500 Metern Höhe des Berges Schönjoch. 2023 haben sie das besagte Kunstwerk dort bei einem Symposium zum ersten Mal gesehen – und schon einmal zart nach den Preisvorstellungen des Künstlers Thomas Lüscher gefragt. Fünfstellig war der, sagt Kröber, mehr wolle er nicht verraten. Die Kröbers fahren erstmal wieder heim, lassen aber eine Flasche Moselwein zurück beim Künstler, sozusagen als Erkennungszeichen.
Ein Jahr später kommen sie wieder, das Kunstwerk ist noch da, sie fragen erneut nach dem Preis. Den müsse er eigentlich anheben, gibt der Künstler zu verstehen, doch es bleibt beim alten Preis. Und damit macht sich das Kunstwerk mit einem Spezialtransport auf nach Winningen. Dort hat Kröber bereits beim Verein Winninger Kunsttage angefragt, ob die sich das Werk als Teil des Uhlenwegs vorstellen könnten. Die Antwort hat nicht lange auf sich warten lassen, erinnert sich Kröber. Am Samstag, 12. Aprill, soll es dort nun feierlich enthüllt werden, vorher steht eine Wanderung vom Weingut Kröber an. Danach soll wieder im Weingut ein Fest stattfinden – alles im Beisein des Künstlers, der während des Abends Bronzeformen gießen will.

Doch bis dahin steht die Statue mit dem Titel „Gedanken sind frei“ in Folie und Decken eingewickelt auf einem gegossenen Sockel im Weinberg. Sie dorthin zu bekommen, war ein ziemlicher Kraftakt. Denn bis dahin hatte sie ein halbes Jahr lang im Weinkeller gelegen, allerdings in der Horizontalen: „Sie in die Vertikale zu kriegen“, sei schon eine Nummer für sich gewesen, berichtet Kröber bei strahlendem Sonnenschein am Donnerstag im Weinberg. Gabelstaplerfahrer Christoph Pallor von einer Winninger Firma für Landmaschinen kam mit entsprechendem Fahrzeug zur Hilfe, Zugseile und Sitzkissen sorgten für etwas mehr Sicherheit.
Auch auf der Straße selbst konnte es nur langsam vorangehen, bis die Truppe – Pallor, Kröber und seine beiden Kinder Linda und Sohn Florian, seit 2021 neuer Inhaber des Weinguts – schließlich an Ort und Stelle wenige hundert Meter hinter der Winninger Brücke angelangten. Ab dann wurde es Millimeter-Arbeit, hin und her, vor und zurück, die Verlängerungen für den Gabelstapler waren zu lang für den Sockel, müssen aber sein. Der Uhlenweg ist gerade breit genug für die Länge der Maschine plus ein paar Dezimeter fürs Vor- und Zurückrangieren, immer begrenzt durch die Weinbergsmauer selbst oder das Gleisbett für die Züge. Ein paar zusätzliche Schiefersteine mussten schnell her, als improvisierter Zwischenhalt für die Statue. Und dann stand sie doch.

Direkt am Weg, nur eine Armlänge im Weinberg, bisher noch von Tüchern und Folie geschützt. Er hofft, dass es noch eine Hemmschwelle gibt, keinen Vandalismus an einem solchen Objekt zu betreiben, sagt Kröber. Als er sich für genau dieses Kunstwerk entschieden hat, wollte er etwas, was länger bestehen bleibt als er selbst. Daher fiel die Wahl auf den langlebigen Marmor, der auch mehr als bloßes Gefallen in ihm auslöst. Die Statue gibt ihm etwas, auch wenn er sich selbst nicht als kunstaffin bezeichnen würde.
Zum einen sieht der Winzer, der das Weingut von seinen Eltern übernommen und vor wenigen Jahren als Seniorchef an den Junior abgegeben hat, in der Aufmachung eine Erinnerung an den Wechsel zwischen den Generationen. Zum anderen ist es der Stein selbst, der etwas in ihm auslöst, aber so gehe es ihm auch, wenn er die Schiefersteine in seinem Weinberg in die Hand nehme. Manchmal, wenn er darin ein besonders ansprechendes Exemplar findet, nimmt er den auch mit. Dann allerdings für das Weingut daheim.
Enthüllung am Samstag, 12. April
Vor der offiziellen Enthüllung des Kunstwerks können sich Interessierte am Weingut Kröber, Hahnenstraße 14 in Winningen, treffen und gemeinsam in den Uhlen wandern. Um 14 Uhr wird die Skulptur im Beisein des Künstlers enthüllt. Das Weingut Kröber lädt ab 17 Uhr zum Hoffest mit Musik, Künstler Thomas Lüscher wird live Kunstwerke aus Bronze gießen. Um 19 Uhr spielt das Duo Acoustic Virgins Rock- und Oldiehits.