Campustag lockt Interessierte
Küken der Koblenzer Hochschullandschaft wird zehn Jahre
Mitten in der Koblenzer Altstadt, im altehrwürdigen Dreikönigenhaus, ist die Hochschule für Gesellschaftsgestaltung seit 2021 zu Hause.
Johannes Kirsch

Diese Hochschule ist das Gegenteil von dem Klischee des Elfenbeinturms: Mitten in der Stadt, mitten im Leben sieht sich die Hochschule für Gesellschaftsgestaltung. Das zeigt auch die Art und Weise, wie sie ihr zehnjähriges Bestehen feiert.

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Die Hochschule für Gesellschaftsgestaltung (HfGG), die sich seit 2021 im Dreikönigenhaus in der Koblenzer Altstadt befindet und zuvor in Bernkastel-Kues beheimatet war, wurde vor zehn Jahren gegründet und wirkt daher wie ein Küken in der Hochschullandschaft. Doch mit dieser Rolle scheinen sich die HfGG und die Menschen, die sie formen, abzufinden.

Mehr noch: Man ist stolz darauf, scheinbar Altbewährtes zu hinterfragen und eine Alternative zu den konventionellen Universitäten und Hochschulen zu bieten. Den zehnten Geburtstag galt es nun für Dozenten, Studierende und Mitarbeiter des akademischen Instituts, gebührend zu feiern.

Eine etwas andere Geburtstagsfeier

Der zehnte Geburtstag wurde im Rahmen eines Campustags zelebriert: Dieser kam nicht wie ein üblicher Tag der offenen Tür daher, bei dem den Interessierten demonstriert wird, was bisher alles geleistet und erreicht wurde. Vielmehr wurde die Öffentlichkeit eingeladen, durch die Teilnahme an Seminaren, Workshops und zuletzt sogar an einer öffentlichen Kundgebung gegen Queerfeindlichkeit mindestens für ein paar Stunden ein aktiver Teil der HfGG zu werden, an der Studiengänge wie „Ökonomie – Nachhaltigkeit – Transformation“ angeboten werden und an der rund 160 Menschen studieren.

In den Seminarräumen der Hochschule für Gesellschaftsgestaltung fanden am Campustag verschiedene Workshops und Vorträge statt.
Johannes Kirsch

„Der heutige Tag und das Programm sind als Ausdruck unserer offenen Kultur zu verstehen. Unser Markenkern liegt im Wortsinne in der Gesellschaftsgestaltung“, sagte Lisanne Rother, Referentin für Impact- und Wissenschaftskommunikation, zur Idee des Campustages. Überhaupt war der Fokus des Geschehens stark auf die Zukunft ausgerichtet, anstatt auf die zurückliegenden zehn Jahre zu blicken.

Beispielsweise ging es um das Überdenken etablierter individueller wie gesellschaftlicher Wegwerfpraktiken, um die Vision autofreier Innenstädte oder um den Umgang mit „toxischer Männlichkeit“. Besucher aus allen Alterskohorten nutzten die Gelegenheit, sich über solche Themen auszutauschen und ihre persönliche Sicht auf die Dinge darzustellen.

Das Motto, dem sich Dozenten, Studierende und Mitarbeiter der Hochschule für Gesellschaftsgestaltung verschrieben haben, prangt an einem großen Banner im Treppenhaus der akademischen Einrichtung.
Johannes Kirsch

„Zukunftsorientierung erfordert kreatives Denken. Um dieses zu ermöglichen, wollen wir eine angenehme Wohlfühlatmosphäre schaffen. Jeder soll das sagen können, was er denkt und fühlt. Hier gibt es kein richtig und kein falsch“, sagte Raphael Karl, studentischer Mitarbeiter und Leiter eines von vielen Workshops. Die HfGG hat sich dem Ziel verschrieben, auf die Krisen unserer Zeit Lösungen zu finden. Das steckt tief in der DNA des Instituts.

„Vor etwas mehr als zehn Jahren bildete sich ein kleiner Kreis im akademischen Umfeld, der von der Vision beseelt war, die Disziplin der Wirtschaftswissenschaften anders zu gestalten. Die Abkehr von einer rein wachstumsgetriebenen Wirtschaft gehörte zur Grundüberzeugung“, blickte Rother im Gespräch mit unserer Zeitung auf die Anfänge der HfGG zurück.

Das Miteinander steht im Mittelpunkt

Fortlaufend bietet die Hochschule, die zwar staatlich akkreditiert, für die Finanzierung aber selbst verantwortlich ist, ein Gegenkonzept zur klassischen akademischen Kultur an: Es gibt weder Vorlesungen noch konventionelle Prüfungen. Stattdessen steht die gemeinschaftliche Projektarbeit in Kleingruppen auf der Agenda, die in der Regel in Form von Blockseminaren durchgeführt wird. So soll eine theorieorientierte Hochschuldidaktik durch praxisbezogene Lehr- und Prüfungsformate ersetzt werden.

Auf Plakaten stellten Studierende ihre Projekte dar und motivierten zum Mitmachen.
Johannes Kirsch

Trotz der alternativen Ausrichtung sei die Durchlässigkeit bei den Studierenden durchaus hoch, erklärte Rother: „Viele, die zu uns kommen, haben zuvor klassische Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre oder zum Beispiel Wirtschaftspsychologie studiert. Als Gründe für einen Wechsel werden häufig stupides Auswendiglernen oder der Unmut darüber, kaum gestalterisch in Erscheinung treten zu können, genannt.“ Bei der HfGG ist man dagegen überzeugt, ebenjene Gestaltungsspielräume bieten zu können.

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