Für einige Fraktionen im Rat ist das Grund und Anlass, die Umzugsdebatte zum x-ten Mal grundsätzlich zu führen. In unzähligen Stunden sind in den vergangenen Jahren alle Argumente zu Für und Wider ausgetauscht worden. Es gibt zudem einen Stadtratsbeschluss von Mitte März 2023. Aber dennoch: Freie Wähler und FDP wollen sich mit dem Umzug ins Forum nicht abfinden. In der jüngsten Sitzung des Stadtrats am Donnerstag wurde es erneut grundsätzlich, ausführlich und bisweilen hitzig. Kritik übten die anderen Fraktionen daran, dass die deutliche Kostensteigerung erst jetzt bekannt wurde.
Laut Stadt beruht die Schätzung der vorherigen Umzugskosten von 1 Million Euro auf einer Grobplanung. Fachplaner hätten nun herausgefunden, dass im Forum einiges verändert werden muss, ehe das Archiv einziehen kann. Dazu gehört eine Löschmittelanlage für die Archivfläche (Kosten: 341.000 Euro), die Entrauchung der Archivflächen (147.000 Euro), die Anpassung der Fluchtwege aus den Büros und eine Einbruchmeldeanlage im Museum (86.000 Euro).
Alte Burg stark von Schimmel befallen, Mitarbeiter gefährdet
Die Ausgangslage ist klar und bei allen Fraktionen unstrittig: Das Stadtarchiv muss schleunigst aus der Alten Burg raus, der Umzug hätte schon lange abgeschlossen sein müssen. Denn das stark renovierungsbedürftige Gebäude ist auch von Schimmel befallen, die Gesundheit der Mitarbeiter gefährdet. Nur über das Wohin gibt es schon lange intensive und hitzige Debatten.
So auch am Donnerstag. Für die Freien Wähler lehnte Christian Altmaier erneut den Umzug in den Kulturbau ab: „Es gab alternative Möglichkeiten.“ Damit meinte er – wenn auch nicht zuvorderst – die vorübergehende Unterbringung des Archivs im Schängel-Center. Laut Stadt würde dies 2,5 Millionen Euro kosten, zudem sei die Fläche im Schängel-Center viel zu klein. In der Alten Burg seien 1540 laufende Meter Archivmaterial untergebracht, die Fläche im Schängel-Center betrage 935 laufende Meter, die im Forum 2640 laufende Meter. Zudem hätte auch das Schängel-Center umgebaut werden müssen.
Wir haben die Kostenexplosion kommen sehen und frühzeitig gewarnt. Jetzt will man mit dem Kopf durch die Glaswand des Kulturbaus.
Christian Altmaier (Freie Wähler)
Daher sprach sich Altmaier nun erneut dafür aus, einen modularen Zweckbau auf einem städtischen Grundstück mit guter ÖPNV-Anbindung zu prüfen. Er sagte: „Wir haben die Kostenexplosion kommen sehen und frühzeitig gewarnt. Jetzt will man mit dem Kopf durch die Glaswand des Kulturbaus. Was hier gemacht wird, ist verantwortungslos.“ Seine Fraktion brachte dazu einen Änderungsantrag ein, der auch vorsah, die Kostensteigerung beim Umzug in den Kulturbau abzulehnen und den Umzug zu untersagen. Für den Antrag stimmten Freie Wähler, FDP und Wählergruppe Schängel; zwei Ratsmitglieder enthielten sich, der Rest lehnte ab.
Peter Balmes (CDU) sagte: „Man konnte die Mehrkosten bei der Grobschätzung nicht absehen. Jeder, der die derzeitigen Räume in der Alten Burg kennt, muss sich erschrecken.“ Mit dem vorübergehenden Umzug in den Kulturbau habe der Rat eine gute Entscheidung getroffen.
SPD-Fraktionschefin Marion Lipinski-Naumann (SPD) sagte: „Wir sprechen seit 20 Jahren über den Zustand der Alten Burg, Feuchtigkeit und Schimmelbildung werden immer schlimmer.“ Dass es zunächst eine Grobschätzung gebe und dann eine Detailplanung, sei „nicht neu, aber nicht schön. Eine Kostenschätzung vorher wäre uns lieber gewesen.“ Entscheidend sei die Zeitachse und dass es im Kulturbau wesentlich mehr Fläche gebe. Grünen-Fraktionschefin Ulrike Bourry sagte: „Es ist sehr ärgerlich, dass der Umzug sehr viel teurer wird. Wenn man schaut, woran es liegt, hätte man den Leiter des Stadtarchivs vorher fragen sollen, und er hätte all das gesagt.“ Bei der Planung seien offenbar sehr viele Informationen zwischen den einzelnen städtischen Ämtern verloren gegangen.
Oberbürgermeister David Langner (SPD) befand: „Wenn wir in solche Planungen einsteigen, ist es immer wünschenswert, wenn die Zahlen realistisch bleiben.“ Der Zustand sei sehr misslich, aber auch jeder, der privat baut, wisse: „Es wird alles immer teurer.“ Er bezifferte die Kosten eines Neubaus auf der Grünen Wiese, wie von den Freien Wählern vorgeschlagen, laut einer Rechnung der Stadt auf 6,8 bis 7,2 Millionen Euro: „Und da sind keine Grundstückskosten eingerechnet.“
Christoph Schöll (FDP) meinte: „Wenn private Bauherren solche Kostensteigerungen hätten, wären sie privatinsolvent.“ Im Forum müsse ein erheblicher Eingriff in die Bausubstanz vorgenommen werden: „Das setzt der Immobilie sehr zu. Außerdem wird die Kostenermittlung nochmal teurer als die Kostenschätzung.“ Fabian Geissler (AfD) sagte: „Auch wir sind erstaunt und lehnen die Kostensteigerung ab.“ Allerdings gebe es ein „großes Aber: Der Vorschlag der Freien Wähler garantiert nicht, dass der Neubau günstiger wird.“ Zudem gebe es kein Grundstück und keine Immobilie.
Torsten Schupp (Wählergruppe Schängel) sagte: „Der Umzug ins Forum ist Stückwerk. Und es ist immer problematisch, in einem bestehenden Bauwerk etwas zu ändern.“ Er warf noch die Möglichkeit in den Raum, dass man das Stadtarchiv eines Tages vielleicht in einem Kirchengebäude unterbringen könne: „Wir erleben grade in der Diskussion, dass viele Kirchen frei werden.“
Der Beschlussvorlage der Verwaltung stimmte am Ende die große Mehrheit zu. Elf Ratsmitglieder von Freien Wählern, WGS und FDP waren dagegen.